Von wilden Kämpfen und weichen Knien

In drei Stunden beginnt die Aufführung im Barther Theatergarten. Die Schauspieler des Stücks „Die Spelunke am Donnerberg“stehen trotzdem schon auf der Bühne. Sie tanzen vor leeren Zuschauerrängen den spanischen Kampftanz, schwingen im Zweikampf ihre Schwerter und proben noch einmal ihre Choreografien. Das machen sie vor jeder Vorstellung. „Die Musik kann noch etwas hoch gedreht werden“, ruft Kampfchoreograf Philipp Haase von der Bühne. „Okay“, antwortet eine Stimme aus den Lautsprechern. Sie gehört Paul Maxim Krüger, der den Ton heute nur ausnahmsweise regelt, weil sich Tontechniker Philippe Beutel den Arm gebrochen hat und ein paar Tage lang ausfällt. Der Chef wird verhauen: Der Intendant des Barther Theaters, Martin Schneider, springt mit einem Schwert in der Hand auf die Bühne und lässt sich von Hauptdarstellerin Rieke Clasen mit einem Stuhl verhauen. „Das machen wir nochmal“, sagt Schneider. Auch er springt für einen verletzten Schauspieler ein. Zwar stammt das Stück aus Schneiders Feder, er ist der Regisseur, trotzdem: „Ich habe schon weiche Knie vor der Aufführung. Auch wenn ich die ,Spelunke am Donnerberg’ geschrieben habe, ich hatte nur drei Stunden Zeit, um mich auf die Rolle vorzubereiten.“ Die Probe geht weiter: Rieke Clasen schubst den Theater-Chef über einen Tisch, er fliegt, rollt sich gekonnt ab. Die Szene sitzt. Martin Schneider und Philipp Haase sind zufrieden. Die Probe ist beendet. Die Kampfszenen hat sich Philipp Haase ausgedacht. Der 31-Jährige wuchs in Österreich auf, machte vor wenigen Wochen nach vier Jahren Ausbildung seinen Abschluss an der Vorpommerschen Landesbühne und lebt in Zinnowitz auf Usedom. Bühnenkampf, das ist Haases Welt. In seiner Freizeit boxt er und ist auch sonst sehr sportlich. Darum wurde ihm nicht nur die männliche Hauptrolle des Ferdinand Graf zu Schwerin, sondern auch die Funktion des Kampfchoreografen übertragen. Probe für Konzentration Der Bühnenkampf müsse unbedingt vor jeder Vorstellung noch einmal geprobt werden, sagt er. Ansonsten könne es gefährlich werden. Die Schwerter, die die Schauspieler auf der Bühne nutzen, sind bis auf eine Ausnahme alle ungeschärft: „Jeder Bewegungsablauf ist strukturiert und man muss wissen, ob der Kampfpartner an diesem Tag vielleicht etwas träge oder ob die Bühne nass ist. Es soll schließlich niemand verletzt werden.“ Wichtig sei die Probe für Körper und Konzentration. In den vergangenen drei Jahren spielte er in Zinnowitz bei den „Vineta“-Aufführungen mit und auch nach seinem Abschluss möchte er bei der Vorpommerschen Landesbühne bleiben. „Schauspieler, das wollte ich schon immer werden. Alles fing mit einer Schulaufführung in Österreich an. Damals habe ich Blut geleckt.“ Mittlerweile haben sich die Schauspieler in die große Küche des Theaters zurückgezogen. „Jeder hat sein Ritual vor der Vorstellung. Einige lesen etwas, andere unterhalten sich“, sagt er. Im Backofen wird eine Lasagne aufgewärmt. Auf einer Couch liegen bunt zusammen gewürfelt mehrere andere Darsteller. Die Stimmung ist super. Es wird gelacht. Lampenfieber? Keine Spur. Die Saison sei bislang gut gelaufen, erzählt Martin Schneider. „Wir haben ein paar mehr Besucher als im vergangenen Jahr und sind zufrieden.“ Nur eine der Freiluft-Veranstaltungen musste aufgrund des starken Regens abgesagt werden. Noch bis zum 1. September spielen sie die „Spelunke am Donnerberg“, eine Seeräuber-Geschichte, die an das bekannte Stück von Wilhelm Hauff „Das Wirtshaus im Spessart“ angelehnt ist. Die Lasagne ist aufgegessen und die Schauspieler gehen in die Maske. Langsam wird es ernst. Die ersten Zuschauer nehmen Platz und dann geht es wieder los: Mit Kämpfen, Gesang und einer räuberischen Geschichte für Familien. Am Sonnabend, dem 26. August, um 19.30 Uhr beginnt im Barther Theater-Garten die nächste Vorstellung „Die Spelunke am Donnerberg“. Weitere Vorstellungen: Montag, 28. August, Donnerstag 31. August, zum letzten Mal am Freitag 1. September jeweils 19.30 Uhr. Eintritt: ab 16 Euro „Die Spelunke am Donnerberg“ ist ein Seeräuber-Abenteuer nach Motiven von Wilhelm Hauffs Erzählung „Das Wirtshaus im Spessart“. Carolin Riemer

Barth - Von wilden Kämpfen und weichen Knien