Ministerium macht Mut: Problemstadtteil Barth-Süd soll attraktiver werden

Die Chancen für eine „Schönheitskur“ für den Stadtteil Barth-Süd stehen gut. „Wir hatten ein sehr positives Gespräch beim Ministerium. Unsere Pläne sind auf großes Interesse gestoßen. Beim Ministerium hat man uns Mut gemacht, den Weg weiterzugehen“, berichtet Bürgermeister Friedrich-Carl Hellwig. Schon seit langem plant die Stadt eine Umgestaltung des Stadtteils. 2002 hatte man sich mit dem Bundesprogramm „Stadtumbau Ost“ schon auf den Weg gemacht. „Wir haben hier schon die ersten Weichen gestellt und hatten auch begonnen, Wohnungen an der Zuckerfabrik abzureißen“, so der Bürgermeister. Doch da die Wohnungsbaugesellschaft (Wobau) Barth, eine Tochter der Stadt, in finanzielle Schieflage geriet und sich von Objekten, welche die Stadt für den Abriss vorgesehen hatte, trennen musste, konnte die erforderliche Abrissquote nicht erfüllt werden. Das Projekt musste auf Eis gelegt werden. „Wir konnten den Weg nicht zu Ende gehen, denn dieses Programm war ganz klar auf Abriss fokussiert“, erklärt der Bürgermeister. Leerstand und fehlende Infrastruktur: Aus den Augen verloren habe man die Pläne allerdings nicht. Denn die Liste der Probleme in Barth-Süd ist lang: leerstehende Wohnungen, fehlende Infrastruktur, der schlechte Zustand von Straßen und Gehwegen und Beschwerden von Anwohnern. Von einem Problemstadtteil möchte der Bürgermeister dennoch nicht sprechen. „Natürlich gibt es hier Probleme, das ist unumstritten, aber sie sind nicht so gravierend wie in Problemvierteln anderer Städte.“ Die Einwohnerzahl ist zwischen 2001 und 2007 von 1965 auf 1561 Einwohner zurückgegangen. Bis 2015 war es nur ein geringfügiger Rückgang auf etwa 1500 Einwohner. Durch Zuzug von Flüchtlingen ab Anfang 2015 hat sich die Einwohnerzahl stabilisiert. Der Ausländeranteil lag Ende 2007 bei lediglich ein Prozent, 2014 bei 8,9 Prozent und Ende 2015 bei 14,3 Prozent. Altersstruktur: Über 30 Prozent der Bewohner in Barth-Süd sind unter 25 Jahre alt. In dem Stadtteil leben viele Familien mit Kindern. Die Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung und Struktur liegen lediglich für den statistischen Bereich Barth-Süd (ohne Grünen Weg) vor. 972 Wohneinheiten gibt es in dem Stadtteil, von Ein- bis Fünfzimmerwohnungen. Die Wobau Barth ist mit 525 Wohneinheiten der größte Wohnungseigentümer. Ende 2015 standen 20 Prozent der Wobau-Wohnungen leer. 2010 waren es 12 Prozent. Vom Leerstand betroffen sind vor allem die oberen Geschosse. Wie hoch der Leerstand momentan genau ist, das werde jetzt erst ermittelt. „Die Lage hatte sich zwischenzeitlich etwas entspannt, da 2015 ein Angebot für Flüchtlinge geschaffen wurde und dafür Wohnungen an den Landkreis vermietet wurden. Aber der Mietvertrag läuft in diesem Jahr aus. Dann werden wir wieder eine andere Situation haben“, erklärt Friedrich-Carl Hellwig. Die Gespräche mit dem Ministerium hätten gezeigt, dass es der beste Weg sei, Barth-Süd als neues Sanierungsgebiet auszuweisen. Doch dafür müsse das noch bestehende Sanierungsgebiet „Altstadt und Hafen“ auslaufen. „Wir werden in diesem Jahr den letzten Antrag für die Altstadt stellen und dann könnten wir 2021 den ersten Antrag für das neue Sanierungsgebiet Barth-Süd stellen“, zeigt sich der Bürgermeister zuversichtlich. Bei der geplanten Städtebauförderung könne man mit einer Drittelung der Kosten zwischen Bund, Land und Kommune rechnen. Bislang hätten die ostdeutschen Kommunen immer den Vorteil gehabt, dass die Eigenmittel deutlich geringer gewesen seien. Aber da in Zukunft auch westdeutsche Kommunen mehr unterstützt werden sollen, werde sich dies nun ändern. Wie hoch die Kosten für die Umgestaltung des Stadtteils sind, könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen. Fahrstühle oder Rückbau einzelner Geschosse: Während man bei dem Bundesprogramm 2002 noch den Fokus auf Komplettabriss von Häusern hatte, seien nun andere Wege denkbar. So könnten beispielsweise von außen Fahrstühle angebaut werden, um das Wohnen in den oberen Etagen attraktiver zu machen. Auch der Rückbau von einzelnen Geschossen sei denkbar. „Hier gibt es in Greifswald sehr gute Beispiele“, berichtet Karen Hoppenrath, Sachgebietsleiterin Räumliche Planung/Bauverwaltung. Auch ein Quartiersmanagement möchte die Stadt in Barth-Süd einrichten, also eine Anlaufstelle für alle Bewohner des Stadtteils, in der Service und Hilfen angeboten werden. „Wir würden dort gerne mit einem Träger zusammenarbeiten“, sagt der Bürgermeister. Während im Sanierungsgebiet „Altstadt und Hafen“ vor allem Denkmalpflege und die Gestaltung eine wichtige Rolle spielten, gehe es in Barth-Süd um einen sozialen Umbau. Dabei dürfe man auch die älteren Menschen nicht vergessen. „Wir brauchen auch altengerechte Wohnungen für Menschen, denen es finanziell nicht so gut geht. Das fehlt bislang. Bisher gibt es nur Angebote für Besserverdienende“, sagt der Bürgermeister. Bei all den Problemen, die angepackt werden müssen, dürfe man aber eines nicht vergessen. Der Stadtteil habe sehr viel Potenzial: „Wir haben schon jetzt sehr viel Grünfläche und eine gute Anbindung. Wir müssen auch an dem Image des Stadtteils arbeiten“, erklärt Karen Hoppenrath. Bei der Umgestaltung werde das Thema Klimaschutz eine wichtige Rolle spielen. So soll unter anderem zwischen dem Saatzuchtgelände und der Wohnbebauung ein Grüngürtel entstehen. Sobald die Stadt das neue Sanierungsgebiet ausgewiesen habe – vor 2021 sei das aber nicht mehr möglich – und es grünes Licht vom Bund und Land gibt, könne mit den ersten Maßnahmen begonnen werden. „Der erste Schritt wird sicherlich sein, die Geh- und Radwege zu erneuern“, erklärt der Bürgermeister. Lesen Sie auch: So soll das Image des Problemstadtteils Barth-Süd aufpoliert werden Barth: So kann Integration spielerisch gelingen Mehr zum Autor Von Anika Wenning