Rügen verwandelt sich in eine Galerie

Putbus — „Diese Schau mit einem Rekord von über 100 Teilnehmern sprengt den Rahmen alles Bisherigen“, sagte Miro Zahra, die Vorsitzende des Künstlerbundes, gestern zur Eröffnung der 24. Landeskunstschau im Putbusser Marstall. Projektleiterin Susanne Burmester versprach viele Überraschungen bei den Kunstspaziergängen „Ins Blaue“. Die OZ sprach mit ihr am Rande der Eröffnung. OSTSEE-ZEITUNG: Die 24. Landeskunstschau steht, mit 112 Künstlern an 18 Standorten auf Rügen ein Mammutprojekt. Wie lange hatten Sie Zeit zur Vorbereitung? Susanne Burmester: Im November letzten Jahres konnte ich anfangen, wenig Zeit also. Das Problem war, dass ich die Orte auswählen musste, ohne zu wissen, wie viele Künstler mit welchen Arbeiten teilnehmen, weil die Bewerbungsfrist Mitte März ablief. Schliesslich gab es vom Künstlerbund MV die Vorgabe, die Schau in diesem Jahr dezentral zu präsentieren. Das ist schwieriger als eine Ausstellung an einem Ort wie beispielsweise letztes Jahr im ehemaligen DDR-Musterdorf in Mestlin. OZ: Nach welchen Gesichtspunkten haben Sie die Orte ausgewählt? Burmester: „Ins Blaue — Romantik in der aktuellen Kunst“ heißt das Thema und daran war ich gebunden. Auf Rügen gibt es viele Bezüge zur Romantik, alleine schon durch Caspar David Friedrich und viele andere Künstler, die auf Rügen ihre Motive fanden und sich für Ruinen und mystische Hügelgräber begeisterten. Ein gutes Beispiel ist der Schlosspark Pansevitz: die verwitterte Schlossruine einerseits, die Mischung aus wilder und kultivierter Natur andererseits. Oder die Uferkapelle Vitt, umgeben von Fischerromantik und mit den romantischen Verbindungen zum Dichterpfarrer Kosegarten und Philipp Otto Runge, einem der bedeutendsten Maler der Frühromantik. OZ: Wo liegt der Bezug zur Romantik beim ehemaligen Nazi-Koloss Prora, dem geplanten Kraft-durch-Freude-Seebad? Burmester: Der Nationalsozialismus hat sich ganz stark über die deutsche Romantik definiert und die damaligen Künstler für sich instrumentalisiert. Bis in die 1970er Jahre waren die Romantiker verpönt, die Qualität dieser Künstler wurde gar nicht wahrgenommen. OZ: Die Schau hat den wunderschönen Titel „Ins Blaue“. Ist der von Ihnen? Burmester: Ja. Ich wollte einen Titel, der nicht so pathetisch ist, nicht so bedeutungsschwanger, sondern leicht und nicht intellektuell überfrachtet. „Ins Blaue“ ermöglicht viele Assoziationen: Im Volksmund heißt es, man fährt ins Blaue, also ziellos in der Freizeit irgendwo hin, um etwas zu entdecken, genau dieses Prinzip wäre ideal für unsere Besucher. Schließlich ist die Kunst generell das einzige Genre, das „ins Blaue denken“, in die Zukunft blicken kann, sich traut, Grenzen zu überwinden und zu neuen Wahrheiten vorzudringen. OZ: Die 24. Landeskunstschau ist rekordverdächtig, noch nie nahmen so viele Künstler teil. Woran liegt das? Burmester: Ich glaube, dass alle Lust haben, auf Rügen auszustellen. Das liegt an der Schönheit der Insel, aber auch an der Urlaubszeit, die wegen der Touristen eine enorme Zahl von Besuchern an vielen verschiedenen Orten verspricht. Hinzu kommt, dass sehr viele Künstler mit dem Thema Romantik etwas anfangen können. Der Künstlerbund hat ungefähr 300 Mitglieder, ein Drittel von ihnen nehmen teil, das ist sehr, sehr viel. Ein Rekord. Fünf ausstellende Künstler stammen übrigens von Rügen: Walter G. Goes, Gudrun Arnold, Hans-Dieter Bartel, Helmut Senf und Bernard Misgajski, der sein Atelier in Wreechen auch als Kunstort zur Verfügung stellt. OZ: Wie werden Sie die unterschiedlichen Kunstorte dem Publikum präsentieren? Burmester: Wir organisieren in loser Reihenfolge den ganzen August über Informationsveranstaltungen, bei denen mehrere Standorte, die nicht weit voneinander entfernt liegen, gebündelt vorgestellt werden: Historisches über die Orte, ihren Bezug zur Romantik und den Bezug der Künstler und ihrer Arbeiten zum Thema. Außerdem finden die Besucher an allen Kunstorten Infoboxen, Schilder und Handzettel mit Informationen. Das war der größte Stress in den letzten Tagen: Wir haben 350 Schilder in Eigenarbeit angefertigt. Ab Mitte August gibt es außerdem einen Katalog. Standorte auf Rügen 3 Werke etwa präsentiert jeder der 112 Künstler bei der Landeskunstschau. Die 18 Standorte der Schau, die bis zum 7. September zu sehen ist, sind: Kronprinzenpalais, Circus 11 und Park in Putbus, Kunstort Alte Wassermühle in Wreechen, FLZ Lauterbach „Alte Schmiede“, Dokumentationszentrum Prora, Naturerbe Zentrum Rügen in Prora, Nationalpark-Zentrum Königsstuhl, Kap Arkona, Uferkapelle Vitt, Kosegartenhaus in Altenkirchen, Pfarrhaus und Kirche in Wiek, Museum und Altes Landratsamt in Bergen, Schlosspark Pansevitz, Kultur- und Wegekirche Landow und Romantik Roewers Privathotel in Sellin. Interview von Lena Roosen

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