Corona-Krise wirkt sich auf Arbeitsmarkt auf Rügen aus

Die Corona-Krise bringt auch den Rügener Arbeitsmarkt ins Wanken. Bei der gestrigen Vorstellung der Arbeitsmarktzahlen für den Monat März erklärte Dr. Jürgen Radloff, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Stralsund, Folgendes: „Die übliche Frühjahrsbelebung am Arbeitsmarkt, die wir ab dem April normalerweise erwarten würden, wird in diesem Jahr ausbleiben. In den meisten Unternehmen ruht die Personalsuche.“ Radloff in diesem Zusammenhang weiter: „Das ist auch nicht verwunderlich, denn momentan gibt es für die Betriebe dringendere Probleme: Diese organisieren ihre Arbeitsabläufe neu, koordinieren ihr Personal, richten Homeoffice-Arbeitsplätze ein oder kümmern sich um Kurzarbeiterregelungen für ihr Personal. Daher sind geplante Einstellungen erst einmal zurückgestellt. Gerade im Hotel- und Gastronomiebereich sind viele Stellen wieder storniert worden.“ Hotellerie und Gastronomie betroffen: Den Haupterwerbszweig mit Hotellerie und Gastronomie trifft es auf der Insel vorerst am stärksten. Denn mit dem Erlass des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 17. März müssen alle Gaststätten und Restaurants, Hotels, Pensionen und Campingplätze komplett geschlossen bleiben. Dicht gefolgt in diesem Zusammenhang sind Einzelhandel und Dienstleister betroffen. Alle diese Unternehmen hatten mit den bevorstehenden Osterfeiertagen den Start in die neue Saison vor Augen. Nunmehr bleiben viele Arbeitnehmer erst einmal zu Hause bzw. müssen über die Kurzarbeiterregelung in den Unternehmen gehalten werden. Kurzarbeit für Mitarbeiter: In einem ersten Schritt melden sich die betroffenen Unternehmen bei der Arbeitsagentur und zeigen Kurzarbeit für ihre Mitarbeiter an. Ob und in welcher Größenordnung dann tatsächlich Kurzarbeitergeld in Anspruch genommen wird, das ergibt sich erst nach dem Ablauf des abgerechneten Monats, erklärt Radloff in diesem Zusammenhang die Zählweise. „Für eine Betrachtung der aktuellen März-Zahlen ist es daher zum jetzigen Zeitpunkt noch zu früh“, so der Vorstandsvorsitzende bei der Präsentation am Dienstagvormittag. Schwerpunkt der Arbeitsagentur: Telefonische Beratung: Der Schwerpunkt der Arbeitsagentur liegt daher aktuell in der telefonischen Beratung von Rügener Arbeitgebern, die wegen Arbeitsausfällen Kurzarbeit anzeigen müssen. „Kurzarbeit ist eine gute Variante, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden“, so Radloff. „Schon in der Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009 konnten auf diese Weise viele Betriebe ihr Personal im Unternehmen halten“, blickt der Vorstandsvorsitzende gut zehn Jahre zurück. Zeigt eine Firma Kurzarbeit an, müssen die betroffenen Arbeitnehmer nicht entlassen werden. Diese bleiben weiterhin Beschäftigte der Unternehmen und bekommen für nicht geleistete Arbeitszeiten Kurzarbeitergeld, das den Arbeitgebern, zusammen mit den Sozialversicherungsbeiträgen, von der Arbeitsagentur erstattet wird. Nach der Covid-19-Krise können die betroffenen Arbeitnehmer dann ohne Verzögerung sofort wieder im Unternehmen eingesetzt werden. Keine konkreten Zahlen für März: Wie exakt die Zahlen für den Arbeitsmarkt im März aussehen, konnte am Dienstag nicht detailliert vorgestellt werden. Hintergrund dafür ist der Umstand, dass bei der Interpretation der jüngsten Arbeitsmarktzahlen zu berücksichtigen ist, dass der Stichtag zur Berechnung der aktuellen Arbeitsmarktdaten der 12. März war. Viele Unternehmen befinden sich aufgrund der Corona-Pandemie aktuell in einer wirtschaftlich schwierigen Lage. Lieferengpässe oder angeordnete Schutzmaßnahmen verursachen Arbeitsausfälle. Über die eServices der Arbeitsagentur können Arbeitgeber schnell und von überall aus Kurzarbeit anzeigen. Die Arbeitsagentur wirbt für die Online-Dienste der Arbeitsagentur. Unter www.arbeitsagentur.de/eServices hat man einen schnellen Zugriff auf die Angebote der Agentur. Hierüber können Arbeitgeber einfach und von überall aus Kontakt mit dem Arbeitgeber-Service aufnehmen und bei Bedarf Kurzarbeit anzeigen. Also genau vier Tage, bevor die Ausbreitung von Covid-19 und in dessen Folge die Maßnahmen der Politik die wirtschaftlichen Aktivitäten stark eingeschränkt haben, heißt es zur Erläuterung durch die Bundesagentur für Arbeit. „Diese Zahlen waren einfach zu alt und sind deswegen nicht präsentiert worden “, ergänzt BA-Sprecher Christian Glaser gegenüber der OZ auf Nachfrage. Neben den Anfragen der Unternehmen registriert die Arbeitsagentur nach eigenen Aussagen auch verstärkt Arbeitslosmeldungen von Arbeitnehmerkunden. „Das sind zum einen neue Arbeitslosmeldungen, aber auch Kundinnen und Kunden, die eigentlich im Zeitraum vor Ostern eingestellt werden sollten, nun aber vorerst weiter arbeitslos bleiben werden“, so Dr. Radloff. Sie werden aufgrund der aktuellen Lage vorerst nicht benötigt. Ostergeschäft fällt komplett weg: Besonders die beiden Urlaubsregionen Rügen und die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst im Landkreis Vorpommern-Rügen fallen dabei ins Auge. Beide Regionen sind von den aktuellen Hotelschließungen in besonderem Maße betroffen. Welche Auswirkungen diese Arbeitslosmeldungen auf dem Arbeitsmarkt haben, wird allerdings auch erst im April zu beurteilen sein. Denn vielfach sind Kündigungen von betroffenen Arbeitnehmern erst zum 1. April wirksam, heißt es dazu weiter von den Fachleuten der BA. Eine bittere Erkenntnis hat sich endgültig festgesetzt: Das für die Tourismuswirtschaft im Nordosten so wichtige Ostergeschäft fällt in diesem Jahr komplett weg, so Radloff mit Blick auf die kommenden Wochen. Die erlassenen Maßnahmen der Bundesregierung, in Absprache mit den Bundesländern, sind bis zum 19. April festgelegt. Dann soll eine Neubewertung der aktuellen Lage erfolgen. Das tägliche OZ Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Mecklenburg-Vorpommern täglich gegen 19 Uhr im E-Mail-Postfach Mehr zum Thema: Arbeitslosigkeit in Vorpommern-Rügen wieder unter zehn Prozent In Vorpommern-Rügen jobben mehr Frauen als Männer Stralsunds Mittelständler bündeln Kräfte für die wirtschaftliche Entwicklung Von Robby Günther