Raser im Ortskern: Baustelle macht Dorfleben gefährlich

Über den schmalen Plattenweg von Drammendorf nach Rambin fahren Autos eher selten — doch manchmal ist hier der Teufel los. Dafür sorgen Autofahrer, die den Baustellenstau auf der B 96 umfahren. 117 Fahrzeuge in einer halben Stunde hat ein Anwohner gezählt. Nicht gerade viel, wäre der Weg am Rambiner Sportplatz eine normale Straße. Aber hier, auf der schmalen Strecke ohne Fußweg, „da muss man schon mal in den Schneematsch ausweichen, wenn einer angedüst kommt“, sagt ein Anwohner, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Seine Beobachtungen hat er der Amtsverwaltung gemeldet — auch die beiden Sattelzüge und die fünf Lkw, die hier gar nicht durchfahren durften. Denn das gesamte Dorf ist für Laster über 3,5 Tonnen gesperrt. Seit Mitte Januar nehmen auf der B 96 in der Ortsdurchfahrt von Rambin wieder Baumaschinen die halbe Straßenbreite in Beschlag. Für den neuen Radweg hatten die Arbeiten Anfang November begonnen und sind dann über den Jahreswechsel für vier Wochen unterbrochen worden — der Verkehr konnte fast ungehindert fließen. Jetzt geht es wieder auf einer Fahrspur mühsam voran. Und vor den Ampeln bilden sich kilometerlange Schlangen. Ortskundige und „schlaue“ Navigationsgeräte finden die Alternative durch das Dorf. „Wirklich begreifen kann ich das nicht“, wundert sich Gemeindevertreter Hartmut Männchen (70), „über die Schlaglochpiste nach Drammendorf und bei den verwinkelten Gassen im Dorf spart man kaum Zeit“. Die zusätzliche Verkehrsbelastung im Dorfkern von Rambin ist auch brandgefährlich. „Viele fahren zu schnell“, beobachtet Wolf-Peter Müller (68): „Im gesamten Ort gilt die 30-km/h- Zone mit Vorfahrt von rechts“. Es sei ja legitim, wenn viele den Stau vor den Baustellenampeln umfahren. Mit „gefühlten 80“ könne man aber nicht rechtzeitig die kleinen Vorfahrtsstraßen erkennen. Bruni Puchert (69) sieht die vorbeirauschenden Autos aus ihrem Fenster: „Die meisten haben zu hohes Tempo drauf.“ Einer sei beim Überholen sogar über den Fußweg gerauscht. Wohin das führen kann, hat Hansjürgen Stark (65) bei einem Autofahrer beobachtet: „Der hat an der Friedhofsmauer kaum die Kurve gekriegt — irgendwann kracht es hier mal“. Wie rüpelhaft manchmal auf die Baustellenstaus reagiert wird, weiß beim Amt Westrügen der für Ordnungsangelegenheiten zuständige Heimbert Schumacher: „Zwischen Altefähr und Rambin musste ein Radler zur Seite flüchten, weil ihm ein Auto auf dem Radweg entgegen kam.“ Ähnliches hat Andreas Gudescheit (56) auf der Heimfahrt von Stralsund beobachtet: „Jenseits der Bundesstraße auf dem parallel verlaufenden Radweg fuhr ein Schlaumeier am Stau vorbei bis Rambin“. Er musste dort aber wenden, weil die Baustelle mit Baken gesperrt war. Die Behörden versuchen einiges, die Probleme in den Griff zu bekommen. Im Januar hatte die Polizei bei Tempokontrollen 26 Übertretungen registriert. Aktuell wird wieder gemessen. Unter dem „30-Schild“ an den Einfallstraßen wird die Radarkontrollen angekündigt. Seit Januar ist das Dorf mit Verbotsschildern für Lkw komplett abgeriegelt. Einen unerwarteten Nebeneffekt hatte das für eine Familie im Grünen Weg. Bei der anstehenden Bestellung von Heizöl winkte der Lieferant ab: „Da dürfen wir jetzt nicht mehr rein“. Für Abhilfe sorgte eine Sondergenehmigung des Amtes Westrügen. Wer jetzt Lieferungen per Lkw in Rambin erwartet, kann im Amt anrufen (☎ 038306/15927). Sünden der Autofahrer 26 Temposünder sind im Rambiner Ortskern im Januar erwischt worden. Sie versuchten die Baustellenampel zu umfahren, hielten sich in dem dicht besiedelten Ort aber nicht an die 30 km/h. 3,5 Tonnen sind die Obergrenze für Fahrzeuge, die der Baustelle ausweichen möchten und in den Ort fahren. Auch daran hielten sich nicht alle. Sogar Sattelschlepper wurden in den schmalen Gassen des Ortsinneren schon gesichtet. Geschwindigkeitsmessungen werden in Rambin regelmäßig durchgeführt. Aktuell wird wieder geblitzt. Frank Levermann

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