Nacktes Männerbein bleibt ein Tabu

Obwohl die Insel ein Synonym für Strände und Freizeit ist, bleibt auf Rügen das aus legeren kurzen Hosen lugende nackte Männerbein in vielen Büros ein Tabu. Während Frauen bei sommerlichen Temperaturen Haut zeigen dürfen, müssen die Herrn oft schwitzen. „Kurze Hosen darf man nur in der Freizeit tragen, sonst wirkt man schnell unseriös”, sagt Marita Möller, Herrenausstatterin aus Bergen. Seit fast 30 Jahren arbeitet sie im Textilienverkauf, berät nicht nur die Rüganer, sondern auch männliche Käufer vom Festland und Touristen. „Ob Sparkasse, Versicherung oder Gastronomie — für die meisten Berufsgruppen gilt Anzugspflicht“, sagt Möller. Kurze Hosen für seine Arbeit habe hingegen noch niemand gesucht. Am Bergener Gymnasium gibt es für die Lehrer keinen Dresscode, wenngleich die männlichen Pädagogen ungern mit nackten, beharrten Beinen vor die Klassen treten. Da werden auch Schweißattacken in Kauf genommen. Schulleiter Christoph Racky könnte es in dem von ihm unterrichteten Fach lockerer sehen. „Als Sportlehrer darf ich auch kurze Hosen tragen“, sagt der Direktor. Trotzdem verzichtet selbst er darauf. „Ich bin nicht mehr der Jüngste. Hätte ich Beine wie David Hasselhoff früher, würde ich sie zeigen. In Wolgast und Grimmen trugen Kollegen kurze Hosen. Nicht aber auf Rügen. Hier trägt aktuell kein Lehrer welche.“ Schließlich müsse jeder selbst entscheiden, ob er seine Beine für ansehnlich halte. „Manchmal bin ich auch eher der Ansicht, dass die Schüler mal darüber nachdenken sollten, was sie anziehen, wenn sie zur Schule kommen.“ Auch wenn der Binzer Kurdirektor Knut Schäfer selbst keine kurze Hose trägt, so ist sie doch für einige seine Mitarbeiter wichtig. „Unsere Mitarbeiter passen sich dem Gast an“, erklärt er. „Etliche Strandarbeiter haben im Außendienst zu tun. Bei 30 Grad können sie am Strand keine langen Hosen tragen.“ Wichtig sei es, dass sich die Kollegen wohlfühlten, dann seien sie auch zuvorkommend zu den Gästen. „Ich bin nur manchmal am Strand“, sagt Schäfer. „Das Gebäude der Kurverwaltung ist gut gekühlt. Dort kann ich auch im Sommer lange Hosen tragen. Unseren Frauen sind auch Röcke erlaubt, die sollten aber nicht zu knapp sein.“ In Banken wird man nie Männer mit nackten Beinen finden. Mag die Sonne auch noch so vom Himmel brennen. „Bei uns gibt es keine kurzen Hosen“, sagt Herbert Ostermoor, Vorstand der Sparkasse Rügen. „Das wäre für unsere Berufsgruppe auch nicht ratsam.“ Im Rathaus von Bergen sieht man das knappe Hosenbein für den Mann ziemlich locker. „Bei uns im Amt darf man kurze Hosen anhaben“, sagt Bergens Bürgermeisterin, Andrea Köster. „Ich habe damit absolut kein Problem. Männer können auch schöne Beine haben.“ Trotz der moderaten Haltung der Chefin, sind die Stadtbediensteten im Sommer dann aber doch eher mit dem langen Beinkleid anzutreffen. Auch die Damen halten nichts von der kurzen Hose: „Frauen tragen im Rathaus vor allem Röcke.“ Der Putbusser Fotograf Matthes Trettin hat's gerne kurz. „Bei der alltäglichen Arbeit im Studio kann ich knappe Hosen anziehen“, sagt er. „Allerdings habe ich auch spezielle Termine, bei denen es ein Tabu wäre.“ Wenn er auf Hochzeiten Bilder macht, ist auch für ihn Anzug Pflicht. Da spielt es überhaupt keine Rolle, ob sich das Paar mitten im Hochsommer traut. Kurze Hosen Für Männer ist die knappe, kurz unter dem Po endende Hose in der Öffentlichkeit beinahe ausgeschlossen. Lediglich am Strand oder bei privaten Partys taucht sie manchmal noch auf. Eingebürgert hat sich die den Bermuda-Shorts angelehnte knielange Hose. Sie ist kürzer als eigentlich üblich, verdeckt aber das Bein ausreichend. Kay Steinke

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