Sommertheater im Barther Rathaus

Mit einer insgesamt recht unerfreulichen Vorstellung entließ die Barther Stadtvertretung ihre Bürger in die Sommerpause. Bis Anfang September ist nun Zeit, sich von dem zweieinhalbstündigen Spektakel am Donnerstagabend zu erholen, indem Vorwürfe wie „Gelogen!“ und „Rote Socke!“ zum unguten Ton insbesondere einer Fraktion gehörten. So verließ manch' wütender Bürger vorzeitig und schimpfend den Rathaussaal: „Das höre ich mir nicht mehr länger an!“ Die Zuschauerkritik nach Sitzungsende schwankte zwischen „Kindergarten“ und „unterirdisch“. Fast gänzlich abgetaucht war die CDU-Fraktion, ein einziger ihrer sieben Mandatsträger beehrte die Sitzung mit seiner Anwesenheit. Trotz turbulenter Diskussionen, oft angestoßen von der FDP-Fraktion plus (die die Sitzung mit acht Anträgen bereicherte), kam es zwischendurch zu durchaus folgenschweren Beschlüssen. So wird das Aufstellen von Tischen und Stühlen auf Straßen und Gehwegen zukünftig kostenpflichtig. Für die gewerbliche Nutzung stadteigener Flächen, die weiter als einen Meter von der Hauswand entfernt liegen, soll die mögliche Sondernutzungsgebühr nun auch tatsächlich erhoben werden. Betroffen sind Betriebe in der Langen Straße, Am Markt und Am Westhafen, die bisher unentgeltlich Werbeplakate, Auslagen, Tische und Stühle auch weiter als einen Meter von der Hauswand entfernt aufstellen konnten, aber auch terrassenartige Anlagen. Jenseits des Meters werden 50 Cent pro Quadratmeter und Woche fällig, die Verwaltung rechnet mit 9500 Euro mehr pro Jahr im Stadtsäckel. Zuvor hatte der Finanzausschuss die Vorlage ergänzt. So soll die Gebühr nur für die Dauer der tatsächlichen Nutzung erhoben werden und die Option einer Verpachtung oder eines Verkaufs von Flächen (Terrassen) wegen des hohen bürokratischen Aufwandes entfallen. Der Bauausschuss hatte sich am Dienstag nach intensiver Diskussion nicht zu einer Empfehlung durchringen können, auch weil der Vorlagentext nicht alle Gremiumsmitglieder vor der Sitzung erreicht habe, versicherten Betroffene. Eine Mehrheit der Stadtvertreter billigte die neue Satzung. Auch der geänderte und ergänzte B-Plan „Vinetarium“ passierte das Gremium (drei Gegenstimmen). Gegen die Stimmen der Antragsstellerin FDP-Fraktion plus wurde die zukünftige Unterbringung der Ausstellung der Dokumentations- und Begegnungsstätte in die Ausschüsse verwiesen. Dort soll ausdrücklich mit den Machern gemeinsam eine Lösung gefunden werden, da sich nach neueren Planungen offenbar kein Raum mehr für die Ausstellung im Bürgerhaus findet. Ihren Antrag, Grundstücke nach Ausschreibung immer gegen Höchstgebot zu verkaufen, zog die FDP-Fraktion plus zurück, da nicht sichergestellt ist, dass das Höchstgebot mindestens dem zu erreichenden Verkehrswert entspricht. Dennoch, um einem gefühlten Gemauschel bei Grundstücksverkäufen vorzubeugen, soll der Finanzausschuss Regeln erarbeiten. Einigen Ärger hatten deftige Bußgelder wegen abgelaufener Personalausweise verursacht. Schöner wäre es, wenn die Verwaltung die Bürger stattdessen vorher warne, meinte die FDP-Fraktion plus, zog den ursprünglichen Antrag in dieser Sache zurück, um einen weiteren Anlauf zu nehmen. Wortprotokolle wird es auch künftig nicht geben, die Ablehnung fiel mit sieben gegen sieben und einer Enthaltung knappstmöglich aus. „Entsetzt über den Flickenteppich“ verlangte Dirk Leistner (FDP-Fraktion plus) Aufklärung über die Umstände, die zur Asphaltierung der kopfsteingepflasterten Kreuzung Lange Straße, Einmündung Badstüberstraße und Baustraße führten. Bauamtsleiter Manfred Kubitz erklärte den Grund seiner einsamen Entscheidung unter Zeitdruck. Dort sei nach einer größeren Havarie Beton zum Schutz der Leitungen eingebracht worden, die Pflastersteine darüber sind im Weichen verlegt worden, und wachsen immer wieder heraus. Man hätte den alten Beton durch anderen ersetzen und neu pflastern können, er habe eine schnelle günstige Lösung im Zuge der Bauarbeiten in der Chausseestraße gesehen (Kosten rund 24700 Euro ohne Arbeitsstunden Bauhof). Hoch schlugen die Wellen beim „Gewerbegebiet Am Wirtschaftshafen“. Ob bei den dort bereits ansässigen Betrieben alles mit rechten Dingen zugehe, wollte Leistner wissen. Mögliche Konflikte mit den Anliegern sieht dort offenbar die Bauaufsicht, die FDP-Fraktion plus vermutet eine ablehnende Haltung des Bürgermeisters als Ursache der Verzögerungen. Der konterte mit „Räuberpistole“. Susanne Retzlaff

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