„Ich war nie ein Romeo, sondern eher der kaputte Typ“

Ralswiek — Schauspieler, diplomierter Landwirt, Hundetrainer, ehemaliger Synchronsprecher und erste männliche Sprechstundenhilfe beim Radiologen — Thomas Linke. Vieles hat der Tausendsassa ausprobiert und schließlich als Schauspieler seine Erfüllung gefunden. Seit sechs Jahren steht er auf der Naturbühne in Ralswiek. Dass Thomas Linke zu Störtebekers Gefolge gehört, hat er den Eltern seiner heutigen Frau Ricarda zu verdanken. „Meine Schwiegereltern sind große Fans der Störtebeker-Festspiele und haben gesagt, bewirb dich da doch mal. Das habe ich im Januar 2009 getan, aber da war die Besetzung für die Saison durch“, erinnert sich der 49-Jährige. Ein Zufall brachte ihm doch noch eine Rolle ein. „Ich drehte damals mit Sascha Gluth eine Dokumentation für den MDR und habe ihm auf der Rückfahrt nach Berlin erzählt, dass ich mich in Ralswiek beworben habe“, erzählt Linke. Bei einem Telefonat mit Intendant Peter Hick habe dieser ein gutes Wort für ihn eingelegt. „Ich bin zum Vorreiten eingeladen worden, da passte alles, und seitdem bin ich hier und spiele jeden Sommer.“ Inzwischen steht auch seine zwölfjährige Tochter mit ihm auf der Bühne. „Amara macht hier Ferien. Sie besucht mich seit sechs Jahren und seit 2013 spielt sie mit. Für uns ist das sehr schön und nebenbei kann sie noch ihr Taschengeld aufbessern“, sagt der Schauspieler, der immer gern nach Ralswiek kommt. „Ich freue mich, das ist natürlich ‘ne Riesenkiste hier und ein guter Ausgleich zum Kriminaltheater in Berlin.“ Dort mimt Linke als Dauergast seit acht Jahren verschiedene Rollen, vorwiegend die des Bösen. „Es gibt einige Ausnahmen, aber ich werde dort gerne als Mörder besetzt“, verrät er mit einem Lächeln. Ähnlich war es auch beim Piratenspektakel: „Ich war zuerst auf der dunklen Seite beschäftigt, meist als rechte Hand von Störtis Gegenspieler. 2012 bin ich als einer der Bösen zu den Piraten gekommen und seitdem bin ich Bootsmann auf der guten Seite.“ Warum das so ist, kann er nicht sagen. „Ich bin nie ein Romeo gewesen, das hat mir schon mein Schauspiellehrer gesagt. Der meinte, du wirst immer die Hackfresse sein, oder der kaputte Typ. Dabei bin ich eigentlich ein netter und fröhlicher Kerl“, sagt Linke lächelnd. „Aber meist sind das die viel interessanteren Rollen.“ Eine weitere Rolle schrieb ihm das Leben im vergangenen Jahr auf den Leib — die des Ehemannes. „Letztes Jahr in der Spielzeit habe ich meine Frau hier auf der Insel geheiratet“, sagt Linke. Einen Antrag auf der Bühne habe es jedoch nicht gegeben. „Das machen nur Hauptdarsteller“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Zudem sei er bei seiner Angebeteten zuvor bereits einmal abgeblitzt. „Ich hatte ein Nachthemd an und keine Blumen zur Hand, da habe ich einfach ein Basilikumtöpfchen genommen“, erinnert sich Linke lachend. Im vergangenen Jahr habe er mehr Erfolg gehabt. „Ich wollte sie am Meer heiraten, aber weil am Kap Arkona alles ausgebucht war, haben wir auf der MS Nordwind in Sassnitz geheiratet“, sagt der Sachse, der in Bautzen geboren wurde. „Trotzdem bin ich eher ein nordischer Typ.“ Zunächst habe er in Schwerin Landwirtschaft studiert und danach ein Schauspielstudium in Hamburg absolviert. „Um das Studium zu finanzieren, habe ich vom Beleuchter bis zum Kulissenschieber alles durchlaufen. Ich war sogar die erste männliche Sprechstundenhilfe bei einem Radiologen“, erinnert sich Linke an seine Anfänge. Auch sonst ist der Bautzener sehr vielseitig. Mit verschiedenen Autoren geht er immer wieder auf Lesereise, so wie im Oktober mit Mark Billingham. „Mir ist Sprache sehr wichtig und ich versuche beim Lesen die Figuren zum Leben zu erwecken“, sagt er. „Es macht Spaß, mit den Autoren unterwegs zu sein. Alle haben ihre eigene Geschichte. Sam Miller saß beispielsweise nach einem schweren Raub im Knast und wir haben darüber gewitzelt, wo das Geld ist.“ Auch eine Ausbildung zum Hundetrainer hat er absolviert. „Selbst hier auf der Insel kommen Kollegen manchmal zu mir und fragen mich, ob ich mir ihren Hund anschauen kann“, sagt der Experte für Vierbeiner. „Vielseitig muss man in dem Beruf schon sein, sonst haut es nicht hin. Ich habe viel ausprobiert und war lange auf der Suche, aber Schauspieler ist der Beruf, den ich liebe.“ Auch privat ist Thomas Linke angekommen und hat sich mit Ehefrau Ricarda bei Oranienburg sein Traumhaus gebaut — ein Holzhaus mitten im Wald, bei dem er eine weitere Leidenschaft entdeckt hat: „Ich habe alles selbst mit aufgebaut, das war mir wichtig. Heute bin ich entweder im Theater oder man findet mich in Arbeitsklamotten auf meinem Grundstück.“ Störtebeker-Serie Hinter den Kulissen Halbes Dutzend voll 6 Festspiel-Saisons hat Schauspieler Thomas Linke nach der diesjährigen Störtebeker-Saison insgesamt bestritten. Danach steht er wieder am Berliner Kriminaltheater unter anderem in dem Stück „Die zwölf Geschworenen“ auf der Bühne. Im Oktober startet seine Lesereise mit dem englischen Krimiautoren Mark Billingham, bei der Linke unter anderem beim Braunschweiger Krimifestival aus dem Werk „Die Lügen der anderen“ vorlesen wird. Stefanie Büssing

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