Bücher-Zelt wird zur riesigen Galerie

Diese Galerie kann man nicht übersehen: Auf einer Freifläche in der Nähe des Bahnübergangs Prora-Nord steht ein riesiges Zelt. An vielen Laternenmasten und Vorgartenzäunen der Insel wird für dieses „Bücher-Outlet“ geworben, das größte seiner Art auf Rügen. Gleichzeitig dürfte noch ein weiteres Superlativ auf das Proraer Bücherzelt zutreffen: Eine größere Galerie ist nirgendwo sonst auf der Insel zu finden. Sämtliche Zeltwände des 2500 Quadratmeter umfassenden Leichtbaus schmücken Bilder der Wieker Künstlerin Heike Herrmann. „Als ich das erste Mal diese riesige Fläche gesehen habe, war ich richtig geschockt“, gesteht die Rüganerin. Freunde aus Glowe hatten den Kontakt zu den Betreibern des Bücherzelts vermittelt. Ein typischer Galerie-Raum ist das natürlich nicht. Das wusste auch Heike Herrmann von Anfang an. „Die Beleuchtung ist nicht so optimal hinzubekommen wie in einem festen Bau.“ Dennoch hat sie die Aufgabe ebenso gereizt wie der ungewöhnliche Ausstellungsraum. Angesichts der Massen von Büchern, die auf den Tischen verteilt sind, hat mancher Besucher beim Stöbern kaum ein Auge für die etwa 75 Bilder, die unmittelbar vor ihm hängen. Andererseits, sagt Heike Herrmann, wirke diese Masse an Bücherstapeln zusammen mit den Bildern an den Wänden aus der Entfernung beinahe wie eine Installation. Wer sich die Zeit nimmt, diese genauer zu betrachten, stört sich auch nicht daran, dass die Arbeiten nicht optimal beleuchtet sind. Heike Herrmanns Arbeiten strahlen auch ohne zusätzliches Licht weithin. Satte Farben in fast südländischen Kombinationen lassen schnell erkennen: Wer das gemalt hat, muss voller Lebensfreude stecken. Neon, Gold und Silber — damit arbeitet auf Rügen kaum einer ihrer Kollegen. Diese Farben, erklärt die Malerin, seien noch von ihren Südeuropa-Aufenthalten im Kopf. Und so sieht ein Rügen-Bild bei ihr immer ein wenig mediterraner aus als bei anderen Künstlern. „Dabei sind die Farben auf der Insel ganz anders, viel erdiger, brauner — ganz einmalig“, schwärmt sie von dem Licht ihrer Heimat, dem sie sich in ihren künftigen Arbeiten stärker annähern will. Das ist längst nicht der einzige Plan für die Zukunft: Wenn die Ausstellung Ende September wieder abgebaut wird und das Bücherzelt verschwindet, lagert Heike Herrmann die nicht verkauften Bilder bei Freunden ein — und malt weiter. „Ich will unbedingt noch Baumbilder machen“, benennt sie eines der nächsten Projekte. Außerdem will sie sich in einer kompletten Serie mit Wolkenbildern beschäftigen, also spannende Wolkenformationen festhalten, die schon Kinder faszinieren und deren Fantasie anregen, wenn sie in den Himmel sehen. Und das sollte man auf Rügen unbedingt tun, nicht nur als Maler, findet Heike Herrmann. „Hier“, ist sie nach ihren vielen Reisen durch die Welt überzeugt, „gibt es die schönsten Himmel.“ Bilder von Heike Herrmann im Bücher-Outlet Prora, montags bis freitags von 10 bis 21, am Wochenende bis 18 Uhr Maik Trettin

Prora - Bücher-Zelt wird zur riesigen Galerie