Landleben wird bunter mit Clownsprojekt

Manchmal bringt der Zufall geniale Ideen zustande. So erging es Holger Henze, Geschäftsführer des Insel-Vereins, als er im vergangenen Sommer bei einer Lesung im Veranstaltungssaal des Vereins in Saalkow das Ehepaar Steineke kennenlernte. Die beiden Bremer — er früherer Kunstprofessor, sie Kostümbildnerin und Bilderbuchillustratorin — wohnen im Gustower Ortsteil Prosnitz und beschäftigen sich auch im Ruhestand mit Kunstprojekten. „Da hat es gefunkt“, erinnert sich Henze. Neben dem Interesse für Kunst gab es zwei andere Gemeinsamkeiten zwischen den drei Kreativen: „Derselbe Blick auf Menschen mit Behinderungen, nämlich als gleichberechtigte Partner, schließlich die Liebe zur ländlichen Region.“ Nur wenige Wochen hat es gedauert und ein Clownsprojekt war konzipiert, bestehend aus verschiedenen Komplexen, deren Namen alleine schon neugierig machen. „Clownerien und Narreteien“, „Wie kommt der Hut auf die Sternenspitze“ und „Café oh je“ umrahmen einen zweiwöchigen Workshop, an dem Menschen mit und ohne Behinderung teilnehmen. Trainingsteam ist das Schweizer Paar Olga und Pierino, sie Tänzerin, er Clown. Beide sind auf Rügen keine unbeschriebenen Blätter: Mit ihrer Revue im Putbusser Theater haben sie sich vor zwei Jahren die Herzen der Zuschauer erobert. Der bunte Reigen clownesker, närrischer und auf jeden Fall bunter Veranstaltungen startet heute mit der Eröffnung der Ausstellung „Clownerien & Narreteien“, mit 44 Werken der Künstlerin Gustava Tölken, einer Tante von Peter Steineke. Er hat nach ihrem Tod 1983 ihren Nachlass geerbt — Ölgemälde, Aquarelle, Handzeichnungen, Lithografien und Holzschnitte — und die Arbeiten thematisch geordnet. Als Verfolgte des Nazi-Regimes, so erklärt ihr Neffe heute, habe die 1891 geborene, in Berlin und Paris lebende Künstlerin die Welt oft als Groteske gesehen. „Der Narr und die Gesellschaft auf dem Narrenschiff wurden für ihre Kunst zum wichtigen Thema“, sagt Steineke. Die Schau ist bis zum 11. August in Saalkow zu sehen und wird am 18. August von „Wie kommt der Hut auf die Sternenspitze“ abgelöst, Arbeiten von Inge Steineke. Die ehemalige Kunsterzieherin entwirft heute Kostüme für Pierino und Olga und liebt das Zusammenspiel von Farben und Formen. Eine Kostprobe ihrer gezeichneten oder aquarellierten Entwürfe, aber auch fertige Kostüme, sind in der Ausstellung zu sehen. Letztlich führt diese Schau auf den Workshop hin, auf Pierino und Olga, die dann intensiv mit behinderten Menschen aus den Insel-Werkstätten und mit Kindern der Gustower Kindertagesstätte Spielhaus und deren Eltern Kunststücke und Stepptanz einstudieren. Aufgeführt wird das Erlernte am 20. September. Krönender Schlusspunkt des Projekts am 22. September ist „Café oh je“: Ein raffiniertes Vier-Gänge-Menü von Sternekoch Dirk Scheithauer, „umspielt“ von Olga und Pierino. Saalkow und die Kulturinsel Eine neue „Abteilung“ des Insel-Vereins ist die „Kulturinsel“, die überwiegend im wunderschön sanierten Veranstaltungssaal in Saalkow beheimatet ist. Die kulturellen Angebote reichen von Lesungen über Ausstellungen bis hin zu Filmvorführungen. Das Motto lautet: Für die Region, mit der Region. „Wir sind ein Ort, wo sich Menschen mit und ohne Behinderungen treffen und eine gemeinsame Plattform haben“, erklärt Ulrike Apitzsch-Schöttke. Lena Roosen

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