Weniger Aufträge durch Corona-Krise: Handwerker auf Rügen verunsichert

Noch sind sie unterwegs – decken Dächer, streichen Fassaden oder eilen herbei, wenn die Wasserleitung leckt. Doch auch wenn die meisten Gewerke ihre Dienste noch nicht einstellen mussten, bekommen die Handwerker die ersten Auswirkungen zu spüren. „Im Malerhandwerk ist es schon so, dass wir Aufträge verlieren“, sagt Volker Reining. „Das sind oft die von kleinen Unternehmen, die absagen. Dafür sind größere Aufträge dazugekommen“, so der Innungsobermeister. Für ihn sind die Entscheidungen der Auftraggeber durchaus nachvollziehbar. „Das ist vielleicht der Café-Besitzer, der mehrere kleine Lokale schließen musste und nicht weiß, wann er wieder öffnen darf. Das ist für mich verständlich. Größere Betriebe haben da mehr in der Rückhand, besitzen einen Puffer. Da kann die Zeit, in der die Räume nicht belegt werden, dann gut für solche Arbeiten genutzt werden“, sagt der Chef von 25 Angestellten. Überleben der Betriebe eine Frage der Zeit: Für ihn tut sich jedoch ein ganz anderes Problem auf. „Merkwürdig ist, dass sich mehr Kollegen krank melden und das auch länger als sonst üblich“, bemerkt Volker Reining. Woran das liegt, darüber könne man nur spekulieren. Dabei bemüht er sich natürlich auch im Handwerksbetrieb darum, trotz laufender Tätigkeiten die Vorsichts- und Hygienemaßnahmen einzuhalten. „Man kommt nicht mehr in großer Runde zusammen. Wenn man sich sonst morgens beim Lieferanten getroffen hat, lässt man sich jetzt eher beliefern“, so Reining. Mit den bisherigen Einschnitten ließe es sich noch leben, meint der Malermeister. „Man kann eine Zeit lang überstehen, aber irgendwann wird es kritisch. Ich hoffe, dass die Regierung den Mittelstand nicht vergisst“, betont Volker Reining. Leute sind durch Corona vorsichtiger: Ähnlich sieht es auch Thomas Subklew, der in Binz ein Installateur- und Heizungsbau-Unternehmen mit drei Angestellten betreibt. Den Einbruch hat auch er gespürt. „Rügen ist Urlaubsgebiet. Sind die Hotels und Pensionen leer, sind weniger Leute da, gibt es weniger Schäden, folglich weniger Aufträge“, bringt er es auf den Punkt. „Außerdem sind die Leute jetzt vorsichtiger, Aufträge zu vergeben.“ Einen Grund zum Klagen sieht er für sich bis jetzt aber noch nicht gekommen. „Unsere Branche ist die mit dem größten Reparaturbedarf. Da sind wir vielleicht noch am besten dran. Malerarbeiten lassen sich aufschieben. Rohrleitungsschäden muss man reparieren lassen“, so Subklew. Es sind deutlich weniger Anrufe, die ihn derzeit täglich erreichen. Noch würde es aber ausreichen. Doch auch für ihn ist es eine Frage der Dauer dieser Einschnitte. „Man kann es noch überbrücken, indem man zum Beispiel Wartungsarbeiten, die vielleicht auch erst im Herbst dran wären, nun vorzieht. Doch es ist eine Frage der Zeit, bis wir von Reparaturen nicht mehr leben können, sondern auch auf Kurzarbeit schalten müssen“, sagt Thomas Subklew. Derzeit müsse man „Schmalspur fahren“ und unter Umständen auch an die Ersparnisse ran. Hilfen der Behörden und Kammer gefragt: Die Unsicherheit der Handwerksbetriebe bekommt Uwe Ambrosat in der Kreishandwerkerschaft zu spüren, bei dem das Telefon spätestens seit dem Wochenbeginn heiß läuft. Die Kosmetik- und Friseursalons sind die ersten großen Verlierer in der Handwerksriege. „Die Friseure waren auch vorher schon nervös. Nun kommen Fragen auf, wo sie Hilfe beantragen können. Die Anträge auf Kurzarbeitergeld sind da oft Hürden“, berichtet der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Rügen-Stralsund-Nordvorpommern. Doch auch Firmenchefs, deren Unternehmen noch laufen, haben Sorgen. „Sie sind einfach sensibilisiert. Da sind Fragen, wie sie mit Mitarbeitern umgehen sollen in dieser Situation“, schildert Ambrosat. Schließlich möchte auch kein Arbeitgeber verantwortlich sein, wenn sein Mitarbeiter sich ansteckt. So berichtet er von Dachdeckerfirmen, die ihre Mitarbeiter nur noch zu zweit, statt mit sechs Personen in einem Fahrzeug auf die Baustellen schicken. Die größte Sorge gilt nun jedoch vorerst der Kosmetik- und Friseurbranche. „Alle sind schockiert“: Auch bei Simone Naulin und ihren vier Mitarbeiterinnen bleibt jetzt die Tür zu. „Man hat schon damit gerechnet. Aber es sind jetzt doch alle schockiert“, sagt die Innungsobermeisterin, die nun auch mit vielen anderen Betrieben ihrer Branche in Kontakt steht. „Die Zeit muss jetzt überbrückt werden. Eigentlich sind auch wir ein Saisonbetrieb. Der Winter verläuft eher ruhig. Da werden die Rücklagen aus der Saison aufgebraucht“, schildert Naulin. Viele ihrer Berufskollegen stehen nun hilflos da. Aufgrund der Vielzahl der nun hereinbrechenden Anträge rechne man nicht mit schneller Hilfe der Arbeitsagenturen. „Jetzt muss auch die Handwerkskammer etwas für uns tun, damit man bei der Beantragung der Hilfsleistungen den Überblick bekommt“, so Simone Naulin. Schließlich hätten wie alle Handwerksbetriebe auch die Friseure die Situation zu bewältigen, dass laufende Kosten, wie Miete trotzdem rechtzeitig beglichen werden müssen. Mehr zum Thema: Corona-Lage in MV: Das ist die Situation am Dienstag Corona in MV: Das ist die aktuelle Zahl der Infizierten OZ sendet Konzerte aus Newsroom: Mittwoch 18 Uhr mit Nora Reinhardt Corona-Krise: Diese Händler aus MV bieten ab sofort Abhol- oder Lieferservice Von Wenke Büssow-Krämer