Neun Millionen Euro für den Schreiadler

Der vom Aussterben bedrohte Schreiadler aus den Wäldern Vorpommerns bekommt jetzt einen millionenschweren Schutzschirm. Nach jahrelanger Wartezeit fließen rund neun Millionen Euro in das Projekt „Chance Natur Nordvorpommersche Waldlandschaft“. Mit dem Geld sollen die Lebensbedingungen der seltenen Vögel in unserer Region verbessert und die Art somit vor dem Verschwinden bewahrt werden. Den größten Teil der Summe stellt der Bund zur Verfügung. Ebenfalls beteiligt sind das Land MV, der Landkreis Vorpommern-Rügen und die betroffenen Gemeinden. Am Mittwochabend trafen sich etwa 60 Gäste am Forstamt Schuenhagen bei Velgast, darunter viele Vertreter aus Politik, Landwirtschaft und Umweltverbänden , um den Startschuss für das Naturschutz-Großprojekt zu feiern. „Ich wage zu behaupten: Wenn der Schreiadler stirbt, dann stirbt auch MV“, betonte Umweltminister Till Backhaus (SPD) die regionale Bedeutung des Vogels, der auch Pommernadler genannt wird. Laut Naturschutzbund gibt es in Deutschland noch etwa 100 Schreiadler-Brutpaare, fast alle davon sind in Mecklenburg-Vorpommern zu finden. Zehn Paare leben in den rund 8000 Hektar großen Kerngebieten der Nordvorpommerschen Waldlandschaft (siehe Karte), die nun besonders geschützt werden sollen. „Der Schreiadler ist eine sehr empfindliche Art, die in alten Baumbeständen lebt, damit die Horste nicht gesehen werden können“, erklärte Projekt-Mitarbeiterin Viktoria Hillmann. Damit sich die Population der Tiere nicht weiter verringert, sollen ihre Lebensbedingungen mit verschiedenen Maßnahmen verbessert werden. Auf etwa 550 Hektar soll das natürliche Wasserregime im Wald regeneriert werden, beispielsweise durch eine Renaturierung der Moore. In sogenannten Altholzinseln und Naturwaldzellen soll sich der Wald zudem ohne Eingriffe des Menschen natürlich entwickeln können. Innerhalb der nächsten zehn Jahre sollen die Punkte umgesetzt werden. Das Projekt war bereits 2009 einer von fünf Gewinnern des Bundeswettbewerbs Zukunftspreis Naturschutz. Danach geriet das Vorhaben jedoch ins Stocken. Die verschiedenen Geldgeber konnten sich lange nicht über Höhe der Mittel und die daran geknüpften Bedingungen einigen. „Es gab eine Phase, in der wir kurz vorm Aufgeben waren. Jetzt heißt es, das Projekt wieder mit Leben zu erfüllen“, sagte Landrat Ralf Drescher. Am 1. Juli soll das neu zusammengestellte Projektbüro seine Arbeit aufnehmen. Dessen Mitarbeiter werden zunächst prüfen, wem die Flächen in der Nähe der Brutpaare gehören. „Wir werden uns dann zusammensetzen und zum Beispiel über einen Verkauf verhandeln“, sagte Mitarbeiterin Viktoria Hillmann. Viele Flächen werden von Landwirten genutzt. Der Bauernverband hat bereits Gesprächsbereitschaft signalisiert. „Wir stehen dem Projekt offen gegenüber. Allerdings müssen wir für Nutzungseinschränkungen auch entsprechend entschädigt werden“, sagt Christian Ehlers, Geschäftsführer des Bauernverbands Nordvorpommern. Der Schutz der Nordvorpommerschen Wälder soll bundesweite Strahlkraft haben. Bis 2020 sollen fünf Prozent der deutschen Wälder wieder Wildnis sein — bisher sind es nur halb so viel. Alexander Müller

Schuenhagen - Neun Millionen Euro für den Schreiadler