Smartphone lotst durch den Buchenwald

Von wegen Blätterrauschen im Buchenwald: Als die Slawen sich um 700 nach Christi angesiedelt haben, war von Buchen auf Jasmund weit und breit noch nichts zu sehen. Die markanten Bäume, die heute zum Aushängeschild der Halbinsel avancieren und Jahr für Jahr Hunderttausende Rügen-Besucher magisch anziehen, gab es damals noch gar nicht auf Jasmund. Ihren Siegeszug traten die Bäume dort erst um 1200 an. „Um das zu erfahren, brauchen Nationalpark-Besucher ab sofort kein Faltblatt und auch keinen Ranger. Ein Smartphone reicht“, sagt Katrin Bärwald, Dezernatsleiterin des Nationalparks Vorpommern. Für die zum Unesco-Weltnaturerbe gehörenden alten Buchenwälder gibt es jetzt eine App. „Stiefeln wir los“, fordert Dr. Ingolf Stodian auf. Der zuständige Dezernatsleiter für den Nationalpark Jasmund hat sein Smartphone in der Hand. Das Display zeigt ihm eine Route an und gibt den Weg vor. Ingolf Stodian hat sich die neue Applikation bereits auf sein Smartphone herunter geladen, für die Till Backhaus, Umweltminister MV, erst übermorgen den offiziellen Startschuss geben wird. Aus gutem Grund: Am 25. Juni 2011 hat die Unesco fünf alte Buchenwälder in Deutschland in die Welterbeliste eingeschrieben. „Zum vierten Jahrestag dieser Aufnahme gehen wir mit der neuen App an den Start“, so Stodian. Herausgeber sind Brandenburg, Thüringen, Hessen und MV — die vier Bundesländer, in denen die fünf Welterbeflächen der alten Buchenwälder liegen. Sie haben die Entwicklung der „App — in den wilden Wald“, wie die Applikation titelt, auch finanziert. Die App gibt es zweisprachig, auf Deutsch und Englisch. „Damit können jetzt Naturliebhaber auf der ganzen Welt Einblick in die Besonderheiten dieses Weltnaturerbes gewinnen. Sie müssen sich die App nur runterladen“, erklärt Katrin Bärwald. Die Sache hat einen kleinen Schönheitsfehler. „Hier vor Ort im Nationalpark reicht das Netz für so große Datenmengen nicht aus. Da wird es schwierig mit dem Herunterladen“, räumt Ingolf Stodian ein. Heute sei es aber usus, dass sich Urlauber über die Region, in der sie ihre schönste Zeit des Jahres verbringen wollen, bereits zu Hause informieren, entgegnet Katrin Bärwald. Wer dann auf den Seiten des Nationalparks im Internet surft, kann die App aufs Smartphone laden. „Stop“, fordert Ingolf Stodian, der gestern bei einem Testlauf unter Beweis stellte, dass die App auf Jasmund funktioniert. Auf seinem Smartphone-Display blinkt eingekreist die Zahl 2 am Kollicker Bach auf. Der Dezernent tippt drauf und erfährt, dass er an einem Kerbtal steht. Auch Fotos, aufgenommen zu allen Jahreszeiten, kann er dazu gleich mit abrufen. „Die App ist nicht nur ein modernes Rundumpaket mit allen Infos über die alten Buchenwälder auf Jasmund. Sie beinhaltet auch eine Welterbe-Route, die der Besucher erwandern kann“, erklärt der Dezernent. Solche Routen seien für alle fünf Welterbe-Gebiete entwickelt worden. Zwischen acht bis 12 Kilometer sind die Touren lang. Die durch die alten Buchenwälder auf Jasmund beginnt am Parkplatz Hagen, führt über den Kollicker Damm bis zum Kreidekliff, dort an der Victoria-Sicht und dem Königsstuhl vorbei. Auf der Tour werden auf dem Smartphone elf Orte von Interesse, neudeutsch Point of Interest (POI), angezeigt. Die App liefert die Infos und Fotos zu den Punkten. Herthaburg und -see zählen auf dem Rückweg zum Parkplatz nach Hagen dazu. „Wo die App informiert, dass zu Zeiten der Slawenansiedlung noch gar keine Buchen auf Jasmund standen“, liest Ingolf Stodian vom Display ab. Weltnaturerbe alter Buchenwälder in Deutschland 5Buchenwaldgebiete in Deutschland hat das Unesco-Welterbekomitee am 25. Juni 2011 in die Liste des Welterbes aufgenommen. Damit wurde das in der Slowakischen Republik und der Ukraine gelegene grenzüberschreitende Weltnaturerbe „Buchenurwälder der Karpaten" um einen deutschen Teil erweitert. Zu dem gehören Waldgebiete der Nationalparke Hainich (1573 Hektar) in Thüringen, Kellerwald-Edersee (1467 ha) in Hessen, Jasmund (493 ha) und Serrahn/Müritz (268 ha) in MV sowie Grumsin (590 ha) im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin in Brandenburg. Die App kann im Internet unter www.weltnaturerbe-buchenwaelder.de herunter geladen werden. Udo Burwitz

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