Störtebeker-Festspiele abgesagt: "Katastrophe für die Insel Rügen"

Kein Kanonendonner, kein Applaus, kein Feuerwerk: Auf der Bühne der Störtebeker-Festspiele bleibt es wegen der Corona-Pandemie das zweite Jahr in Folge still. Die Festspielleitung sagte am Dienstag schweren Herzens die Spielzeit für dieses Jahr ab und stoppte alle Vorbereitungen. Aufgrund der steigenden Inzidenzen und einer sehr langsam fortschreitenden Impfkampagne bleibe den Störtebeker Festspielen keine andere Wahl, als ein weiteres Jahr zu pausieren, begründete Theater-Geschäftsführerin Anna-Theresa Hick den Schritt gegenüber der OSTSEE-ZEITUNG. Zuvor hatte die Festspielleitung die 60 Mitarbeiter über die schwierige Entscheidung informiert. „Alle sind traurig, aber unser Team hat Verständnis“, so die Theaterchefin weiter. Jedem sei klar gewesen, dass es unter den gegebenen Umständen keinerlei Planungssicherheit gibt. Die Mitarbeiter beziehen nun weiter Kurzarbeitergeld. Für die Gemeinde Ralswiek eine Katastrophe: Ralswieks Bürgermeister Herbert Knüppel (CDU) reagierte geschockt auf die Festspiel-Absage. „Es ist bitter und für die Gemeinde Ralswiek eine große Katastrophe.“ Aber die Entscheidung des Unternehmens sei nachvollziehbar. Die Gemeinde ist seit nahezu 30 Jahren mit den Störtebeker-Festspielen eng verbunden. Gaststätten und Hotels profitieren von dem Theater-Event, zu dem jährlich bis zu 300 000 Zuschauer auf die Insel strömen. Mit der Absage brechen der Gemeinde Steuereinnahmen und den Ralswiekern der größte Arbeitgeber weg. „Es ist einfach nur traurig“, so Knüppel. „Aber wir hoffen, dass es im nächsten Jahr mit Volldampf weitergeht“, machte er den Festspielen und sich selber Mut. Kommentar: Das wird ein ganz anderes Tourismus-Jahr Entscheidung nicht leicht gemacht: Die Störtebeker-Festspiele, Flaggschiff der Theater-Open-Airs in Mecklenburg-Vorpommern, hatten sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Bereits im Januar hatte die Crew den Kartenvorverkauf wegen der unklaren Perspektive gestoppt. Die 120 000 verkauften und vorreservierten Tickets für das bereits um ein Jahr verschobene Stück „Im Angesicht des Wolfes“ sollen nun in Gutscheine umgewandelt werden. „Bis zuletzt haben wir auf eine Sommersaison 2021 gehofft, doch nach dem letzten Treffen der Bundes- und nun auch der Landesregierung steht fest, dass an eine Umsetzung unserer Produktion unter den gegebenen Umständen nicht zu denken ist“, sagte die Chefin. Letztendlich habe man aus dem Wirtschaftsministerium Signale erhalten, dass es keine Ausfallhilfen geben werde. Das Gesundheitsamt Vorpommern-Rügen gehe zudem von maximal erlaubten 1000 Zuschauern pro Veranstaltung aus, sollten Großveranstaltungen bis zum Juni überhaupt wieder zugelassen werden. „Diese Beschränkungen sind für eine Produktion wie die Störtebeker-Festspiele mit mehr als 8000 Plätzen unwirtschaftlich“, so Hick. „Bevor wir jetzt die Maschine ins Laufen bringen und hohe Kosten produzieren, die wir nicht erwirtschaften können, ziehen wir die Reißleine.“ Störtebeker-Darsteller von Entscheidung nicht überrascht: Der langjährige Störtebeker-Darsteller Norbert Braun zeigte sich von der Entscheidung der Festspielleitung nicht überrascht. Von 1993 bis 2001 verkörperte er Klaus Störtebeker, seit 2007 ist er in wechselnden Rollen wieder dabei. „Wir verfolgen ja die Situation“, sagte der 68-Jährige, der auch in diesem Jahr auf der Bühne stehen sollte. „Ich halte die Entscheidung für vernünftig und richtig. Damit wir Corona endlich irgendwann hinter uns bringen können.“ Er wandte sich mit einem Appell an die Störtebeker-Freunde: „Mir ist es wichtig, jetzt allen Störtebeker-Fans, Kollegen und Mitarbeitern ganz viel Kraft zu wünschen, damit wir voller Vorfreude und Energie die Saison 2022 feiern können.“ Schlechtes Zeichen für Tourismusbranche? In der Tourismusbranche der Insel sorgte die Absage für Bestürzung. „Ich bin über diese Nachricht sehr traurig. Damit geht in diesem Jahr nicht nur Rügen, sondern dem ganzen Land ein touristischer Magnet verloren“, so der Vorsitzende des Tourismusverbandes Rügen, Knut Schäfer. Jedem müsse angesichts solcher Nachrichten klar sein, dass die touristische Saison 2021 kein Selbstläufer wird. „Einfach so in die Hauptsaison starten wie im vergangenen Jahr – das wird es wohl nicht geben.“ Glawe bietet Hilfe an – Festspielleitung irritiert: Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) bot Unterstützung an. „Es ist bedauerlich, dass die Störtebeker Festspiele abgesagt wurden“, sagte er. Das Wirtschaftsministerium biete gemeinsam mit dem Bund ein Bündel an unterstützenden Maßnahmen, um die Not zu lindern. Nach Angaben einer Sprecherin sei das Ministerium mit den Störtebeker-Festpielen im Gespräch. Die Festspielleitung zeigte sich allerdings von dieser Aussage irritiert. „Leider gab es vom Ministerium keine Entscheidung, die uns Planungssicherheit gegeben hätte“, so Anna-Theresa Hick. Lesen Sie auch Rügen: Welche Events stehen auf der Kippe? Wie das Dorf Ralswiek auf Rügen um die Störtebeker Festspiele bangt Trauer auch bei anderen Open-Airs des Landes: Bedauern über die Absage kam auch von anderen Open-Airs. „Uns macht die Absage sehr traurig“, sagte Martin Schneider, Intendant der Vorpommerschen Landesbühne Anklam, die die „Vineta-Festspiele“ auf der Insel Usedom inszeniert. „Damit geht in diesem Jahr ein großer Publikumsmagnet für das Land verloren.“ Die Vorpommersche Landesbühne halte aber noch an ihren Planungen für eine Open-Air-Saison fest. Von Martina Rathke und Anne Ziebarth