„Festspiele sind ein großes Abenteuer“

In der Stallgasse des Reiterhofs in Ralswiek beginnt in den Abendstunden noch einmal geschäftiger Betrieb. Pfleger führen Pferde aus ihren Boxen, zupfen einzelne Heuhalme aus den Mähnen und ziehen die Kardätsche mit Schwung über das Fell der Tiere. Für die abendliche Vorführung der Störtebeker Festspiele muss alles glänzen. Mit einer kleinen Putzkiste in der Hand verschwindet auch der Schauspieler Sebastian Hölz in der Box des Pferdes „Jack Sohn“. „Hufe auskratzen“, bemerkt der 44-Jährige. „Ich putze und sattle mein Pferd gern selbst. Das stärkt nicht nur unser Verhältnis, sondern gibt auch einen gewissen Moment der Ruhe vor der Vorstellung.“ Der Schauspieler, den viele Zuschauern aus TV-Serien wie „Großstadtrevier“ oder „Notruf Hafenkante“ kennen, spielt im diesjährigen Störtebeker Stück „Im Schatten des Todes“ die Rolle des Keno tom Brok. Keno, ein Fürst aus dem friesischen Ort Marienhafe, versucht nicht nur sein Land vor feindlichen Übergriffen zu schützen, sondern auch noch seine geliebte Schwester unter die Haube zu bringen. „Keno ist, was die Hochzeit seiner Schwester betrifft, in einem Zwiespalt“, beschreibt Hölz. „Einerseits möchte er gerne die Position seines Fürstentums mit einer arrangierten Hochzeit stärken. Andererseits will er seine Schwester glücklich sehen. Und wenn die nun mal den Störtebeker liebt... dann steht er ihr auch bei.“ Dieses Verhalten sei sehr sympathisch, findet Hölz, der mit zwei älteren Brüdern aufgewachsen ist. „In einer Familie braucht es Diplomatie, aber auch Zusammenhalt.“ Seine eigenen Eltern legten dem gebürtigen Ravensburger (Baden-Württemberg) keine Steine in den Weg, als für ihn im zarten Alter von zwölf Jahren der Berufswunsch Schauspieler feststand. „Es gibt für mich keinen schöneren Beruf“, stellt der Schauspieler, der seine Ausbildung unter anderem am Mozarteum in Salzburg absolvierte, fest. „Ich kann dabei so viele Rollen und Persönlichkeiten ausprobieren, mal Räuber Hotzenplotz sein, mal ein Burgherr. Das bereitet ja schon Kindern Freude. Die habe ich mir bis heute bewahren können.“ Mit der Rolle des Keno bei den Störtebeker Festspielen betritt Sebastian Hölz Neuland, vorher war er neben seinen zahlreichen Film- und TV-Projekten unter anderem am Staatstheater Nürnberg und am Landestheater Linz beschäftigt. „Das ist mein erstes Stück auf einer Freilichtbühne – und es ist großartig. Die Geschichte ist gut, ich darf Reiten, es wird gekämpft und gesungen, Explosionen knallen, wir haben wundervolle Kostüme – und das alles vor 8000 Zuschauern“ erzählt er. „Für Schauspieler sind die Festspiele ein Traum. Ein überlebensgroßer Abenteuerspielplatz.“ Das Theaterspielen an der frischen Luft bei Wind und Wetter sei ihm persönlich lieber als Aufnahmen im sterilen TV-Studio. „Wobei der Sand auf der Bühne einiges an Fitness erfordert, wie ich feststellen musste“, erzählt er. „Gerade wenn es regnet und die Kostüme nass werden, ist so ein Auftritt harte Arbeit.“ Doch Hölz ist sportlich, joggt morgens gerne ein Stündchen oder fährt mit dem Rad von seiner Ralswieker Unterkunft aus in die Umgebung. „Ich verstehe gar nicht, warum viele Menschen auf Rügen unbedingt nur ans Meer wollen“, sagt er „Am Bodden ist es doch auch schön und nicht so voll, manchmal bin ich dort ganz allein.“ Und dann wartet da auch noch ein ganz anderes Projekt auf seinen Besuch an den spielfreien Sonntagen der Saison. Vor einigen Jahren hat sich Hölz bei Ueckermünde ein Häuschen gekauft. Früher oder später will er dahin umsiedeln. „Ich bin durch die Schauspielerei so oft umgezogen, so viel umhergereist“, erzählt er. „Dort am Stettiner Haff möchte ich endlich ankommen. Ich bin auf dem Land aufgewachsen und liebe die Natur und die Ruhe.“ Derzeit habe er seinen Lebensmittelpunkt in Berlin.„Aber so richtig zuhause fühle ich mich in Neukölln nicht“, überlegt er. Sein Gesicht hellt sich merklich auf, als er über die nächsten Vorhaben im Garten und im Haus am Haff sprechen kann. „Stangenbohnen sind meine neueste Leidenschaft. Die sind auch pflegeleicht und robust, das ist extrem wichtig“, sagt er. „Und bis zum Herbst will ich einen Ofen eingebaut haben.“ Sebastian Hölz wurde am 2. November 1972 in Ravensburg geboren. Seine Ausbildung erfolgte 1994–1998 am Mozarteum Salzburg. Auf der Bühne konnte man ihn unter anderem in der Rolle des Eilif in der Mutter Courage am Staatstheater Nürnberg sehen, dem TV- Publikum ist er durch die Serien Großstadtrevier, Gute Zeiten, schlechte Zeiten und Notruf Hafenkante ein Begriff. Außerdem ist seine Stimme in Zahlreichen Werbespots zu hören. Sebastian Hölz lebt in Berlin und Ueckermünde und ist Vater eines Sohnes. Mehr Infos auf: www.sebastianhoelz.de Anne Ziebarth

Ralswiek - „Festspiele sind ein großes Abenteuer“