Nach Nordflor-Aus: Wo es in Barth künftig Beet- und Balkonpflanzen gibt

Kaum ist der Schnee der letzten Wochen geschmolzen, werden die ersten Kleingärtner und Grundstücksbesitzer unruhig, weil sich der Gedanke an die bevorstehende Gartenarbeit aufdrängt. In den vergangenen Jahren haben sie sich im Gartenmarkt der einstigen Nordflor Gartenbau GmbH in der Nelkenstraße rechtzeitig mit Frühblühern eindecken können. Doch seit 2020 bleibt das Gewächshaustor verschlossen. Der Gartenbaubetrieb ist stillgelegt und in die Liquidation überführt worden. Die meisten Angestellten sind in anderen Betrieben der Region untergekommen. Von Kaffee auf blumengeschmücktem Balkon inspiriert: Die einstige Betriebsleiterin Heike Ludwig aber will sich mit der Schließung der beliebten Anlaufstelle für Blumenfreunde nicht abfinden, weil sie nach wie vor einen großen Bedarf an saisonalen Pflanzen in der Stadt und ihrem näheren Umfeld sieht. „Der Gartenmarkt hatte sich über die Jahre so gut etabliert, dass es schade wäre, ihn jetzt einfach aufzugeben“, erklärt sie. Deshalb habe sie sich nach verlässlichen Partnern umgesehen, um rechtzeitig vor dem Frühjahr eine neue, ausschließlich auf den Handel mit Balkon- und Beetpflanzen sowie Pflanzzubehör spezialisierte Firma zu gründen. Balkonistas heißt diese – eine Zusammensetzung aus „Balkon“ und „Barista“, der Bezeichnung für einen Kaffeeexperten. Auf einem blumengeschmückten Balkon sitzen und eine Tasse guten Kaffee genießen: Von dieser angenehmen Vorstellung hat sich die Gartenbauingenieurin zu ihrer Namenskreation inspirieren lassen. Auch ihre zukünftigen Kunden sollen mit dem Firmennamen die Vorstellung von Entspannung und Wohlgefühl assoziieren. Blumen und Gemüse an einem Standort: Um mit Balkonistas zügig in Gang zu kommen, wird der Verkauf ab dem 15. März um 8 Uhr erst einmal provisorisch in einem Zelt auf dem Gelände der Hahn Gemüsebau GmbH erfolgen. Geschäftsführer Wolfgang Hahn stellt dafür neben seiner Vermarktungshalle eine extra zu diesem Zweck gepflasterte Standfläche für das 72 Quadratmeter große Verkaufszelt zur Verfügung. Vorteil aus dieser Zusammenarbeit ziehen nach Wolfgang Hahns Ansicht sowohl der Gemüsebau als auch der Blumenhandel. „Wer Tomaten kaufen will, wird eventuell auch gleich das Blumenzelt besuchen oder umgekehrt. Für die Kunden ist es ein Weg.“ Allerdings wird eine hygienische Regel zu beachten sein: Mit den aus Fremdbetrieben stammenden Pflanzen auf dem Arm wird kein Zutritt zur Vermarktungshalle möglich sein. Zu groß ist die Sorge, ein Virus oder einen Pilz in den Gemüsebestand einzuschleppen. Deshalb werden die Kunden darauf hingewiesen, erst ihr Gemüse und anschließend die Blumen zu kaufen. Gärtnerei aus Damgarten mit im Boot: „Das Zelt war nach Prüfung mehrerer Varianten die beste Option, um im Startjahr erst einmal in Gang zu kommen und dabei möglichst wenig Kosten zu verursachen. Ich will das geschäftlich wichtige Frühjahr nicht ungenutzt verstreichen lassen“, sagt Heike Ludwig. Eine Nutzung des früheren Verkaufsbereiches im Gewächshaus sei wegen des unvertretbaren Aufwandes zur Abkopplung vom zentralen Wasser- und Heizungssystem nicht infrage gekommen. Als weitere Partnerin und gleichzeitig Produzentin der meisten Topfpflanzen hat die Bartherin die Gärtnereiinhaberin Kerstin Gransow aus Damgarten gewinnen können. Die habe ihrem Anliegen sehr aufgeschlossen gegenübergestanden, weil sie die Erweiterung ihrer Absatzmöglichkeiten ins Auge gefasst habe und sich gleichzeitig mehr auf die Produktion konzentrieren wolle, berichtete Heike Ludwig. Was der Damgartner Gartenbaubetrieb nicht produziere, werde sie aus einem Erzeugerdorf in Ostholstein beziehen. Vorerst keine eigene Produktion: Nach den frühjahrstypischen Angeboten soll ein nahtloser Übergang zu den sommerlichen Balkon- und Beetpflanzen erfolgen. Auch ein umfangreiches Herbstsortiment soll zu gegebener Zeit erhältlich sein, verspricht die Inhaberin. Sogar einen Advents- und Weihnachtsverkauf vor dem ersten Adventswochenende hat sie schon auf dem Plan. Den Gedanken an eine eigene Produktion in Barth möchte sie nicht ganz verwerfen. „Mal abwarten, welche Möglichkeiten sich später ergeben. Sollte ich mich dazu irgendwann entscheiden, dann keinesfalls in der früheren Größenordnung, sondern nur für den Verkauf vor Ort.“ Von Volker Stephan