Zahl der Waffenscheine steigt drastisch

Die Zahl der Waffenscheine im Kreis Vorpommern-Rügen ist im vergangenen Jahr drastisch gestiegen. Der Trend hält bereits seit einigen Jahren an. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 449 Kleine Waffenscheine vergeben – das sind mehr als zehnmal so viele wie noch 2015. Da waren es lediglich 39. Der Kleine Waffenschein berechtigt zum Beispiel zum Führen von Schreckschusswaffen, die Nachbildungen von echten Pistolen oder Revolvern sind, aber keine echte Munition, sondern zum Beispiel Reizgas verschießen. Auch Messer gehören dazu. Insgesamt zählt der Kreis nun 3400 Inhaber von waffenrechtlichen Erlaubnissen. Im Vorjahr waren es nur 3100. 3400 Inhaber einer sogenannten waffenrechtlichen Erlaubnis zählte der Landkreis 2016. 449 Kleine Waffenscheine wurden im vergangenen Jahr erteilt. 2015 waren es nur 39. 153 Waffenbesitzkarten wurden erteilt. Der Anstieg hat Folgen: Die für Waffen zuständige Behörde des Landkreises kommt auf Grund der vielen Nachfragen nicht dazu, zu prüfen, ob die Besitzer ihre Waffen ordnungsgemäß lagern. 2016 fand keine einzige Kontrolle statt. „Dies ist vor allem dem Umstand der Antragsflut auf Erteilung Kleiner Waffenscheine geschuldet“, heißt es auf OZ-Anfrage aus der Waffenbehörde. „Es gibt nicht genug Personal“, bestätigt Kreissprecher Olaf Manzke. Dennoch würde die Behörde jeder Meldung nachgehen. So wurden vor allem Ordnungswidrigkeiten wie das verbotene Führen von Messern mit einhändig feststellbarer Klinge, sogenannten Einhandmessern, oder Messern mit einer über zwölf Zentimeter langen Klinge verzeichnet. Auf dem Festland wurden 27 Ordnungswidrigkeiten erfasst, auf der Insel Rügen 21. Gründe für die steigenden Zahlen kann der Kreis keine nennen. „Zur Erteilung eines Kleinen Waffenscheines wird ein Bedürfnis – also ein Grund – nicht vorausgesetzt, sodass der Behörde keine möglichen Gründe für dieses erhöhte Antragsaufkommen bekannt sind“, heißt es dazu. Bei der Polizei ist man über diese Entwicklung nicht erfreut. 2015 wurden im Bereich der Polizeiinspektion Stralsund 55 Verstöße gegen das Waffengesetz festgestellt. 2016 waren es einige Verstöße mehr. Die konkreten Zahlen werden erst mit der Kriminalstatistik bekannt gegeben. Die Verstöße bezogen sich überwiegend auf den nicht erlaubten Besitz von Einhandmessern, Butterfly-Messern, Pfefferspray und Teleskopschlagstöcken. Aber auch Schreckschusswaffen waren darunter. Ilka Pflüger, Sprecherin der Stralsunder Polizeiinspektion, warnt: „Die Bewaffnung einzelner Bürger führt nicht zur Erhöhung der Sicherheit. Das Gefühl der Sicherheit ist ein subjektives und verstärkt objektiv nicht die tatsächliche Sicherheit. Im Gegenteil: Waffen täuschen Sicherheit vor und bieten in Konfliktsituationen einer Eskalation viel Raum.“ Die öffentliche Sicherheit liegt in der Zuständigkeit der Polizei. Von jeglichen Formen der Selbstjustiz rät die Polizei ab. „Dass die Zahl der Anträge auf einen Kleinen Waffenschein steigt, ist ein Zeichen dafür, dass die Bürger verunsichert sind“, sagt Thomas Lenz, Landesvorsitzender der Opferschutz-Organisation Weißer Ring. Aus seiner Sicht gebe es dafür aber keinen objektiven Grund. „Die Gewaltkriminalität geht zurück in Deutschland und Mecklenburg-Vorpommern.“ Es sei wahrscheinlicher, vom Blitz getroffen zu werden, als Opfer eines Anschlags zu werden. Statt der Bewaffnung der Bevölkerung gibt es für den Landeschef des Weißen Rings, der auch Staatssekretär im Innenministerium in MV ist, nur eine Lösung. „Wir brauchen mehr Polizei und einen starken Verfassungsschutz“, betont Lenz. Michaela Krohn

Bergen/Stralsund - Zahl der Waffenscheine steigt drastisch