Bergen ist Unionsmitglied: Kritiker sehen Sprachbarriere

Rügens einstige Kreisstadt Bergen ist jetzt Mitglied der „Union of the Baltic Cities“. Und davon verspricht sich Bürgermeisterin Andrea Köster (CDU) eine ganze Menge. Vor allem Geld. „Mit diesem Beitritt investieren wir in die Zukunft“, sagt Köster. „Wir wollen einen Namen in Europa haben, um auch in Zukunft Förderungen abzusichern.“ Die kämen nämlich immer mehr aus Brüssel. Und das in Größenordnungen. In dieser Beziehung habe Bergen bereits Einiges von den litauischen und polnischen Partnerstädten, Palanga und Goleniow, gelernt, die es bereits ausgezeichnet verstünden, sich dieser finanziellen Mittel zu bedienen. Unter den Volksvertretern ist diese Mitgliedschaft nicht unumstritten. Allein auf der jüngsten Stadtvertretersitzung gab es beim Beschluss zum Unionsbeitritt drei Gegenstimmen und sechs Enthaltungen. Peter Wendekamm, Chef der Fraktion der Linken, befürchtet zum Beispiel, dass die Mitgliedschaft lediglich einen Symbolcharakter haben könnte. Er verweist auf Wismar. Die Hansestadt habe erst kürzlich die Union wieder verlassen. Grund sei die Sprachbarriere gewesen. Denn die Vertreter der Städte würden grundsätzlich auf Englisch miteinander korrespondieren. Carmen Kannengießer vom Grünen Bündnis Bergen (GBB) hegt ähnliche Bedenken. „In der Verwaltung muss es Mitarbeiter geben, die perfekt Englisch können“, sagt sie. „Auch ist der organisatorische Aufwand nicht zu verachten. Zu den regelmäßigen Ausschüssen der Union müssen immer zwei Entscheidungsträger reisen.“ Aus Wismar wisse sie, dass Aufwand und erzeugter Gegenwert in keinem Verhältnis stünden. Andrea Köster hält dagegen. Vor allem, was Wismar betrifft. „Wir haben ein ganz klares Ziel vor Augen“, sagt die Bürgermeisterin. „Wir wollen den Titel ,Europäische Gemeinde‘ erlangen, was Wismar nie vor hatte.“ Deshalb sei es für die Hansestadt wohl tatsächlich eher eine Prestige-Mitgliedschaft gewesen. Wismars Stadtsprecher Marko Trunk bestätigt den Austritt Ende 2013. „Und wir haben auch nicht vor, ,Europäische Gemeinde‘ zu werden“, sagt er — und fügt hinzu, dass sich die Stadt mit diesem Thema bisher weniger auseinandergesetzt habe. Köster führt noch weitere Argumente ins Feld: Die Rathausmitarbeiterin Monika Krahl — für Städtepartnerschaft und internationale Arbeit zuständig — spreche perfekt Englisch. Dies habe sie in ihrer Tätigkeit als Landkreis-Bedienstete gelernt, wo sie für die englischsprachigen Korrespondenzen zuständig gewesen sei. „Und ich bin des Englischen ebenfalls mächtig, ich kann es gut verstehen“, sagt Andrea Köster nicht ohne Stolz. Matthias Ewert (CDU), Vorsitzender des Europaausschusses der Stadt Bergen, trumpfte weniger forsch auf. Er wolle eher „ausloten, wie aus dieser Mitgliedschaft ein Nutzen gezogen“ werden kann. Für Köster, die das Thema Europagemeinde auch in ihrem Programm zur Bürgermeisterwahl am 26. April als Schwerpunkt verankert hat, gibt es hingegen tatsächlich nur Vorteile. Wenngleich sie zugibt, dass der Weg bis zum Titel „Europäische Gemeinde“ kein leichter ist. „Das ist erst die Stufe vier“, erläutert die Bürgermeisterin. „Stufe eins, das Diplom des Europarates, und die zweite Stufe, die Europaflagge, haben wir schon erreicht“, sagt Köster. „Jetzt streben wir die dritte Stufe, die Europaplakette an. Und ich hoffe, dass wir sie zu unserem fünften Europatag, der gleichzeitig mit 25 Jahre Mecklenburg-Vorpommern gefeiert wird, bekommen werden. Denn dieses Jubiläum steht auch im Zeichen Europas. Und welcher Anlass könnte besser sein.“ Europäische Gemeinde 4 Stufen gilt es zu erreichen, von denen die letzte der Titel „Europäische Gemeinde“ ist. Laut Bürgermeisterin Andrea Köster dauert es von Stufe zu Stufe häufig mehrere Jahre. Bergen sei diesbezüglich schon ziemlich weit, denn erst 2011 konnte die Stadt Stufe eins erreichen. Voraussetzung für das Erreichen der Auszeichnungen, Symbole und Titel sind laut Köster unentwegt europarelevante Projekte. Dazu gehören in Bergen neben dem Europatag auch Veranstaltungen wie die „Baltischen Wochen“ oder die Teilnahme am „Europäischen Jugendparlament“. 4 Europatage gab es in Bergen bereits, der fünfte wird dieses Jahr über die Bühne gehen. Jens-Uwe Berndt

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