Geflügelpest auf Rügen: 16 000 Puten müssen getötet werden

Nachdem am Wochenende der Ausbruch der Geflügelpest vom Typ H5N8 in einer privaten Tierhaltung festgestellt worden war, ist nun auch der erste gewerbliche Landwirtschaftsbetrieb im Landkreis Vorpommern-Rügen betroffen. In der Putenmastanlage des Rügener Landhandels in Rothenkirchen werden derzeit 16 100 Tiere gemästet. „Aufgrund des Ausbruchs der Geflügelpest muss der Putenbestand beräumt und anschließend gründlich gereinigt und desinfiziert werden“, heißt es aus dem Veterinäramt des Landkreises. Handelte es sich im Götemitzer Fall noch um „nur“ 200 Tiere, liegt der aktuelle Fall um Größenordnungen darüber. „Wir haben das gleiche Drehbuch, aber eine neue Situation“, sagt Markus Zimmermann, der beim Landkreis für Ordnungsangelegenheiten verantwortlich ist. „Wildvögel sind hoch betroffen“: Die Frage, wie das Virus in das geschlossene System geraten konnte, bleibt offen. „Wenn wir das wüssten“, sagt Amtsveterinär Bernd Nostitz. Seit Ende Oktober wurde bei 23 Wildvögeln auf der Insel Rügen der Erreger der Geflügelpest nachgewiesen. Hierbei wurden Geflügelpesterreger der Subtypen H5N5, H5N8 und H5N1 festgestellt. Am 10. und 12. November musste in zwei Hausgeflügelbeständen in Zingst und Götemitz der Ausbruch der Geflügelpest amtlich festgestellt werden. In beiden Fällen waren mit großer Wahrscheinlichkeit Wildvögel die Überträger der Krankheit. „Wildvögel sind hoch betroffen“, so Nostitz. Die Tiere scheiden den Erreger mit ihrem Kot aus oder stecken Hausgeflügel an, wenn sie die gleiche Nahrung aufnehmen. Das Friedrich-Loeffler-Institut (LFI) habe bereits im frühen Herbst davor gewarnt, dass aktuell viele Viren unterwegs seien, meint Nostitz. Laut dem LFI gibt es keinen Hinweis auf ein Infektionsrisiko für den Menschen. „Mit den für den Menschen gefährlichen H5N1-Viren, die in den Jahren 2006/2007 auch in Europa auftraten, sind die aktuellen H5-Viren nur weitläufig verwandt“, teilt das Institut mit. 6842 Tierhalter zeigten im Landkreis Vorpommern-Rügen eine Geflügelhaltung beim Veterinäramt an. Insgesamt werden mindestens 2 397 780 Vögel gehalten. In 38 Ställen werden mehr als tausend Tiere gehalten. Auf Rügen wurden bisher ein Sperrbezirk mit einem Radius von drei Kilometern und ein Beobachtungsgebiet von zehn Kilometern um die betroffenen Gebiete eingerichtet. Noch nicht gemeldete Bestände sind dem Landkreis umgehend unter der Telefonnummer 03831-357-2222 anzuzeigen. Sperrgebiet wurde vergrößert: Die Puten von Rothenkirchen lebten in zwei Stallanlagen, die jedoch durch dieselben Personen bewirtschaftet wurden. „Deswegen gehen wir davon aus, dass auch beide Bestände betroffen sind“, so Nostitz. Daher müssten nun alle 16 100 Tiere eingeschläfert und entsorgt werden. Die Kadaver werden im Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems untersucht. Per Allgemeinverfügung richtete Landrat Stefan Kerth um die betroffenen Regionen einen Sperrbezirk mit einem Radius von drei Kilometern (Ortsteile der Gemeinden Rambin, Samtens Gustow, Poseritz und Altefähr) und ein Beobachtungsgebiet von zehn Kilometern (Ortsteile der Gemeinden Dreschvitz, Ummanz, Sehlen, Garz und Putbus) ein. Im Sperrbezirk dürfen Tiertransporte nur noch mit Sondergenehmigungen durch das Veterinäramt durchgeführt werden. Hunde und Katzen dürfen dort nicht frei umherlaufen, die Zufahrten zum betreffenden Gebiet sind gesperrt. „Es wird aus seuchenhygienischen Gründen dringend davon abgeraten, die Anlage ohne entsprechende Genehmigung aufzusuchen“, so die Veterinäre. Zudem ist in einem Umkreis von 800 Metern um die Putenmastanlage der Einsatz von Drohnen per Verordnung verboten. Geflügelbestände sind anzeigepflichtig: Der Betrieb erhält eine Entschädigung aus der Tierseuchenkasse des Landes, die auch die Kosten der Tötung und Entsorgung der Tiere sowie die Desinfektion der Ställe übernimmt. Aufgrund der derzeitigen Situation sind die Geflügelhalter des Landkreises aufgefordert, die Aufstallungspflicht einzuhalten. Der beste Schutz vor der Geflügelpest sei es, den Kontakt des Geflügels zu Wildvögeln und deren Ausscheidungen zu verhindern. Zudem sollten sich Tierhalter umgehend beim zuständigen Veterinäramt melden, wenn in dem Tierbestand ungewöhnlich viele kranke oder verendete Vögel festgestellt werden. Das war im Fall der drei bisherigen Ausbruchsbetriebe auch geschehen. Lesen Sie auch: Geflügelpest in Neubukow: Hunderte Hühner und Enten werden getötet Geflügelpest in Nordwestmecklenburg: Labor weist Virus in krankem Schwan nach Vorpommern-Rügen: Maßnahmen des Landkreises gegen Geflügelpest Für die Haltung von Hühnern, Enten, Gänsen, Fasanen, Perl- und Rebhühnern, Tauben, Puten, Wachteln oder Laufvögeln besteht beim zuständigen Veterinäramt eine Anzeigepflicht. Zusätzlich ist die Haltung dieser Tierarten bei der Tierseuchenkasse MV anzuzeigen. Da Tierseuchenkasse und Veterinärämter die Daten nicht miteinander austauschen, müssen immer beide Einrichtungen über den Beginn, wesentliche Änderungen oder die Aufgabe der Tierhaltung informiert werden. Noch nicht gemeldete Bestände sind dem Landkreis unter Telefon 03831-357-2222 und der Tierseuchenkasse unter Telefon 0395-380-19994 anzuzeigen. Von Uwe Driest