Para-Ruderer Marcus Klemp aus Ribnitz: „Mein großer Traum ist Tokio“

Wie für die gesamte Elite der Para-Ruderer, so war auch für Marcus Klemp 2020 ein „verrücktes Jahr“. Anders könne man es nicht bezeichnen, sagt der 38-Jährige Para-Ruderer vom Ribnitzer Sportverein (RSV). Corona habe den Wettkampfkalender völlig durcheinander gebracht. So war lange Zeit ungewiss, ob die für Juni angesetzten Ruder-EM in Poznan stattfinden kann, schließlich konnten die Ruderinnen und Ruderer dann vom 9. bis 11. Oktober aber doch noch an den Start gehen. Als Mitglied der deutschen Nationalmannschaft war Marcus Klemp dabei, startete in der paralympischen Disziplin über 2000 Meter im Ruder-Einer und fuhr als Dritter über die Ziellinie. Die Europameisterschaft in Polen war überhaupt die erste und auch einzige internationale Regatta, die im vergangenen Jahr ausgetragen werden konnte. Erster Platz bei Indoor-Europameisterschaft: Nach dem guten Ergebnis von Poznan auf dem nassen Element nahm Marcus Klemp an den European Indoor Rowing Championships Mitte Dezember 2020 teil. Die wurden in London ausgetragen. „Die Indoor-WM der Para-Ruderer in England war für meinen Trainer und mich eine Standortbestimmung. Wir wollten sehen, ob ich im Plan liege.“ Diese Frage konnte mit einem eindeutigen Ja beantwortet werden, denn für Klemp sprang in seiner Kategorie PR 1 Platz eins heraus. Wegen Corona konnte der Ribnitz-Damgartener allerdings nicht zum Austragungsort reisen. Doch im Ruderstützpunkt Kessin bei Rostock wurde die Möglichkeit geschaffen, Online nach London geschaltet zu werden. Die Mühen des Trainings in den Wochen und Monaten davor hatten sich ausgezahlt. Marcus Klemp erreichte auf dem Ergometer über 2000 Meter mit 8:03,1 Minuten eine tolle Zeit. Mit diesem Ergebnis hat sich der Para-Ruderer des RSV die Teilnahme an der Indoor-WM im Februar 2021 in Paris gesichert. Ergebnis im italienischen Gavirate entscheidet: Sein großes Ziel ist nun die Teilnahme an den Paralympischen Sommerspielen vom 24. August bis 5. September 2021 in Tokio. Diese sollten eigentlich im vergangenen Jahr vom 25. August bis 6. September stattfinden, mussten dann aber wegen Corona auf 2021 verschoben werden. Automatisch qualifiziert ist Marcus Klemp mit den Erfolgen im vergangenen Jahr für Tokio allerdings nicht. Nachdem sich die ersten acht Teilnehmer dafür bereits direkt qualifiziert haben, wird nur noch ein einziger Platz bei dem Rennen im Mai dieses Jahres in Gavirate vergeben. Wenn auch er in Tokio dabei sein will, dann muss der 38-Jährige für den einen noch freien Platz im Einer unbedingt als Gewinner durchs Ziel rudern. „Der RSV 1919 drückt Marcus die Daumen und wird ihn in allen Belangen tatkräftig unterstützen“, heißt es seitens des Vereinspräsidiums. Während es in Italien sozusagen „um die Wurst gehen wird“, wie Klemp es selbst ausdrückt, kann er die Indoor-WM in Paris relativ gelassen angehen. Hier müsse er nicht unbedingt gewinnen, macht er deutlich. Frankreich sei aber eine sehr gute Gelegenheit, mal aus den durch Corona bestimmten Trainingsalltag herauszukommen und sich unter Wettkampfbedingungen auszutesten. Beeindruckende Erfolgsgeschichte: Marcus Klemp trainiert bereits seit 24 Jahren am RSV-Ruderstützpunkt in Damgarten und hat eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte hingelegt. Hier nur einige Beispiele: 2003 gewann der an Cerebralparese – einer Bewegungsstörung – erkrankte Athlet eine Silbermedaille bei der Weltmeisterschaft in Italien, 2007 wurde er Weltmeister bei der WM in München. 2008 erreichte Klemp bei den Paralympics in Peking den vierten Platz. 2009 holte er bei der Weltmeisterschaft in Polen Bronze. 2013 wurden Marcus Klemp und Anke Molkenthien vom Waginger Ruderverein (Bayern) über die 1000-Meter-Distanz im Mixed-Doppelzweier der Handicap-Ruderer in Südkorea Vizeweltmeister. Und wenn es mit der Qualifikation für Tokio nicht klappen sollte? „Ich bin Sportler, da lernt man es, auch mit Niederlagen umzugehen. Wenn es mit Tokio nicht klappen sollte, werde ich unbedingt weitermachen mit dem Rudern, denn der Rudersport ist ein wichtiger Teil meines Lebens. Sportliche Betätigung trägt ganz wesentlich zu meinem Wohlbefinden und zur Strukturierung meines Alltags bei.“ Dafür schwitze er gern auf dem Wasser und im Kraftraum, so Marcus Klemp abschließend. Von Edwin Sternkiker