„Das ist ja hier wie am Mittelmeer“

Für den Spanien-Urlaub fehlten in diesem Jahr Zeit und Geld. „Aber das macht nichts. Das ist hier ja derzeit fast wie am Mittelmeer“, sagt der Hamburger Bernd Enthaler (30). Mit seiner Freundin Steffi schaut er sich in diesen Tagen die vorpommersche Ostseeküste an. Erst drei Tage Zinnowitz, heute Stralsund und vielleicht noch ein Abstecher nach Rügen. So wie er sind viele Urlauber derzeit hellauf begeistert von den Bedingungen an der Ostsee. Der gute Frühling und der lange warme Sommer haben die Ostsee auf Temperaturen bis zu 24 Grad aufgeheizt. So warm war es zuletzt vor acht Jahren. Das Mittelmeer hat derzeit durchschnittlich 25 Grad. Rekord-Temperaturen für die Ostsee sind bei zuständigen Ämtern nicht eindeutig verzeichnet, da sie sich wegen Strömungslage und Winden sehr unterschiedlich gestalten. Experten wie Uwe Jahn, DLRG-Wachleiter in Prerow, gehen aber davon aus, dass ein Jahr mit 24 bis 25 Grad schon zu den Allzeit-Spitzenwerten zählt. Auf dem Darß werde man die aber so schnell nicht erreichen, schätzt er ein. Vor Kap Arkona (23 Grad) und in Zinnowitz (22 Grad), zum Beispiel ist man aber nah dran. „Noch zwei, drei Wochen Hochsommer dann knacken wir die Rekordwerte“, meint der Zinnowitzer Strandkorbvermieter Mayk Borchardt (48), der die Temperatur-Schwankungen in der Ostsee seit seiner Kindheit beobachtet: „Dass das Wasser mal so warm und gleichzeitig so klar war, daran kann ich mich nicht erinnern“, sagt er. Im Sund vor Stralsund sind es derzeit 24 Grad, DLRG-Rettungsschwimmer Malte Melzer hält bis zu 26 Grad schon bald für möglich. Für die Touristiker kommen die Bedingungen nach schweren Jahren 2011 und 2012 wie gerufen. Der Kurdirektor von Ahrenshoop, Roland Völcker: „Wir freuen uns riesig über das Mittelmeerfeeling.“ Hoteldirektorin Isolde Heinz vom Strandhotel Fischland in Dierhagen beschert das Wetter zurzeit hochzufriedene Urlauber. „Die Gäste sind lange im Wasser und bleiben auch abends lange sitzen. Und wir nutzen das schöne Wetter und legen so viele Veranstaltungen nach draußen, wie möglich.“ Fast alle touristischen Zentren sind derzeit komplett ausgebucht. Für die Natur sind die hohen Temperaturen hingegen nicht immer einfach, wie Jochen Lamp vom WWF-Projektbüro Ostsee Stralsund betont. „Bisher hatten wir Glück mit der Algenblüte, es könnte bald aber Probleme mit Blaualgen geben, wenn kühlende Windbrisen ausbleiben.“ Auch Kurdirektor Völcker ist gewarnt: Bereits jetzt habe der Künstlerort Ahrenshoop mit kleinen Algenteppichen zu kämpfen. Aber insgesamt habe man kaum Probleme. Quallen sind trotz hoher Temperaturen an den vorpommerschen Küsten bisher fast komplett ausgeblieben. Die Tierwelt komme grundsätzlich mit der warmen Ostsee immer noch gut zurecht, sagt Harald Benke, Leiter deutsches Meeresmuseum in Stralsund. „Für unsere heimischen Meeressäuger ist die tropische Wassertemperatur kein Problem. Schweinswale bevorzugen ein eher gemäßigtes Klima, wird es ihnen zu warm, dann bewegen sie sich einfach möglichst wenig.“ Das treffe auch auf die beiden Buckelwale zu, die derzeit in der Ostsee — allerdings nicht vor Mecklenburg-Vorpommern zu Gast sind.“ Manchen Menschen ist es derweil schon zu warm am Strand. Ajona Franke (36), derzeit in Stralsund und Urlauberin aus Berlin: „Wenn die Sonne richtig von oben brennt, könnte es ruhig etwas kälter sein. Aber bei bedecktem Himmel ist es perfekt.“ Bernd Enthaler und Freundin Steffi wünschen sich hingegen weiter Sonne: „Einen Tag haben wir um neun Uhr früh gebadet und sind innerhalb von wenigen Minuten sofort getrocknet. Dazu das Licht und der warme Wind. Ein Traum“, schwärmt der Hamburger. Elisabeth Woldt, Kay Steinke und Alexander Loew

Stralsund/Rügen - „Das ist ja hier wie am Mittelmeer“