Zu wenig Gäste: Jugendherberge in Prora fünf Monate dicht

Die „längste Jugendherberge der Welt“ und die größte in MV — sie ist derzeit die wohl leerste. Die im Juli 2011 eröffnete 400-Bettenanlage im Block V des 4,5 Kilometer langen „Kolosses von Prora“ hat seit dem 1. November geschlossen. Erst am 1. April öffnen sich wieder die Türen für die Gäste — und etliche Mitarbeiter. Nach OZ-Informationen sollen die rund 20 Mitarbeiter über die fünfmonatige Zwangs-Winterpause kurzfristig informiert worden sein. Von Entlassungen in die Winterarbeitslosigkeit ist die Rede. „Wir haben keinen Mitarbeitern gekündigt“, erklärt Karen Löhnert, Vorstandsvorsitzende des Deutsches Jugendherbergswerk (DJH) Landesverband MV auf OZ-Anfrage. Aber: „Teilweise müssen wir Beschäftigungsdauern anpassen. Zehn Personen sind weiterhin ganzjährig beschäftigt, dabei lassen sich gute Synergien erzielen über eine Kombination aus Arbeitseinsätzen in den Jugendherbergen Binz und Prora.“ Den Hintergrund der Schließung begründet Karen Löhnert damit, dass die Nachfrage in den Wintermonaten noch nicht ausreichend sei, um einen Ganzjahresbetrieb weiterhin zu gewährleisten. „Vom Gesamtvolumen der Übernachtungen laufen in Prora in den Monaten November bis März lediglich fünf Prozent“, so Löhnert. Dennoch sei man mit der Entwicklung weiterhin sehr zufrieden. „Das Jahr 2014 schließen wir mit 78100 Übernachtungen ab.“ Dass es im Winter noch nicht recht laufe, liege vor allem daran, dass ein großer Tagungsraum fehle, der für die Akquise von Großgruppen im Winter nötig wäre. Dieser soll mit dem geplanten Bildungszentrum neben der Jugendherberge entstehen. „Derzeit laufen mit dem Landkreis Bemühungen für ein gemeinsames Projekt zur Nutzung durch den Verein Prora Zentrum, das Dokumentationszentrum Prora und das DJH“, so Löhnert. Dass immer noch ein Veranstaltungssaal für 200 Menschen fehlt, bedauert auch Susanna Misgajski, Leiterin des Prora-Zentrums, das Ausstellungen, Rundgänge und Workshops über die NS- und DDR-Geschichte anbietet. Es hat in dem unsanierten Teil von Bock V sein Domizil und soll einmal die geplante Bildungsstätte in der benachbarten „Liegehalle“ betreiben. Im Winter muss es bis jetzt immer die unbeheizbaren Ausstellungsräume verlassen und in das Rezeptionsgebäude an der Zufahrtsschranke zum Gelände der Jugendherberge umziehen. „Sobald ein großer Tagungsraum geschaffen ist, können wir uns sehr gut vorstellen, wieder ganzjährig zu öffnen“, kündigt Karen Löhnert an. „Tatsache ist, dass sich einzelne Gäste in einem Speisesaal mit 350 Plätzen oder den langen Gängen der Jugendherberge nicht wohl fühlen. In den Wintermonaten ist die Jugendherberge in Binz daher eine gern genutzte Alternative.“ Die hat ganzjährig auf. Die in Sellin schließt seit zwei Jahren im Winter, sagt ein ehemaliger Mitarbeiter, der sich deshalb einen anderen Job suchte und namentlich nicht genannt werden will. Bauherr der Jugendherberge Prora war der alte Landkreis Rügen. Weil damals das eingeplante Geld nicht reichte, entstand eine abgespeckte Variante mit 400 statt 500 Betten. Vor allem Auflagen des Denkmalschutzes trieben die Kosten in die Höhe. Statt anfangs 13 Millionen Euro flossen 16,4 Millionen Euro in den Ausbau, davon 15,1 Millionen Euro aus öffentlichen Töpfen von Land, Bund und EU. Das DJH als Betreiber schoss rund 1,3 Millionen Euro zu. „Der alte Landkreis hat jahrelang für diese Jugendherberge gekämpft. Und als damalige Landrätin bin ich natürlich sehr traurig, dass sie nicht das ganze Jahr über geöffnet hat“, erklärt Kerstin Kassner, heute Bundestagsabgeordnete der Linken. In den jeweiligen Förderbescheiden sei ein ganzjähriger Betrieb aber nicht zur Bedingung gemacht worden. „Wir sind damals davon ausgegangen, dass die Herberge das ganze Jahr über geöffnet ist und somit auch Ganzjahresarbeitsplätze bietet. Aus heutiger Sicht hätten wir das vertraglich vereinbaren sollen“, sagt Kassner und wünscht sich mehr Engagement des heutigen Landkreises Vorpommern-Rügen für den weiteren Ausbau von Block V. Ihrer Ansicht nach sei die Jugendherberge Prora selbst nicht die Ursache für die Winterpause. „Das Haus in Prora läuft sehr gut. Das, so habe ich es gehört, könne man aber nicht von allen Jugendherbergen im Land sagen.“ Großer Zeltplatz mit auf dem Gelände 16,4 Millionen Euro wurden in den Umbau der Jugendherberge investiert. Sie wurde im Juli 2011 eröffnet und befindet sich in Block V der 4,5 Kilometer langen Anlage, die von den Nazis als „Kraft-durch- Freude-Seebad“ für 20 000 Urlauber geplant, unvollendet errichtet und zu DDR-Zeiten von der Nationalen Volksarmee genutzt wurde. Zu ihr gehört auch ein Zeltplatz (250 Stellplätze), der 2007/2008 eröffnet wurde. Gerit und Chris-Marco Herold

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