Ein stiller Humusbildner des Glücks

Auf den Tag genau vor 65 Jahren wurde er in Rostock geboren und zog 45 Jahre später in Lietzow in sein eigenes Büro. Dort hat er seitdem mit seiner Frau Petra und zwei weiteren Mitarbeiterinnen zahlreiche Grün-Projekte für Gemeinden und andere Bauherren auf der Insel und auf dem Festland entworfen. Zu den bekanntesten dürfte die Sanierung der Binzer Strandpromenade gehören, die 1992 zum ersten großen Auftrag für das neu gegründete Unternehmen wurde. „Damals haben wir in Prora gelebt und gearbeitet“, erinnert sich Evert an den Anfang. Das größte rügensche Ostseebad trägt auch an vielen anderen Orten seine Handschrift, etwa am Dorint-Hotel oder am Kurpark. Unvergessen sind auch die blauen Bäume, tote Ulmen und Linden aus Baabe, die wie eine Natur-Installation am einstigen Gutshaus in Üselitz und auf der Bundesgartenschau in Schwerin gezeigt wurden. Die Lietzower zeichnen unter anderem für die Gestaltung der Baaber Strandstraße, der Seepromenade und des Kurparks verantwortlich — und natürlich für die Sanierung des Rhododendronparks in Graal-Müritz. Die Gestaltung dieses Areals ist praktisch so etwas wie eine Familienaufgabe, denn angelegt wurde der Park zwischen 1955 bis 1962 nach Plänen von Dierk Everts Vater Friedrich Karl. Von dem, meinte Dr. Stefan Neubauer, Leiter des Amtes für Stadtgrün in der Hansestadt Rostock und Laudator auf der gestrigen Festveranstaltung, müsse der Sohn als einziges der vier Kinder den „Gartenbazillus“ mitbekommen haben. Schon als Sechsjähriger zog der spätere Landschaftsarchitekt mit seinem Vater, der in Berlin höhere Gartenbaukunst studiert hatte, bei Vermessungen durch die Büsche. „Ich habe ihm das Messwerkzeug hinterhergetragen“, erinnert sich Dierk Evert an die Zeit, als der „Bazillus“ auf ihn übergesprungen sein muss. Zuvor ist seinem Vater offenbar etwas Ähnliches passiert. Bereits im Dezember 1892 hatte Dierk Everts Großvater Friedrich Evert im heutigen Rostocker Stadtteil Gehlsdorf eine Gärtnerei gegründet. Auf einem Teilbereich dieses väterlichen Betriebes gründete Friedrich Karl Evert 1937 sein eigenes Unternehmen. Das hat unter anderem Grünanlagen im Komponistenviertel, im Hansa-Viertel oder im Wiener Viertel angelegt. Die Beziehung zwischen den Everts und der Hansestadt ist noch immer lebendig. Petra Evert bewirtschaftet dort mit ihrem Gartenbau- und Staudenbetrieb ein Gärtnereigrundstück. Und auch Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling war gestern zum Empfang nach Ralswiek gekommen, um zum Doppeljubiläum zu gratulieren. Dierk Evert sei ein „stiller Humusbildner des Glücks“, zitierte sein Kollege Stefan Neubauer den berühmten deutschen Gärtner und Züchter Karl Förster. Letzterer prägte auch den Satz vom Garten des intelligenten Faulens: „Man muss schon sehr intelligent sein, wenn man im Garten faul sein will.“ Das, sagt Evert, gehe oft mit einfachen Mitteln, etwa durch Bodendecker, die kaum Unkraut gedeihen lassen. Eine Allround-Pflanze für alle Standorte gebe es ebenso wenig wie eine Patentlösung. „Es geht um den Geist des jeweiligen Ortes.“ Den müsse man erkennen und durch die Gartengestaltung hervorheben. Für diese stille Eleganz braucht Dierk Evert keine Unmengen an Blumen und Pflanzen. „Ich arbeite sowieso am liebsten mit den Materialien, die zum jeweiligen Standort gehören“, nennt er eine seiner Grundregeln. Zwischen einem Garten oder einer Grünfläche müsse es eine Wechselbeziehung zur umgebenden Landschaft geben, einen fließenden Übergang und keine übermannshohe Hecke. Doch bei allen ästhetischen Regeln bleibe Gartenbaukunst doch immer eine sehr subjektive Angelegenheit. Um die werden sich die Everts auch in den nächsten Jahren kümmern. Ans Aufhören denkt der Lietzower auch mit 65 Jahren nicht. Und wenn: Mit Sohn Johannes, der in diesem Jahr sein Diplom ablegen will, steht die vierte Generation der Gartengestalter in den Startlöchern. Grüne Wohngebiete 1948 wird Dierk Evert als drittes von insgesamt vier Kindern des Rostocker Gartenbauarchitekten Friedrich Karl Evert geboren. Er macht eine Berufsausbildung zum Gärtner mit Abitur und studiert Landschaftsarchitektur in Berlin und später in Dresden. Nach dem Abschluss arbeitet Evert unter anderem im Büro für Städtebau in Frankfurt/Oder, in der GPG Bernau und später in der GPG Rügen. Die gestaltet beispielsweise die Grünanlagen an vielen Kindergärten und Schulen der Insel, aber auch in den neu entstehenden Wohngebieten Bergen-Süd, Bergen-Rotensee und Rügener Ring in Sassnitz. 1983 kehrt Evert nach einer Dienstreise nach München nicht in die DDR zurück. Erst 1992 zieht er mit seiner Familie wieder auf die Insel. Man muss schon sehr intelligent sein, wenn man im Garten faul sein will.“Karl Förster, Gärtner und Schriftsteller Maik Trettin

Lietzow - Ein stiller Humusbildner des Glücks