Unterschriften gegen noch mehr Lärm

Die Idee klang gut: Nachdem viele Glower in den vergangenen Jahren argwöhnisch vor allem die wachsende Bettenzahl beäugt hatten, wollte die Gemeinde nun auch den Weg für den Mietwohnungsbau freimachen. Neben der Wohnanlage von Rügen-Radio sollen Mehrfamilien-Häuser gebaut werden. Doch mit der Idee stößt die Kommune auf mehreren Seiten auf Widerstand. Zum einen ist die Raumordnungsbehörde skeptisch, zum anderen treibt die Planung viele der jetzigen Bewohner auf die Palme. Sie haben Unterschriften gegen das Vorhaben gesammelt und ihre Kritik während der Auslegung des B-Plan-Entwurfs auch schriftlich formuliert. Dabei geht es ihnen nicht, wie auf der vergangenen Bauausschusssitzung unterstellt, um den Verlust eines kleinen Ostseeblicks. Sie befürchten, dass der Straßenlärm durch den geplanten Viergeschosser reflektiert wird und die Lärmbelastung für die Anwohner in den bereits existierenden Häusern an der Ortsdurchfahrt steigt. Denn während die alten Bauten quer zur Straße stehen, soll der neue Block parallel zur Landesstraße stehen. Die jetzigen Wohnhäuser würden sich also zwischen der Hauptstraße und dem Neubau befinden. „Wir wohnen dann in der Schallreflexionszone 4“, benennt die Anwohnerin Brigitte Schwanbeck das Problem des Lärms, das schon jetzt viele Anwohner belastet. „Wenn da jetzt noch gebaut wird, ziehen wir früher oder später aus“, kündigte ihr Mann Joachim auf der Sitzung des Bauausschusses an. Ihren Nachbarn Brunhilde und Wolfgang Haase geht es genauso. Wie die Schwanbecks und auch die meisten anderen Glower sind sie froh, dass in der Kommune altersgerechte Wohnungen entstehen sollen — auch wenn nicht ganz klar ist, ob der Wohnraum für den „Otto Normalverbraucher“ bezahlbar sein wird. Der Hauptkritikpunkt vieler Bewohner ist und bleibt aber die Anordnung des Gebäudes und seine Dimension. Der Viergeschosser würde dann genau hinter einem zweistöckigen Altbau mit ausgebautem Spitzdach stehen. „Wenn dieser Viergeschosser kommt, können wir nachts kein Fenster mehr öffnen“, ist sich Mieter Bernd Radeisen sicher, der beruflich Bauerfahrung hat und von einer deutlichen Verschlechterung der Wohnsituation für die jetzigen Bewohner spricht. Von den Plänen will die Gemeinde dennoch nicht abrücken. „Ich kann den Protest nicht nachvollziehen“, sagte der Bauausschussvorsitzende Uwe Radeisen. „Solche Wohnungen, barrierefrei und mit Aufzug, fehlen uns in Glowe.“ Davon konnte die Kommune die Landesraumordnungsbehörde aber offenbar nicht gänzlich überzeugen. Statt der ursprünglich vorgesehenen zwei Blöcke mit insgesamt 50 Wohnungen will sie vorerst nur dem Bau eines Blocks mit 25 Wohnungen zustimmen und danach entscheiden, ob ein weiterer für den Ort noch notwendig und verträglich ist. Die Gemeinde wird deshalb den Bebauungsplan für das Gelände bei Rügen-Radio in „Ost“ und „West“ aufteilen — und die Fläche im Westen zuerst bebauen lassen. Gerade die, die am dichtesten an den bestehenden Wohnhäusern und der Straße liegt, moniert Schwanbeck. Das einzige Zugeständnis an die Mieter: Der Vorhabenträger, die Wohnungsgenossenschaft „Rugard“, soll vertraglich verpflichtet werden, sich um besseren Schallschutz zu kümmern. Kritik am Planentwurf 52 Stellungnahmen gleichen Inhalts haben Glower während der Auslegung des Entwurfs des Bebauungsplans für die Erweiterung der Wohnanlage bei Rügen-Radio abgegeben. In der Abwägung, die das beauftragte Planungsbüro vornimmt und die die Gemeindevertreter auf ihrer öffentlichen Sitzung am morgigen Mittwoch beschließen wollen, dürften diese Hinweise so gut wie keine Berücksichtigung finden. Maik Trettin

Glowe - Unterschriften gegen noch mehr Lärm