Milchbauer Julius Edlefsen: Öko scheitert am Pachtwucher

Schluss mit der Reglementierung: Nach mehr als 30 Jahren verabschiedet sich Europa morgen von der Milchquote. Auch für Rügens Milchbauern beginnt am 1. April eine neue Ära. Sie können so viel Milch produzieren, wie sie wollen. Doch: Milch im Überfluss birgt auch die Gefahr des Preisverfalls. Wie wollen die Landwirte auf der Insel die neue Ära meistern? Milchbauer Julius Edlefsen hat einen Weg für sich entdeckt: „Öko wäre eine Alternative.“ Julius Edlefsen sieht seine Chance im Wechsel von konventioneller zur ökologischen Milchproduktion. Aber auch Barrieren: „So lange so ein Preiswucher für den Boden auf Rügen betrieben wird, ist diese Umstellung kaum machbar“, übt er harsche Kritik. Julius Edlefsen hält 270 Milchkühe in seinem Landwirtschaftsbetrieb in Alt-Lanschvitz. Und kann seine „Schallmauer“ im Schlaf aufsagen: Zwei Millionen Liter. So viel Milch darf er im Jahr produzieren. Doch diese Schallmauer durchbricht er „mit etwa zehn Prozent.“ Julius Edlefsen liefert in der Molkerei Bergen mehr Milch ab, als er darf. Er überschreitet seine gekaufte Quote. Und kennt die Folgen des Quotendiktats nur zu gut: „Dafür, dass ich zu viel Milch abliefere, muss ich Strafe zahlen“, sagt er. Das „Strafmandat“ für 2014 erwartet der Landwirt im August, hofft aber heute schon , dass er nicht 15 oder gar 20, sondern nur acht bis zehn Cent pro zuviel abgelieferten Liter Milch zahlen muss. „Superabgabe“ heißt diese Strafe. Übermorgen ist sie Geschichte. Das freut Julius Edlefsen, der sich auf das Ende der Reglementierung gut vorbereitet hat. „Wir haben viel investiert“, zählt er auf: In einen neuen Stall, einen 30000 Liter Kühltank für die Milch, in Iglu-Hütten für die Kälber, neue Traktoren und andere Maschinen. „Wer nicht mit der Zeit geht, geht unter“, sagt er. „Andererseits sind das enorm hohe Ausgaben, die drücken.“ Um diesem Druck zu begegnen, sieht Edlefsen zwei Möglichkeiten. Mehr Milch. „ Ein Aufstocken des Tierbestandes auf etwa 350 Milchkühe schließe ich nicht aus“, sagt er. Hält aber dagegen: „Wenn die Quote fällt, die Produktion steigt, kann Preisverfall drohen.“ Dass der Markt ab April mit Milch überschwemmt wird, damit rechnet der Alt-Lanschvitzer allerdings nicht. „Denn weltweit ist Milch gefragt, weil die Bevölkerung rasant wächst.“ Doch der Preis bleibe ein großer Unsicherheitsfaktor. „Selbst zu Quotenzeiten mussten wir ständig enorme Preisschwankungen hinnehmen“, so der 63-Jährige. Zurzeit bekommt er 28 Cent für den Liter, weit mehr als 30 Cent waren es im vergangenen Jahr. „Der Preis bei Öko-Milch ist dagegen stabil und liegt bei 44 Cent“, begründet Julius Edlefsen, warum er eine Chance für sich im Wechsel zum Öko-Milchbauern sieht. Obendrein sei Öko-Milch in Molkereien sehr gefragt. Nicht zuletzt unterstützt die EU die Umstellung von konventioneller auf ökologische Milchproduktion. Sie zahlt eine sogenannte Umstellungsbeihilfe — und hat die neu geregelt. „Bislang gab es 150 Euro pro Hektar im Jahr, jetzt soll auf 260 Euro für die ersten beiden Umstellungsjahre aufgestockt werden“, hat sich der Alt-Lanschvitzer Milchbauer schlau gemacht. „Dafür brauche ich aber mehr Land. Genau da liegt der Haken.“ Laut EU-Vorschrift muss ein konventioneller Milchviehbetrieb einen Hektar für zwei Kühe vorhalten, bei ökologischer Produktion die gleiche Fläche für ein Tier. Rund 400 Hektar bewirtschaftet das Landwirtschaftsunternehmen in dem Putbusser Ortsteil zurzeit. Das würde bei einer Öko-Umstellung für den aktuellen Tierbestand reichen. Doch für 140 Hektar gepachteter Fläche laufen die Verträge in den nächsten zwei bis drei Jahren aus, sagt Julius Edlefsen. Bei der Neuvergabe sieht er sich fast chancenlos. „Die Pachtpreise, die auf Rügen verlangt werden, sind für mich fast sittenwidrig.“ Die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) setzte Mindestgebote schon bei über 700 Euro pro Hektar für die Pacht an. „Erzielt werden auf Rügen Preise zwischen 800 und 1300 Euro.“ Mehr als das Doppelte wie auf dem Festland. Das liege mit daran, dass auf der Insel auch ein ganz Großer mit- und alle überbiete. „Da kann ich mir Öko gleich aus dem Kopf schlagen“, schlussfolgert Edlefsen. Immer weniger Milchkühe auf Rügen 40,9 Millionen Kilogramm Milch dürfen Rügens Milchbauern laut vorgegebener und für alle Betriebe addierter Quote im Jahr produzieren. Laut Statistik konsumiert jeder Deutsche im Jahr etwas mehr als 90 Kilo allein an Frischmilcherzeugnissen. Rein rechnerisch decken Rügens Milchbauern somit den Konsum von rund einer halben Million Menschen. 5100 Milchkühe sind es etwa, die in den Insel-Ställen gehalten werden. Der Bestand ist im zurückliegenden Jahrzehnt drastisch um rund 3000 Tiere geschrumpft. Udo Burwitz

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