Ribnitz: Beliebter Streichelzoo braucht neuen Spielplatz

Man muss fast ein bisschen suchen. Wegweiser an den Straßen gibt es keine. Im Schatten der Boddenkliniken versteckt sich hinter einigen Büschen etwas unscheinbar der Heimattierhof Ribnitz-Damgarten. Dabei ist das kleine Tierparadies ein beliebtes Ausflugsziel für viele Ribnitz-Damgartener. Vor allem Kinder bekommen leuchtende Augen, wenn sie Kaninchen streicheln oder auf Ponys reiten dürfen. Und das alles kostenlos. Vor 20 Jahren wurde der Tierhof gegründet, ursprünglich um Suchtkranken im Rahmen einer Arbeitstherapie zu helfen, den Weg zurück in ein normales Leben zu finden. Mittlerweile hat sich der kleine Tierpark auch dank des Engagements zahlreicher ehrenamtlicher Helfer zu einem Erlebnishof verwandelt, der Familien, Kitas, Schulklassen und auch Touristen anlockt. Geduld und Empathie: Seit viereinhalb Jahren leitet Andrea Petrich den Heimattierhof. Als staatlich anerkannte Erzieherin betreut sie die Patienten aus der Suchttherapie der Boddenkliniken. „Es kommen Patienten hierher, die haben anfangs überhaupt keine Orientierung“, sagt die 51-Jährige. Doch die Arbeit auf dem Hof, besonders mit den Tieren helfe in besonderer Weise auf dem Weg zurück in ein normales Leben. „Es ist schon krass, zu sehen, wie schnell das geht, wie die Menschen es schaffen, Tag für Tag selbstständiger zu arbeiten“, so Andrea Petrich. Mit viel Geduld und Empathie betreut Petrich die Patienten. Ganz wichtig: „Ich stemple niemanden vorher ab.“ Plötzliche Arbeitslosigkeit oder eine tragische Familiengeschichte seien oft Gründe, warum die Menschen, die Petrich betreut, in die Alkohol- oder Drogensucht abgestürzt sind. „Vielen ist ihr Problem bewusst. Oft schämen sie sich aber, darüber zu sprechen.“ Eine der Folgen sei dann oft soziale Isolation. „Manche haben regelrecht Angst vor anderen Menschen“, sagt Andrea Petrich. Alle Jahre wieder: In der Adventszeit unterstützt die OSTSEE-ZEITUNG gemeinsam mit ihren Lesern Menschen in der Nachbarschaft. In der Aktion „Helfen bringt Freude“ sammeln die zehn Lokalredaktionen für verschiedene Projekte in der Region. Einen Überblick gibt es hier. Adapter für zwischenmenschliche Beziehungen: Auf dem Weg dahin, wieder Selbstvertrauen zu finden und soziale Kontakte zu knüpfen, hilft die Arbeit mit den Tieren auf dem Hof. „Tiere sind ein totaler Adapter für kommende zwischenmenschliche Beziehungen“, so die 51-Jährige. Es sei toll, zu sehen, wie ihre Schützlinge über den Kontakt mit den Pferden, Ziegen oder Kaninchen selbstbewusster werden. Und wenn dann im nächsten Schritt das Zutrauen wächst, auch auf Menschen zuzugehen, „sind das sehr große Erfolge“, so Petrich. Um diesen Umgang zu üben, unternimmt sie regelmäßig Kutschfahrten mit den Patienten, unter anderem auch zu Veranstaltungen in der Stadt wie dem Badewannenrennen in Damgarten. Gleichzeitig würden die Patienten durch die Arbeit auf dem Hof – sie pflegen die Tiere, säubern die Ställe oder halten den Hof in Schuss – wertgeschätzt. „Sie sollen merken, dass sie dazu gehören“, sagt Andrea Petrich. Der größte Erfolg sei, wenn Patienten die Therapie erfolgreich abschließen und wieder ein selbstständiges Leben führen. Einige bleiben laut Petrich dennoch dem Tierhof verbunden und packen weiterhin ehrenamtlich mit an. Weniger Besucher wegen der Corona-Pandemie: Dieser Einsatz sorgte in den vergangenen Jahren dafür, dass der Tierhof zu einem kleinen Tierpark herangewachsen ist, der zahlreiche Besucher anzieht. Doch das Corona-Jahr hat auch hier seine Auswirkungen hinterlassen. Deutlich weniger Besucher bedeutete auch deutlich weniger Spenden. Hierüber finanziert sich der Hof. Zuckertütenfeste von Kitas, Abschlussfeiern von Schulen, Geburtstage oder andere Feste konnten so gut wie gar nicht gefeiert werden. In besonders traurige Kinderaugen musste Andrea Petrich schauen, als der Spielplatz auf dem Gelände gesperrt wurde. „Ich konnte das irgendwann nicht mehr verantworten. Die Spielgeräte sind wirklich in keinem guten Zustand mehr.“ Schnellstmöglich, im besten Fall zum Frühjahr kommenden Jahres, soll ein neuer Spielplatz gebaut werden. Doch für größere Investitionen fehlt das Geld. Deshalb ist die Hoffnung bei Andrea Petrich und dem Heimattierhofverein groß, dass bei der OZ-Weihnachtsaktion „Helfen bringt Freude“ viele Spenden zusammenkommen, damit die Kinderaugen wieder leuchten. Von Robert Niemeyer