ASP in Vorpommern-Rügen: Jäger sollen finanziell entlastet werden

Noch ist kein Fall von Afrikanischer Schweinepest im Landkreis Vorpommern-Rügen nachgewiesen worden. Die Betonung liegt auf „noch“. Denn dass die Tierseuche im Nordosten auftauchen wird, davon gehen die Behörden aus. Wann es aber soweit sein wird, darüber lässt sich bisher nur spekulieren. Um einer Ausbreitung vorzubeugen, will der Landkreis Vorpommern-Rügen deshalb Jäger animieren, vorbeugend mehr Wildschweine zu schießen. Die Logik dahinter: Wenn die Bestände geringer sind, findet das Virus weniger Wirte. Damit das Fleisch der erlegten Tiere verwertet werden kann, ist eine Untersuchung auf Trichinen vorgeschrieben. Trichinen sind winzige Fadenwürmer, die als Parasit in den Wildtieren leben. Wenn sie durch den Verzehr von Fleisch auf den Menschen übertragen werden, können sie eine Reihe von Erkrankungen auslösen, etwa Schwindel, Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall oder Fieber. Acht Euro pro Tier: Die Trichinenuntersuchung müssen die Jäger bislang selbst zahlen. Nun hat der Finanzausschuss des Landkreises einstimmig dafür gestimmt, dass der Kreis die Kosten dafür übernimmt. Sie belaufen sich auf acht Euro pro Stück. „Wir rechnen mit Mindereinnahmen von 80 000 Euro“, bezifferte Leonore Lange, die den Fachdienst Veterinärwesen und Verbraucherschutz beim Kreis leitet, die finanziellen Auswirkungen. „Aber wenn ich nach Brandenburg schaue, wo einem Veterinäramt durch das Auftreten und Bekämpfen der Afrikanischen Schweinepest plötzlich zusätzliche Kosten in Höhe von 4,5 Millionen Euro entstanden sind, ist das sicherlich noch vertretbar.“ Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) für Tiergesundheit auf der Insel Riems informiert ausführlich über die Afrikanische Schweinepest (ASP), von der Haus- und Wildschweine betroffen sind. Auf der Internetseite des FLI heißt es: „Eine Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren oder deren Kadavern, die Aufnahme von Speiseabfällen oder Schweinefleischerzeugnissen bzw. -zubereitungen sowie andere indirekte Übertragungswege (Fahrzeuge, kontaminierte Ausrüstungsgegenstände einschl. Jagdausrüstung, landwirtschaftlich genutzte Geräte und Maschinen, Kleidung). Der Kontakt mit Blut ist der effizienteste Übertragungsweg.“ Nach einer Infektion würden die Tiere sehr schwere, aber unspezifische Symptome entwickeln. Das Institut weist darauf hin, dass die ASP keine Zoonose ist, also nicht zwischen Tier und Mensch übertragbar und daher für den Menschen ungefährlich ist. Andere Haus- und Wildtiere sind ebenfalls nicht empfänglich. „Im Moment steht es zwei zu eins“, merkte Landrat Stefan Kerth (SPD) an und konkretisierte, was er damit meinte: „Jörg Heusler, der Leiter unseres Gesundheitsamtes, bekämpft Corona und hat es mit einer Seuche zu tun. Frau Lange muss aber mit der Vogelgrippe und der Afrikanischen Schweinepest gleich zwei Seuchen im Blick behalten.“ Einstimmiges Ergebnis im Ausschuss: Das war offenbar schon Überzeugungsarbeit genug. Der Vorschlag, die Kosten für die Trichinenuntersuchung zu übernehmen, wurde vom Ausschuss ohne Gegenstimme oder Enthaltung angenommen. Nun muss der Kreistag auf seiner nächsten Sitzung am 14. Dezember im Kulturhaus „Treffpunkt Europas“ in Grimmen noch grünes Licht geben. Die Zustimmung gilt als sicher. Während in Vorpommern-Rügen Vorkehrungen getroffen werden, ist in Brandenburg der aktive Kampf gegen die Tierseuche schon in vollem Gange. Im Oktober forderten die dortigen Behörden die Bundeswehr zur Unterstützung an. Zehn Soldaten der Marinetechnikschule in Parow nördlich von Stralsund waren vier Wochen im Oktober und November im Landkreis Oder-Spree östlich von Berlin im Einsatz, um bei der sogenannten Fallwildnachsuche behilflich zu sein: Wildschweinkadaver sollten ausfindig gemacht werden, um sie entsprechend zu entsorgen. Soldaten fanden mehr als 100 Tierkadaver: „Gemeinsam mit weiteren Soldaten durchkämmten sie das Gelände und markierten ihre Fundstellen. Das Anfassen war streng verboten“, teilt Nicole Kubsch mit, die bei der Deutschen Marine den Rang Stabsbootsmann innehat. „Mehr als 100 verendete Wildstücke konnten sie auffinden. Vor Ort sind die Jagdpächter und Waldeigner dankbar für diese Hilfeleistung.“ Mit der anschließenden Untersuchung auf das Pestvirus hatten die Soldaten nichts mehr zu tun. Lesen Sie auch: Corona, Vogelgrippe, Schweinepest: Bundeswehr in MV rechnet mit weiteren Kriseneinsätzen Jäger auf Rügen: Probleme durch Corona, Vogelgrippe und Schweinepest „Das war eine sehr abwechslungsreiche Tätigkeit im Vergleich zum üblichen Dienstalltag in der Kaserne“, urteilt Oberfähnrich Peter Mittelstädt, einer der helfenden Soldaten, die mit Überzieher an Stiefeln und den Waden sowie Handschuhen und Mundschutz durch die Wälder streiften. „Diese Art von Einsatz ist unabdingbar zur Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest.“ Laut Nicole Kubsch wäre so eine Unterstützung auch für den Landkreis Vorpommern-Rügen möglich und denkbar. Zuvor müsste der Kreis dies – wie schon bei der Corona-Bekämpfung geschehen – bei der Bundeswehr beantragen. Von Kai Lachmann