Rügens Schulalltag zwischen Cloud und Videokonferenz

Am Montagmorgen stürzt der Schulserver gerne mal aufgrund Überlastung ab, manche Lehrer scheuen noch immer den Umgang mit digitalen Unterrichtsmethoden und einige Schüler verfügen in ihrer Wohngegend nicht über eine ausreichende Internetverbindung. Und doch ist sich Jörg Hendrich sicher, dass das Land, die Schulen, Lehrer und Schüler aus dem ersten Lockdown gelernt und sich so gut wie eben möglich auf den erneuten Fernunterricht vorbereitet haben. Unterschiedliche Plattformen schaffen Vielfalt und Sicherheit: „Das Meinungsbild ist da sehr verschieden“, meint der Vorsitzende des Landeselternrates. „Das schwankt nicht nur von Schule zu Schule, sondern auch von Klasse zu Klasse, Lehrer zu Lehrer. Man kann aber sagen: Man ist besser vorbereitet als im vergangenen März“, so Hendrich. So sei inzwischen die Plattform Itslearning, die das Land Mecklenburg-Vorpommern bereitstellt, in allen Schulen angekommen. Viele Schulen haben jedoch eigene Lösungen entwickelt und überbringen die Schulaufgaben über die Schul-Homepage, per Mail oder auch per WhatsApp. Das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium nutzt alle genannten Kommunikationswege. „Würde man nur eine Variante nutzen, könnte es schwierig werden, wenn diese einmal ausfällt“, erklärt Jörg Hendrich aus dem Schulelternrat die Vorzüge. „Man hat dann mehrere Standbeine.“ Gut geklappt hat nach seiner Information auch die Versorgung mit Leihgeräten aus dem Sofortprogramm des Landes. Diese haben die Schulen an die Schüler verteilt, die zu Hause über keine geeigneten Endgeräte – also Computer, Laptops oder Tablets – verfügen. Nur sechs Schüler der fünften und sechsten Klassen werden derzeit in der Regionalen Schule Binz persönlich betreut. Die Lehrer stellen ihren Schülern hier die Aufgaben über die Plattform IServ zur Verfügung. „Es werden auch Videokonferenzen durchgeführt. Allerdings kommt es dann bei großer Auslastung auch hier mal zu Einschränkungen“, sagt der Informatik-Lehrer Rüdiger Rossow. Auch an seiner Schule wurde in digitale Endgeräte investiert. Es wurde außerdem darauf geachtet, dass die Schüler eigene Mailadressen haben. Einsatz der Lehrer ist entscheidend: Welche Möglichkeiten er nutzen möchte, entscheidet der Lehrer. „Es steht und fällt mit dem Engagement der Kollegen“, weiß Rüdiger Rossow. Kollege Jürgen Rusch begrüßt seine Schüler vor dem Bildschirm. „Ich habe mich für eine Struktur nach Stundenplan entschieden“, sagt Jürgen Rusch. Fast jede Unterrichtsstunde hält er online ab. „Die Kinder können sofort Fragen stellen und man sieht, wer wirklich dabei ist. Außerdem fehlen ihnen auch die Kontakte“, begründet er. Über die Schulplattform kann Rusch seine Klassen dann sogar für Gruppenarbeiten einteilen, während der sich die Mädchen und Jungen ebenfalls online austauschen können. Lesen Sie auch MV: Jeder dritte Schüler einer Abschlussklasse bleibt der Schule fern Stralsunds: Großküche des IB baut trotz Corona-Krise an Corona auf Rügen: Kein Unterricht mehr in der Schule in Garz Die Plattform bietet auch die Möglichkeit, Lehrbuchseiten – sofern sie als digitales Format vorliegen – für alle sichtbar einzublenden. „Das ist dann manchmal sogar leichter als persönlicher Unterricht, da ich alles an einem Ort habe“, meint Rusch. Manche Lehrer halten auch ihre Klassenleiterstunden online ab, um sich mit ihren Schützlingen auszutauschen. „Den Präsenzunterricht kann all das natürlich nicht ersetzen. Aber unter den gegebenen Umständen ist das, was wir haben, wirklich super“, meint der Englisch-Lehrer. Fortschritt mit digitalen Arbeitsblättern: Einen Vorbildcharakter erfüllt die Schule auch mit ihren digitalen Arbeitsblättern. Statt die Blätter erst ausdrucken, ausfüllen, dann wieder einscannen und abschicken zu müssen, können diese hier direkt am Gerät ausgefüllt und mit einem Klick dem Lehrer wieder zugesandt werden. Von Schule und Lehrer unterschiedlich gehandhabt wird die Einteilung der Arbeitszeiten und Abgabefristen. „Die Wochenaufgaben finde ich persönlich nicht so gut. Die Kinder sitzen lange dran und bekommen auch nicht so schnell eine Rückmeldung“, meint Jenny Soika. „Bei den Tagesaufgaben haben die Kinder ein Erfolgserlebnis, wenn sie diese erledigt haben und abhaken können. Außerdem bekommt man auf diese Aufgaben auch schneller eine Antwort“, sagt die Mutter, deren Kinder die fünfte und neunte Klasse besuchen. Sie lobt jedoch, dass alle Lehrer per Mail bei Nachfragen erreichbar sind. Von Wenke Büssow-Krämer