Statt großer Party: Nikolaus bringt auf Rügen die Stiefel bis vor die Haustür

Bis vor wenigen Tagen waren sie verunsichert. Jetzt haben die Organisatoren beschlossen: Auch in diesem Jahr wird das Nikolausbüro in Sassnitz öffnen. „Wegen der Corona-Schutzbestimmungen wird einiges anders sein“, sagt Peter Lehmann vom Organisationsteam etwas zerknirscht. „Aber wir haben uns viele Gedanken gemacht, um diese schöne Tradition in diesem Jahr fortführen zu können.“ Das Grundprinzip der völlig ehrenamtlich organisierten Aktion ist seit Jahren unverändert: Die Kinder können gemeinsam mit ihren Eltern im Nikolausbüro einen Stiefel abgeben. Gleichzeitig spenden sie ein Spielzeug, das sie zu Hause aussortiert haben. Die gesammelten Spielzeuge werden anschließend an Kinder verteilt, die nicht so viel haben. Die abgegebenen Stiefel werden von den Helfern mit Süßigkeiten und Überraschungen gefüllt. Der Nikolaus verteilt das „süße Schuhwerk“ dann jeweils am 6. Dezember bei einer großen Feier. Und genau die muss in diesem Jahr ausfallen – wie nahezu alle kulturellen Veranstaltungen und größeren Zusammenkünfte. Der direkte Kontakt zwischen so vielen Menschen – in den vergangenen Jahren kamen am Nikolaustag 200 Kinder mit ihren Eltern zur Übergabe – ist untersagt. „Und auch auf das sonst übliche Rahmenprogramm und die Bastelstunden im Nikolausbüro werden wir in diesem Jahr verzichten müssen“, sagt Lehmann. Helfer aus allen Altersgruppen: Er und seine Mitstreiter haben es mit Unterstützung der Stadtverwaltung und des Landkreises zumindest geschafft, die Aktion in einer etwas anderen Form durchzuführen. Weil die Kinder sich nicht um den Nikolaus scharen oder auf seinem Schoß sitzen dürfen, sendet er ihnen eine Videobotschaft. Weil er zwar Bild und Ton, nicht aber die gefüllten Stiefel über das Internet transportieren kann, sind die Helfer in diesem Jahr ganz besonders gefragt. Rund 30 Sassnitzer, vom Jugendlichen bis zum Rentner, haben sich bereit erklärt, wieder mitzuhelfen. Sie werden die Stiefel und Spielzeuge entgegennehmen, die Schuhe für die Kinder füllen und am 6. Dezember auf ganz Jasmund ausfahren. Das machen die Helfer zum Teil mit ihren privaten Autos, zum Teil mit Fahrzeugen aus dem Fuhrpark der Stadt Sassnitz. „Der steht an diesem Abend für den Nikolaus zur Verfügung“, sagt Bürgermeister Frank Kracht. Die Stadt unterstützt die Aktion ebenso wie der Jugendbeirat sowohl finanziell als auch organisatorisch: Für das Nikolausbüro stellt die Kommune die Räume ihrer Stadtbibliothek zur Verfügung. Die wird in der Woche vor dem 6. Dezember zusätzlich öffnen. Stiefelannahme ist dann von Montag bis Freitag jeweils zwischen 16 und 18 Uhr. Die letzte Gelegenheit dazu gibt es am Sonnabend, den 5. Dezember, in der Zeit von 10 bis 13 Uhr. Stiefelurkunde ganz penibel ausfüllen: „Wir haben die Aktion etwas reduziert“, sagt Peter Lehmann. Das Rahmen- und Bastelprogramm müsse wie erwähnt ausfallen, der Zeitraum wurde auf eine Woche komprimiert, der Nikolaus kommt nicht wie gewohnt mit dem Schiff im Hafen an und wegen der Fahrwege können die Stiefel nur auf Jasmund verteilt werden. Trotzdem soll es für die Kinder ein ganz besonderer Tag werden. Am Spielzeug-Thron in der Bibliothek wird eine Elfe die Spielsachen entgegennehmen, die die Kleinen mitgebracht haben. Im Lesesaal wird Christopher Hönicke mit Hilfe von Lampen Lichtkreise auf den Boden projizieren. In diesen Kreisen warten die Kinder mit genügend Abstand. Zuvor müssen sie wie gehabt einen Stiefelanhänger ausfüllen. In diesem Jahr müssen sie beziehungsweise ihre Eltern dabei ganz penibel sein. Zum einen müssen die Daten aufgrund der Corona-Schutzverordnungen erfasst werden, zum anderen brauchen die Helfer, die die Stiefel zu den Kindern bringen, die ganz genaue Adresse. Persönliche Übergabe nicht möglich: „Wir werden am 6. Dezember in der Zeit von 16 bis 19 Uhr auf Jasmund unterwegs sein“, kündigt Peter Lehmann an. Die Kinder, die den Nikolaus erwarten, sollten ihre „Stiefel-Urkunde“, die sie im Nikolausbüro bei der Annahme des Schuhs erhalten haben, vor der Haustür platzieren. „Und vielleicht noch eine kleine Laterne daneben. Das sieht gemütlich aus und hilft den Nikolaus-Assistenten, die Adresse zu finden.“ Ins Haus zu gehen oder die Stiefel vor dem Haus persönlich zu übergeben, ist aufgrund der Schutzvorkehrungen nicht möglich. Wegen Corona kaum Spenden eingegangen: Die Organisation des Nikolaustages war nicht nur wegen der Vorsichtsmaßnahmen in diesem Jahr schwierig. „Vielen Unternehmen und Gewerbetreibenden, die uns sonst unterstützt haben, geht es gegenwärtig wirtschaftlich nicht so gut“, so Lehmann. In dieser Situation ließen sich kaum Spenden in dem gewohnten Umfang einwerben. Zum Glück seien die Stadt, der Kreis und der Jugendbeirat eingesprungen. Die Aktion einfach abzublasen, hätte nicht nur viele Kinder enttäuscht. „Die Aktiven sind mit so viel Herzblut dabei und vor allem unsere Senioren haben, ohne zu zögern, erklärt, dass sie wieder als Helfer zur Verfügung stehen. Da haben wir nach einer Form gesucht, diese Sache, für die sich so viele Menschen auf der Insel engagieren, auch in diesem Jahr durchzuziehen.“ Lesen Sie auch: Verrückte Weihnachtsdeko auf Rügen: Hier funkeln 30 000 Lichter im Garten OZ-Aktion: Schönster Adventskalender in MV gesucht – mitmachen und gewinnen Usedom Babyboom durch Corona-Shutdown Von Maik Trettin