Signierstunde: In den Büchern blätterte auch der Ostseewind

Mit einer Reifenpanne vor der Haustür begann für den Berliner Schriftsteller Rolf A. Götte der gestrige Tag, der schließlich doch zu einer runden Sache werden sollte. Der Buchhändler Bert Kunath hatte Götte und weitere Autoren zu sich eingeladen, um mit ihnen, Einheimischen und Urlaubern das 23-jährige Bestehen seines Ladens „Strandgut“ und den 20. Geburtstag seines Strandkorbverleihs in Juliusruh zu feiern. Mit von der Partie mit ihren Büchern: die Märchenschreiberin Regina Margenfeld, Naturfotograf und Autor Rico Nestmann und Ralf Lindemann, dessen Buch über „Das weiße Schloss am Meer“ (Dwasieden) jetzt in dritter Auflage erschienen ist. Vierter im Bunde der Rüganer war Gert Liebling, der in seinem Buch berühmte Insulaner vorstellt (die OZ berichtete). Zu den ersten Gratulanten zählten Monika und Gerd Schneider. Auf den Tag genau vor 15 Jahren haben sie auf Arkona geheiratet und waren ein Jahr später in der OSTSEE-ZEITUNG beim Hochzeitstreffen am Kap verewigt worden. Bert Kunath kennen sie schon lange. Er sei „auffällig im positiven Sinne, kreativ dazu. In seinem Laden finden wir immer Lektüre für den Urlaub und danach“, sagte Monika Schneider. Sie blätterte wie der recht kühle Westwind auch in der „Märchenreise bis zum Kap Arkona“ von Regina Margenfeld. Die Rentnerin aus Wiek liebt und schreibt Märchen. „Ich möchte den Kindern etwas mit auf den Weg geben. Es ist so wichtig, dass sie Märchen lesen. Meine Geschichten spielen in unserer Region, weil ich mir wünsche, dass die Kleinen wissen, wo ihre Wurzeln sind, damit sie eines Tages auch wieder zurückkommen.“ Dass sie damit richtig liegt, hat ihr sogar die europäische Märchengesellschaft bestätigt. Antje und Wolfgang Paulenz aus Wittenberg sind zurzeit im Urlaub. „In Juliusruh, weil unser Enkel Julius heißt“, verriet Antje Paulenz, „und weil wir noch nie auf Nordrügen waren.“ Bücher gehören für beide zum Urlaub wie die Wanderschuhe und ein ruhiges Quartier. „Hier wohnen wir direkt an der Straße. Das ist fast wie an der Autobahn“, sagte Wolfgang Paulenz etwas kritisch. Zwei Gedichtbände von Regina Margenfeld wanderten dann in den Rucksack, guter Lesestoff für die Klienten seiner Frau, die Psychotherapeutin ist. Bert Kunath, der sich über die große Resonanz freute, ist Jahrgang 1965, war Bootsmann bei der Bergungsreederei und ist nach der Wende als Seiteneinsteiger Buchhändler und Strandkorbvermieter geworden. „Ich freue mich, dass die Strandbesucher so aufgeschlossen und mit den Autoren ins Gespräch gekommen sind.“ Neben einem Stand zum Bernsteinschleifen und einigen Kinderüberraschungen hatte der Breeger Verein Orenda die Chance, sich vorzustellen. Der Verein will Geschichte erlebbar machen und beschäftigt sich unter anderem mit historischen Werkzeugen und Waffen. Wie Pfeil und Bogen gebaut werden, interessierte besonders Marion Eckholt aus Freiberg. Sie liebe das Archaische, am Lagerfeuer zu sitzen, mit der Natur zu leben. Mit Pfeil und Bogen auf Lebewesen zu schießen, lehne sie aber strikt ab. „Ich würde wie Aschenbrödel im Film nur auf Tannenzapfen zielen.“ Gegen 14 Uhr waren dann alle Autorentische besetzt. Acht Titel aus seinem fotografischen und literarischen Schaffen hatte der Wittower OZ-Mitarbeiter Rico Nestmann zum Signieren und zum Verkauf aufgereiht, Kinderbücher und prächtige Bildbände mit einzigartigen Aufnahmen der Seeadler. Auch Rolf A. Götte musste viele Fragen beantworten, unter anderem, warum er Kriminalromane schreibt, in denen Rügen eine Rolle spielt — in den Büchern „Rügener Frauentod“ oder „Tod am Kap (Arkona)“ oder „Sassnitz Drama“. „Wir waren mit der Familie oft auf Rügen, da gewinnt man diese Insel lieb.“ Den Kurztrip nach Juliusruh mit der Panne und Sonnenschein werde er nicht vergessen. Und noch jemand wird diesen Tag in guter Erinnerung behalten: Friseurmeisterin Renate Mehlberg aus Juliusruh. Sie hat gestern zur Feier des Tages einen blau-weißen Strandkorb gewonnen. Holger Vonberg

Juliusruh - Signierstunde: In den Büchern blätterte auch der Ostseewind