Lohmer will Masten von Rügen-Radio retten

Gesundbrunnen kontra Denkmalschutz? Gerade erst haben die Lohmer Gemeindevertreter ein Mega-Projekt auf den Weg gebracht. Für ein Gesundheitszentrum mit 600 Betten auf dem ehemaligen Rügen-Radio-Gelände im Dorf soll ein Bebauungsplan aufgestellt werden, haben sie beschlossen. Jetzt könnte ein Antrag möglicherweise zum sprichwörtlichen Sand im Getriebe für das Vorhaben werden. Gestellt hat ihn der Lohmer Dietrich Meyer. Er will die Sendemasten von Rügen-Radio retten und hat bei der Denkmalschutzbehörde des Landkreises beantragt, die Türme als technisches Denkmal auszuweisen und damit unter Schutz zu stellen. „Diese Sendetürme von Rügen-Radio sind in den letzten 80 Jahren ein Wahrzeichen von Lohme geworden“, sagt Dietrich Meyer. Ob Einheimische oder Gäste, die aus allen Teilen Deutschlands und darüber hinaus nach Rügen kommen — alle bringen Lohme mit diesen bis zu 52 Meter hohen Türmen in Verbindung. „Lohme ist gleich Rügen-Radio, assoziieren alle. Dieses Alleinstellungsmerkmal darf nicht verloren gehen“, begründet der 79-Jährige, studierter Ingenieur für Funktechnik im Ruhestand, seinen Antrag. Der beziehe sich nicht nur darauf, die Zeitzeugnisse, die für den Einzug des technischen Fortschritts in Lohme und für den zivilen Seefunkdienst der DDR stehen, zu erhalten, erläutert Dietrich Meyer. Statt weitere Flächen — und das im großen Stil — in einer Gemeinde zu versiegeln, die sich gern als Tor zum Nationalpark Jasmund bezeichnet und mit intakter Natur wirbt, kann mit der Ausweisung der Türme als technisches Denkmal zugleich dem Natur- und Umweltschutz Rechnung getragen werden, nimmt er Bezug auf besagtes 600-Betten-Projekt und betont: „Der Antrag trägt zwar meinen Namen. Aber dahinter stehe ich längst nicht allein. So denken viele Lohmer.“ Bürgermeister Matthias Ogilvie (CDU) gehört nicht dazu. Im Gegenteil. „Das ist Verhinderung“, kommentiert er den Antrag. Dahinter steckt für ihn nicht der Einsatz für den Denkmalschutz: „Dann hätte dieser Antrag auch schon vor 25 Jahren gestellt werden können.“ Mit dem wird für das Gemeindeoberhaupt „die Zukunft der Kommune“ torpediert. Lohme will auf den Gesundheitstourismus setzen. Dabei soll das Rügen-Radio-Gelände zum Lohmer „Gesundbrunnen“ avancieren. Privatinvestoren wollen auf dem mehr als 20 Hektar großen Areal ein Gesundheitszentrum mit 120-Zimmer-Hotel und Wellnesstempel errichten. Ferien- und Wohnhäuser, exklusive Villen in einem angelegten Kurpark — summasummarum 600 Betten — sollen entstehen. Die Telekom will als Eigentümer des Geländes den Weg dafür ebnen. Sie plant nicht nur den Abriss der vier Sendemasten und als Ersatz dafür den Neubau eines modernen Funkturms. Sie will das Rügen-Radio-Gelände auch kostengünstig für das Projekt zur Verfügung stellen (die OZ berichtete). Während Matthias Ogilvie das Vorhaben als Zeichen dafür wertet, „dass die Gemeindevertretung und der überwiegende Teil der Einwohner das Heft selbst in die Hand nehmen, statt abzuwarten, bis sich die Kommune selbst abschafft, weil sie bei anhaltendem Wegzug gezwungen wird, sich mit einer anderen zusammenzuschließen“, meldet Karin Breitenfeldt Bedenken an. „Ich habe das Gefühl, dass Leute es nicht ertragen können, wenn sie noch ein Stück intaktes Grün sehen. Alles muss zugebaut werden“, moniert die Lohmerin. „Das Projekt ist für Lohme viel zu groß.“ Die Sendemasten von Rügen-Radio werden indes ein Fall für die Denkmalschutzbehörde. Renate Jährling, Referentin des Landrates Vorpommern-Rügen, bestätigt den Eingang des Antrags von Dietrich Meyer. „Jetzt folgt das formale Antragsverfahren“, erläutert sie, das die Denkmalschutzbehörde des Kreises den Antrag bereits an die Landesbehörde weitergeleitet hat. Experten vom Landesamt für Kultur und Denkmalpflege werden sich mit den Lohmer Sendemasten befassen. „Sie erstellen ein Denkmal-Wertgutachten. Auf deren Grundlage wird dann eine Entscheidung gefällt, ob die Sendemasten den Prämissen eines technischen Denkmals entsprechen und unter Schutz gestellt werden oder nicht“, erklärt Jährling die weitere Verfahrensweise. „Wir werden jetzt nicht nur dem Sprichwort ,Abwarten und Tee trinken‘ folgen“, kündigt Dietrich Meyer an. Der Antrag soll jetzt öffentlich gemacht werden. „Wir werden ihn auslegen und Unterschriften sammeln.“ Die „Himmelsstürmer“ von Lohme 4 von ehemals acht Sendemasten stehen noch auf dem Gelände der ehemaligen Küstenfunkstelle Rügen-Radio in Lohme, die 1932 in Glowe und Lohme eingerichtet und 1998 abgeschaltet wurde. Die Telekom plant den Abriss der verbliebenen vier zwischen 48 und 52 Meter hohen Gittermasten. Als Ersatz will sie einen neuen Funkturm bauen. 400 Gästebetten sind es nach Angaben von Jan Möller, Vorsitzender des Tourismusvereins Lohme, etwa, die in der Gemeinde aktuell angeboten werden. 600 Betten sollen auf dem ehemaligen Rügen-Radio-Gelände geschaffen werden. Auf dem 23,5 Hektar großen Areal ist ein Gesundheitszentrum geplant. Udo Burwitz

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