Kaufmannsladen wird zum Kindergarten

Ein paar leergeräumte Regale stehen im ehemaligen Verkaufsraum, als hätte sie jemand vergessen. Ansonsten erinnert kaum noch etwas daran, dass die große Fläche im Erdgeschoss der beiden Häuser an der Bergener Marktstraße lange Zeit ein Lebensmittelladen war. Im Dezember vergangenen Jahres endete dieses Einzelhandels-Kapitel, als der Inhaber Frank Lebahn das Geschäft schließen musste. Jetzt werden die Räume umgebaut und stehen vor einer Neueröffnung – als Kindergarten. Die Idee ist gar nicht so neu, sagt Lebahn. Angesichts der immer weiteren Abwanderung von Kaufkraft aus der Innenstadt und dem gleichzeitigen Zuwachs von Verkaufsfläche an der Peripherie sei die negative Entwicklung für den Einzelhandel ja schon seit geraumer Zeit absehbar gewesen. „Aus dem Laden mal irgendwann einen Kindergarten zu machen, war immer der Plan B.“ Den setzt der Bergener jetzt gemeinsam mit einem Verein um. „Das Regenbogenhaus“ betreibt schon zwei Einrichtungen zur Kinderbetreuung in Bergen. Nach dem Standort an der Gadmunstraße und am Stedarer Weg soll an der Marktstraße 12 das dritte „Regenbogenhaus“ entstehen. Wie das mal aussehen wird, davon hat die Vorstandsvorsitzende des Trägervereins, Martina Siebeneicher, ganz konkrete Vorstellungen. „Hier“, sagt sie und zeigt auf den Eingangsbereich, in dem früher die Blumen präsentiert und Mittagessen angeboten wurde, „das wird unser Kreativraum.“ Noch braucht man auf der Baustelle viel Fantasie, um sich Kinder in dem leeren Ladenlokal vorzustellen. Martina Siebeneicher ist da viel weiter und hat gedanklich schon alles eingerichtet: völlig neue und kindgerechte Sanitärräume dort, eine kleine Küche hier. Und viel Platz zum Spielen und Lernen. „ Wir unterteilen diesen Bereich in zwei Gruppenräume“, erklärt sie die geplante Nutzung des früheren Ladens. Licht bekommen die Räume nicht nur durch die großen Schaufenster, die zur Marktstraße zeigen. „Es werden auch neue, große Fenster in den hinteren Bereich zum Hof eingebaut“, hat sie mit dem Eigentümer und früheren Ladenbetreiber besprochen. Der Hof dürfte nicht nur der Lieblingsplatz von Martina Siebeneicher werden. „Das ist doch ideal für Kinder!“, sagt die Vorstandsvorsitzende, nachdem sie auf der Rückseite des Hauses auf die überdachte Freifläche getreten ist. Das Grundstück ist Teil der Hängenden Gärten, die sich terrassenförmig zwischen Markt- und Schützenstraße erstrecken. Kinder könnten hier wunderbar kraxeln und die Natur erobern, sagt die Betreiberin. Es entsteht ein „Kindergarten“ im wahrsten Sinne des Wortes: Die Jungen und Mädchen sollen auf jeder der Geländestufen andere Spielmöglichkeiten vorfinden. Damit beim Toben keiner herunterpurzelt, werden die einzelnen Ebenen gesichert. Zusätzlich hat der Trägerverein noch eine benachbarte Wiese gepachtet, auf der die Kleinen ihrem Bewegungsdrang freien Lauf lassen können. Das dritte „Regenbogenhaus“ in Bergen wird eines nur für Kindergartenkinder. „Mit dem neuen Standort werden wir die Strukturen etwas verändern“, sagt Siebeneicher. Während an der Gadmundstraße derzeit noch 24 Krippen- und zwölf Kindergartenkinder betreut werden, soll die Einrichtung künftig eine reine Krippe mit einer Kapazität von 36 Plätzen sein. Für ebenso viele Mädchen und Jungen ist in dem zweiten Regenbogenhaus am Stedarer Weg Platz. Das ist und bleibt ein reiner Kindergarten, genauso wie die geplante Einrichtung an der Marktstraße 12, die maximal 30 Kindern Platz bietet. Die Kapazität wird vermutlich schon zur Eröffnung, die für das Ende des Sommers angekündigt ist, ausgeschöpft sein. „Wir haben bereits jede Menge Anmeldungen und nur noch eine Handvoll Plätze frei“, sagt Martina Siebeneicher. „Der Bedarf ist auf jeden Fall vorhanden“, weiß auch Bergens Bürgermeisterin Anja Ratzke. Er werde in den kommenden Jahren möglicherweise noch größer, weil einige der Bergener Tagesmütter aufhören. Insofern sei sie sehr froh über die Initiative des Trägervereins, auch wenn es schade um das nicht mehr vorhandene Geschäft sei. „Das Gute ist aber, dass ein Leerstand vermieden wird und gleichzeitig neue Kindergartenplätze entstehen.“ Das sei angesichts des Personalproblems vieler Kindertagesstätten nicht selbstverständlich. Beim Regenbogenhaus hat man die Herausforderung gemeistert: „Wir werden das Kollektiv um fünf Kollegen verstärken“, sagt Martina Siebeneicher. Einige der neuen Erzieher kommen ganz frisch von der Fachschule. Maik Trettin

Bergen - Kaufmannsladen wird zum Kindergarten