Ribnitz-Damgarten: Stadtvertretersitzung wird zur Nichtsitzung

Abstand halten, keine Umarmungen, keine Zuschauer – es gab schon schönere Zeiten, um Amtsträger würdevoll zu verabschieden. Andererseits dürfte die Corona-Krise und alles, was während dieser Zeit passiert, als historisch angesehen werden. So auch der Amtswechsel im Ribnitzer Rathaus. Zusammen die Stadt weitergebracht: Trotz der widrigen Umstände flossen doch noch ein paar Tränen, als sich Ribnitz-Damgartens Bürgermeister Frank Ilchmann am Donnerstagmorgen von den Mitarbeitern der Stadtverwaltung verabschiedete. Im Hinterhof des Ribnitzer Rathauses hatte das Rathausteam am letzten Arbeitstag Ilchmanns einen kleinen Empfang vorbereitet. Nach sieben Jahren Amtszeit ging Ilchmann in den Ruhestand. „Es waren schöne sieben Jahre. Wir haben alle zusammen die Stadt weitergebracht“, sagte Frank Ilchmann zu den Verwaltungsmitarbeitern. Sie hatten einige Geschenke vorbereitet, unter anderem ein Fotobuch mit Bildern aus Ilchmanns Amtszeit und eine Abbildung des großen Gobelins König Christian V. von Dänemark von der Eroberung Damgartens, dessen Original sich im Schloss Rosenborg (Dänemark) befindet. Der nach 1675 entstandene Teppich zeigt den König zu Pferd zwischen Ribnitz und Damgarten. „Deine Menschlichkeit und deine freundliche Art wissen wir alle zu schätzen“, sagte Silke Kunz, 2. stellvertretende Bürgermeisterin. Präsentkorb vom Personalrat: Bauamtsmitarbeiter Jan Moldenhauer überreichte im Namen des Personalrates einen Präsentkorb. „Danke, dass Sie für uns immer ein offenes Ohr hatten“, sagte Moldenhauer. Von Stadtförster Falk Fleischer gab es einen Gutschein. Dafür bekommt Frank Ilchmann nun lebenslänglich jedes Jahr einen Weihnachtsbaum gratis von der Stadtforst. Holger Tessendorf vom Infozentrum Wald und Moor Neuheide überreichte einen Wanderstock. Auch Amtskollegen wie beispielsweise der Barther Bürgermeister Friedrich-Carl Hellwig schauten vorbei, um Ilchmann in den Ruhestand zu verabschieden. Stadtvertretersitzung musste vertagt werden: Am Abend zuvor hatte sich die Stadtvertretung verabschiedet. Die angesetzte Stadtvertretersitzung hatte dabei ihre eigene Pointe. Wegen der Corona-Krise war die Öffentlichkeit zu der Sitzung nicht zugelassen. Offenbar missfiel dies einem unbekannten Ribnitz-Damgartener Bürger. Er informierte nach Angaben der Stadtverwaltung das Innenministerium. Dieses habe den Landkreis Vorpommern-Rügen als Untere Rechtsaufsichtsbehörde angerufen. Etwa zwei Stunden vor Beginn der Sitzung sei die Verwaltung informiert worden, dass die Sitzung nicht wie geplant stattfinden könne. Gefasste Beschlüsse wären wegen fehlender Öffentlichkeit ungültig gewesen. Presse als „Ersatz-Öffentlichkeit“: Die Kommunalverfassung schreibt vor, dass Gemeinde- und Stadtvertretersitzungen öffentlich stattfinden müssen. Bis zum 19. April habe jedoch eine Anordnung des Innenministeriums gegolten, die wegen der Corona-Krise den Ausschluss der Öffentlichkeit erlaubt hatte. Die Presse wäre in diesem Fall als „Ersatz-Öffentlichkeit“ anzusehen gewesen. Die Rücknahme dieser Verordnung war offenbar im Vorfeld nicht bekannt gewesen. Und so musste die Tagesordnung der Stadtvertretersitzung nahezu komplett abgesetzt werden. Der Haushaltsplan für 2020 wurde nicht diskutiert, auch ein neuer Stadtpräsident beziehungsweise eine neue Stadtpräsidentin – bislang hatte Ribnitz-Damgartens neuer Bürgermeister Thomas Huth dieses Amt inne – wurde nicht gewählt. Am 13. Mai findet nun die nächste Sitzung statt. Wie dann die Öffentlichkeit gewährleistet werden kann, werde noch geklärt. Stehende Ovationen: Stattdessen beschränkte sich die Versammlung im Begegnungszentrum darauf, Frank Ilchmann in den Ruhestand zu entlassen und Thomas Huth offiziell zum Ribnitz-Damgartener Bürgermeister zu ernennen. Mit Geschenken, stehenden Ovationen und Applaus verabschiedeten die Abgeordneten Frank Ilchmann. Der dankte den Stadtvertretern für die konstruktive Zusammenarbeit. „Wir haben die Stadt auch durch schwierige Zeiten gebracht“, sagt Ilchmann. „Es geht eine Ära zu Ende, sieben Jahre, denen du deinen Stempel aufgedrückt hast“, sagte Heiko Körner, stellvertretender Bürgermeister, zu Frank Ilchmann. Auch Körner verwies auf die Menschlichkeit Ilchmanns und hob die Fortschritte der Stadt in den vergangenen Jahren hervor, wie beispielsweise die Anerkennung der Bernsteinstadt als staatlich anerkannter Erholungsort, die Entwicklung der Wohngebiete oder die Weiterentwicklung der Museen. Schließlich wurde der Staffelstab weitergereicht. Mit Begrüßungsgeschenken aller Fraktionen und einem Schluck Sekt wurde Thomas Huth in seinem neuen Amt begrüßt. Jens Stadtaus, stellvertretender Stadtpräsident, nahm Huth den Amtseid ab. Auf eine große Antrittsrede verzichtete das neue Stadtoberhaupt. „Ich möchte lieber am Ende über das Erreichte sprechen.“ Am Montag hat Thomas Huth seinen ersten Arbeitstag im Ribnitzer Rathaus. Lesen Sie mehr: Langes Wochenende zum 1. Mai: Was ist trotz Corona erlaubt, was bleibt verboten? Ribnitz-Damgarten: Bürgermeister in Krisenzeiten Von Robert Niemeyer