Schüler entern die große Bühne

Jacqueline Gurr ist beeindruckt. „Wie mutig die Kinder sich auf der Bühne bewegen!“, lobt sie. „Einfach toll.“ Das Lob der Ergotherapeutin der DRK-Schule in Patzig gilt sechs kleinen Theaterstücken, mit denen fünf Rügener Schulen auf der Bühne des Putbuser Theaters brillierten. Die Rügener Schultheatertage luden in diesem Jahr zum zweiten Mal alle Gruppen der Insel ein, die Ergebnisse ihrer Arbeit auf der Bühne des Theaters Putbus zu präsentieren. „Einmal auf der großen Theaterbühne stehen, sehen, was andere so machen, Gleichgesinnte treffen, austauschen, professionelles Feedback zur eigenen Arbeit bekommen — die Kinder erleben einen prall gefüllten Theatervormittag“, versprach Sabine Kuhnert, Theaterpädagogin des Theaters Vorpommern. Das „offene Spiel zum Publikum“ der Kinder der DRK-Schule lobte auch die aus Manuela Morlock vom Stralsunder Sticer-Theater und dem Greifswalder Schauspieler Felix Meusel bestehende Jury, die im Anschluss ein Feedback zu besonderen Stärken gab. Das Stück „Des Kaisers neue Kleider“ sei eine gute Wahl gewesen, stellt es doch dar, zu welchen Dummheiten vermeintlich kluge Menschen imstande sind. Um die virtuellen Kleider des eitlen Kaisers zu finanzieren, trieb dessen Minister sogar je einen Taler Kinder-, Hühner und Badesteuer vom Publikum ein. Am Ende tut bekanntlich ein Kindermund Wahrheit kund und der Schwindel fliegt auf. Die im Werkunterricht hergestellten „tollen Requisiten, Bühnenbild und Kostüme“ lobten auch die Kinder der anderen Schulen. In der Aufführung des Horts „Am Rugard“ geraten Ahmet und Ibrahim auf ein Gespensterschiff, auf dem sich die merkwürdigen Seeleute mittels eines unverständlichen Gebrabbels unterhielten, für das die Jury den Preis „für die phantasievollste Sprache“ verlieh. Vor diesem gruseligen Hintergrund blieben auch echte Action-Szenen unvermeidlich. In dem Stück „Die Buchstabenpiraten“ der Grundschule Wiek wird mit Choreographie, Gesang und gemeinsamem Sprechen und damit „der besten Ensemble-Leistung“ geglänzt, lobte die Jury. In dem Stück können 18 verrückte Piraten inklusive des stinkigen Steuermanns Stefan „das nächste Schiff kaum erwarten, denn wir sind echte Piraten“, die alles können, nur nicht lesen. Aber nur, wer Buchstaben kennt, kann die Hinweise auf die 100000 Schokoladentaler im Jasmunder Bodden erkennen. „Wir haben etwa seit September die Zeit der Halbtagsgrundschule genutzt und mit den 2. und 3. Klassen geprobt“, erklärt Schulleiterin Birgit Bonau. Hätte es einen Publikumspreis gegeben, wäre er wohl an die Regionale Schule „Am Grünen Berg“ gegangen. „Mit einer herausragenden schauspielerischen Leistung, in der jeder seine Figur gut verstanden und umgesetzt hat“, so die Jury, erzählt das Stück vom „Lottogewinn“ die Geschichte eines unglücklichen Familienvaters. Zwar werden dessen Zahlen gezogen, aber der Sohn hat sich fürs Lottogeld lieber ein Eis gekauft. Spritzig und komisch spielen dabei sowohl Oma als auch männliche Lottofee und ganz professionell baute das Ensemble sogar Schleichwerbung mit ein. „Wir haben erst geguckt, was jeder kann und dann das Stück selbst geschrieben“, sagen Maxi Leistikow und Jessica Werner vom Ensemble. Mit gleich zwei Gruppen nahm die Freie Schule Rügen teil. Das Stück „Backstage“, eine Verwechslungskomödie, in der zwei Bühnenarbeiter die abwesenden Schauspielerinnen vertreten und so die Aufführung retten, handelt von Intrigen und Eitelkeiten und erhielt dafür das Prädikat „Beste Story“. Ähnlich kritische Inhalte weist das Stück „Die Anderen“ auf, in dem es mit „der besten sprachlichen Leistung“ um Schuldzuweisung und Eigenverantwortung geht. Die Schüler zeigen, wie materielle Gier Menschen in ein Hamsterrad treibt, das sie hilflos werden lässt, wenn die Haushälterin einmal krank oder der Porsche in der Werkstatt ist. Streit fangen natürlich nie die eigenen Kinder, sondern stets andere an, wie es am Elternsprechtag rechthaberisch behauptet wird. Manche sehen noch nicht einmal ein, dass Handys im Unterricht ablenken und daher verboten sind. „Die Kinder haben einzelne Sequenzen aufgeschrieben, aus denen ich dann ein Stück gefertigt habe“, sagt Leiv Riegenring. Der Hortleiter an der Freien Schule findet es „total toll“, dass es diese Plattform für Kindertheater gibt und hofft, dass der Theatertag auch in den kommenden Jahren stattfinden wird. Uwe Driest

Putbus - Schüler entern die große Bühne