Ungewöhnliche Freundschaft: Hund und Kitz unzertrennlich

Oh jeh — vom ersten Ausflug in den Nahen Forst kehrte Dachsbracke Egon allein zurück. Das Rehkitz, mit dem der Hund seit Tagen eine innige Freundschaft pflegte, kam nicht wieder mit nach Hause. Dabei waren die Zwei mittlerweile sehr vertraut miteinander. Förster Bernd Merting wurde unruhig, denn so ein kleines Kitz ist einem Fuchs ausgeliefert. Er suchte die ganze Umgebung ab, jedoch ohne Erfolg. Doch die bereits gewohnte Mahlzeit trieb den kleinen Ausreißer zurück aufs Gehöft: Pünktlich zum Frühstück 8 Uhr war das junge Tier wieder da. Das Kitz, das Sassnitzer Einwohner am Neuen Friedhof in der Mukraner Straße entdeckt hatten, dürfte jetzt drei Wochen alt sein. Es hatte neben der toten Ricke gelegen, die wahrscheinlich durch einen Hund gerissen worden war. Die Spaziergänger brachten es zum Förster und Jäger Bernd Merting, der in Hagen wohnt. „Das Jungtier war bei der Übernahme gesund”, erzählt Bernd Merting. „Ich habe es gleich gewogen: 1500 Gramm war es schwer. Nach diesem Gewicht zu urteilen, müsste der kleine Rehbock drei, vier Tage alt gewesen sein.“ In den ersten Tagen bekam das Kitz einen Platz in der Küche. „Das kleine Reh erhielt frische Schafsmilch, die ich vom Biohof Bistamitz hole“, erzählt Merting. „Viermal am Tag ein bis zwei kleine Schälchen warme Milch: um 8 Uhr die erste und abends um 20 Uhr die letzte Mahlzeit. Der Rehbock ist schon schön gewachsen und wiegt nun um die 2700 Gramm. Seinen Platz hat er vor dem Haus im Hundekorb der Dachsbracken Egon und Done. Egon hatte nichts dagegen und teilte gern seinen geliebten Schlafplatz mit seinem neuen Freund. Die ältere Dame Done beachtet das Kitz nicht, denn sie liebt die Ruhe.“ Das Kitz lief auf dem Hof frei herum, so schloss es seine erste Bekanntschaft mit den Hühnern, Hähnen, Enten und dem Pfau. Zwischen Egon und dem Kitz entwickelte sich eine Tierfreundschaft. Beide wurden unzertrennlich. Sie schlafen gemeinsam im Hundekorb und nach dem Milchschleckern übernimmt der Hund die Aufgabe der Ricke und leckt das Schnäuzchen des Bocks gewissenhaft ab. Als das verschollene Kitz wieder vor der Tür stand, freute sich nicht nur Förster Merting. Auch Egon wedelte emsig mit der Rute. Das Böckchen war sehr hungrig und im Nu waren zwei kleine Schüsseln mit warmer Schafmilch ausgeschlürft. Nach diesem ausgiebigen Frühstück, zogen Egon und das Kitz erneut gemeinsam los. „Meine Absicht ist es, den Rehbock im Herbst in den nahen Wald auszuwildern“, sagt der Weidmann. „Wichtig ist dabei, dass er so lange auf dem Hof bleibt, bis er von der Milch entwöhnt ist, um sein Futter selber zu suchen. Ich konnte beobachten, das er bereits an Gräsern knabberte. Ich nehme aber an, dass er bereits vorher selbständig den Weg in den Wald findet.“ Das „Europäische Reh“ Das Reh (Capreolus capreolus), auch Europäisches Reh genannt, tauchte bereits vor 25 Millionen Jahren auf. Zwar ist das Reh wie Rot- und Damwild Teil der Hirsch-Familie, der nächste Verwandte ist aber der Elch. Dieter Lindemann

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