Paar aus Barth ist seit 75 Jahren verheiratet

75 Jahre sind Heinz und Inge Möller verheiratet. Am 13. Oktober feiern die beiden 97-Jährigen ihre Kronjuwelenhochzeit im Kreise der Familie. Kennengelernt haben sie sich 1944, ein Jahr später wurde geheiratet. Nach dem Krieg haben die beiden vier Kinder großgezogen und haben mittlerweile zehn Enkelkinder, 15 Urenkel und zwei Ururenkelkinder. Ihre Nichte Kathrin Möller hat mit ihnen über ihr ungewöhnliches Kennenlernen während des Zweiten Weltkrieges gesprochen und wie sie es schafften, trotz zahlreicher Schwierigkeiten in Barth zusammenzufinden. Zum ersten Mal gesehen haben sich die beiden in Kolberg. Heinz Möller: Da war ich Unteroffizier, Ausbilder in Neustettin, wir hatten die Aufgabe, einige junge Damen einzuweisen – wo kommt eine Flakstellung hin und wo nicht. Inge Möller: Wir hatten zu arbeiten und die Soldaten haben nur gesagt, wo wir zu arbeiten hätten. Wir waren das Fachpersonal, an der Zahl wohl 900 Mädchen. Das war August bis September 1944. Im Oktober wurde ich eingezogen zum Reichsarbeitsdienst. Wir waren zwei Mädchen, beide 20 Jahre alt. Deshalb mussten wir zum Schleppeinsatz nach Berlin. Später dann im Oktober musste ich mich in Stralsund melden. Dann kamen wir nach Dramburg, dort wurden wir ausgebildet am Scheinwerfer und am Funkgerät. Und schließlich landeten wir in Leipzig und erlebten jeden Tag Bombenangriffe. Von Leipzig aus schrieben wir, Heinz und ich, uns jeden Tag. Später musste ich noch nach Jüterburg in die Schreibstube. Dort war ich bis Ende April 1945, vorher war ich noch in Neubrandenburg vier Tage. Heinz Möller: Ich war in Neubrandenburg Ausbilder. Zusammen mit einem Feldwebel schulte ich ganz junge Rekruten an der Panzerfaust und im Nahkampf. Die Jungs mussten alle nach Berlin. Die armen Jungs waren wirklich Kanonenfutter. Aber wir beide blieben in diesem Gut. Das ging bis zum Schluss – zum Glück. Große Hoffnung, Heinz wieder zu sehen: Inge Möller: Ich war noch in Jüterburg, als am 20. April unser Vorgesetzter sagte: „Ihr könnt nach Hause gehen.“ Aber wohin sollte ich gehen? Ich wusste ja, zu Hause in Stolp ist keiner mehr. Alle waren vor der Front geflüchtet. Wo sollte ich hin? Ich bin nach Neubrandenburg, weil ich hoffte, Heinz ist dort. Am Morgen bin ich zur Kaserne und habe gefragt, ob Unteroffizier Möller da ist. „Ist das so ein Rothaariger“, fragten sie. „Ja.“ „Dann kommen Sie mal mit!" Und dann sah ich Heinz, wie er mir entgegenkam. Vier Tage bin ich in Neubrandenburg gewesen. Heinz bekam dann den Einsatzbefehl und schrieb einen Brief nach Barth, um mich anzumelden. Seine Mutter sollte dort auf mich warten. Ich bin dann nach Stralsund, ein Lkw hat mich bis zum Barther Flughafen mitgenommen. Ich bin dann rein nach Barth, stand dort auf dem Markt und dachte: Was jetzt, was macht du? Ich bin dann zum Reifergang, obwohl ich mich erst nicht getraut habe, aber es blieb mir keine Wahl und kam dann am 29. April, genau am Geburtstag von Hans, dem kleinen Bruder, dort an. Dort wurde gefeiert, alles voller Kuchen. Ich dachte, ich bin im Schlaraffenland. Heinz Möller: Ich war zu diesem Zeitpunkt schon von Neubrandenburg aus in Richtung Rostock unterwegs. Kurz vor Rostock sagte uns der Regimentskommandeur: „Kameraden, in der Nacht haben uns die Russen überholt. Wir haben Glück, wir haben im Wald gepennt, ich löse den Haufen auf, jeder kann gehen, wohin er will. Ich empfehle euch, schmeißt die Soldbücher weg, die Waffen weg.“ Ich wollte nicht nach Westen und bin zusammen mit einem Ostpreußen nach Barth gewandert. Dort sind wir am 3. Mai angekommen. Wie ich in Barth ankam, Reifergang 59, da war die ganz Wohnung voller Flüchtlinge, und ich bekam dann einen Zettel mit der Nachricht: Wir sind in B. Dann wusste ich ja, das ist Bärenwalde. Dann habe ich Zivil angezogen. Mein Kumpel kriegte auch was. Dann sind wir beide zu Fuß bis Bärenwalde. So haben wir uns dann wiedergesehen, Inge, meine Mutter, die ganze Familie. Von Bärenwalde sind wir dann zurück nach Barth. Bis zur Hochzeit musste sich das Paar allerdings noch etwas gedulden. Heinz Möller: Wir konnten erst im Oktober 1945 heiraten, da mein Vater von Mai bis September 1945 im Lager Fünfeichen eingesperrt war. Aber nach seiner glücklichen Rückkehr konnte gefeiert werden. Nach dem Krieg wollte mein Vater dann eine Neubauernstelle haben und 1946 im Herbst sind Vater, Mutter und der kleine Hans nach Divitz. Wir, Inge und ich, wohnten im Grünen Weg in Barth. Und ich übernahm die Gärtnerei von meinem Vater. Lesen Sie auch Barther Künstler baut Krippe mit großen Figuren Bürgerdialog in Vorpommern: Das sind Wünsche für die Region Für Königsbesuch in Barth musste Schandsäule verschwinden Von Kathrin Möller und Anika Wenning