Rügens Eltern im Zweispalt in Sachen Handy

Die kleine Merle schläft gerade süß. Aber wenn sie wach ist, gibt es kein Halten: „Sie interessiert sich sehr für Handys“, bestätigt Mama Anne Klatt. „Es blinkt, es kommen Töne raus und wir beschäftigen uns viel damit — das ist natürlich spannend.“ Anne Klatt und ihr Partner Marcus Gielow aus Bergen haben nichts dagegen, wenn sich Töchterchen Merle ein elterliches Handy schnappt. „Wenn sie es erwischen kann, nimmt sie es sich selbst. Wir machen ihr dann manchmal ein Lied an, das mag sie“, erklärt Papa Marcus. Aber: Das Handy gehört nicht in Merles Mund, finden die Eltern. Das sei unhygienisch. Deshalb bekommt Merle ein Spielhandy. „Wir haben es ihr gebraucht für fünf Euro gekauft. Es sieht noch nicht aus, wie eine Handyattrappe, aber es blinkt und es macht Töne — darauf kann sie dann rumdrücken, so viel sie will“, erklärt Mama Anne. Ob Merle das neue Spielzeug aber spannender findet, als die Handys ihrer Eltern, muss sich erst zeigen. Denn schließlich ist auf Papas Handy schon eine ganze Kinderwelt-App vorinstalliert. „Ich wusste erst gar nicht, was das ist. Aber damit kann man verschiedene Sachen machen — es gibt ein Programm zum Ausmalen, eines ist sogar eine Kinderkamera-Funktion mit eigenem Ordner. Wahnsinn“, meint der 27-Jährige. Auch bekannte Babynahrungshersteller empfehlen schon Baby-Apps, weiß Mama Anne: „Die sind schon für Babys ab sechs oder sieben Monaten empfohlen. Das Kind kann dann auf eine Kuh drücken und die muht dann.“ Das hält die Bergenerin aber dann doch für zuviel des Guten. „Dafür ist Merle einfach noch zu klein. Allerdings finde ich es auch den falschen Weg, ganz ohne Handy erziehen zu wollen.“ Denn es sei nun mal aus der heutigen Zeit nicht wegzudenken, früher oder später müssten Kinder den Umgang mit Handys lernen. „Und wir möchten Merle dann lieber dabei begleiten und haben das dann selbst unter Kontrolle“, meint Papa Marcus. Ähnlich sieht das Steffi Waterstradt aus Bergen. Die 33-Jährige verwöhnt ihr Wunschkind Ronja nach Strich und Faden, sagt sie — auch ans Handy der Mama darf der 14 Monate alte Sonnenschein. „Sie weiß genau, dass hier Bilder von ihr gespeichert sind“, sagt Mama Steffi. „Die schauen wir uns dann zusammen an. Eigene Apps habe ich nicht für sie, so weit ist sie noch nicht.“ Aber Ronja ist schon ein kleiner Profi: „Wischen kann sie schon ganz gut. Das hat sie sich wohl bei uns abgeschaut“ , lächelt Mama Steffi. Auch Ronja hat ein Spielhandy. „Sie sagt schon Hallohallo und hält es sich ans Ohr. Auch wenn wir mit den Großeltern telefonieren, weiß sie ganz genau, wer dran ist.“ Aber Ronjas Mutter macht sich auch Sorgen: „Ich mache mir Gedanken wegen der Strahlung, die vom Handy ausgeht. Deshalb achte ich darauf, dass der Umgang mit dem Handy im Rahmen bleibt.“ Das macht auch Sandra Seehaus. Die 25-jährige Bergenerin hat das Handy von ihrem Sohn erst mal ferngehalten. Mittlerweile ist Julian vier Jahre alt — und darf ab und an Serien auf dem Tablet schauen: „ Er liebt diese Kinderserien. Vor dem Schlafengehen darf er sich eine ansehen, das gehört zu unserem Abendritual.“ Mama Sandra findet es praktisch, dass sie durch das Tablet nicht an die Fernsehen- Zeiten gebunden ist. Aber sie achtet trotzdem darauf, dass Julian nicht allzu viel mit Handy oder Tablet zu tun hat. „Julian darf in Ausnahmefällen auf dem Handy etwas spielen, wenn wir Zeit überbrücken müssen. Wir haben eine Puzzle-App. Julians Highlight ist die Feuerwehrmann-Sam-App, die finde ich auch gut“, meint Mama Sandra. Denn die App vermittelt neben dem Spiel auch viel Wissen: „Julian ist jetzt Feuerwehrexperte. Er kennt die Vorgänge bei der Feuerwehr auswendig.“ Um Handy und Co. kommt man heute eben nicht mehr herum, weiß auch Manuela Siebert aus Bergen. Die 42-Jährige hat zwei Kinder — und sieht das Problem eher bei den Großen: „Ich habe gelesen, dass Eltern die Fähigkeit verlieren, auf die Signale ihres Babys zu achten, weil sie wegen der Handys nie so ganz bei ihrem Kind sind“, sagt sie. Deshalb hat sie sich bemüht, in der Zeit nach der Geburt Handy und Kind klar voneinander zu trennen. „Ich weiß genau, dass Ivi merkt, ob ich abgelenkt bin. Auch beim Stillen waren für mich Fernsehen und Handy tabu.“ Und das hat geholfen, meint sie: „Meine Kinder mussten nie groß um Aufmerksamkeit kämpfen. Sie haben nie viel gebrüllt.“ Dennoch hält auch sie das Handy nicht ganz aus dem Leben ihrer Kinder heraus: „Je älter sie werden, desto wichtiger wird der Umgang mit der Technik. Aber das müssen die Eltern steuern“, ist sie sich sicher. Gaia Born

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