Brüllerei im Gericht: Star-Anwalt auf Krawall-Kurs

Krawall und Remmidemmi am dritten Tag des Fischbrötchen-Prozesses. Während der Verhandlung im Stralsunder Landgericht haben sich Richter Wolfgang Loose und Verteidiger Johannes Eisenberg mehrfach angebrüllt. Die Wortgefechte nahmen dabei groteske Züge an. „Ich bin hier nicht der Kasper. Das meinen Sie zwar, aber das bin ich nicht. Werden Sie eigentlich dafür bezahlt, hier Klamauk zu machen?“, fuhr der Vorsitzende Richter aus der Haut, nachdem Eisenberg mehrfach die Vernehmung eines Zeugen unterbrochen hatte. In einer anderen Situation wies der Verteidiger den Richter zurecht, die Zeugen falsch über ihre Rechte zu informieren. „Ich bin froh, wenn ich Sie nach Ihren 40 Dienstjahren kurz vor der Pension noch auf den Pfad des Rechts führen kann“, sagte Eisenberg. Der Berliner Anwalt ist bundesweit dafür bekannt, sich regelmäßig mit Richtern und Staatsanwälten anzulegen. Eisenberg gilt als Experte im Straf- und Medienrecht, wird aber auch wegen seines cholerischen Temperaments und seines zum Teil respektlosen Umgangstons gefürchtet. In Medienberichten wird er als „Juristen-Poltergeist“ und „große Nervensäge“ bezeichnet. Eisenberg blickt auf eine schillernde Karriere zurück. Er vertrat bereits Wikileaks-Gründer Julian Assange, Ex-Stasichef Erich Mielke, Politiker Hans-Christian Ströbele und Schauspieler Til Schweiger. Zu Eisenbergs Mandanten gehört auch der Stralsunder Boxer Jürgen Brähmer. Nun hat sich der Star-Anwalt mit provokanten Sprüchen in den Mittelpunkt des Fischbrötchen-Prozesses manövriert. Den drei Angeklagten wird dabei vorgeworfen, Stralsund im Sommer 2012 mit einer Serie der Gewalt überzogen zu haben. Dazu gehören ein brutaler Überfall auf Stralsunds Vize-OB Dieter Hartlieb, Brandanschläge auf ein Auto und einen Kutter sowie ein Buttersäureangriff auf ein Hotel. Außerdem wurde eine Bombenattrappe im Bauamt platziert. Damit wollten die Angeklagten laut Staatsanwaltschaft die Vergabe von Konzessionen für Fischbrötchen-Kutter im Hafen beeinflussen. Die drei Männer waren ein Jahr später bereits zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil jedoch aufgehoben. Hintergrund der gestrigen Reibereien zwischen Verteidiger und Richter ist unter anderem die Frage gewesen, ob ein wichtiger Zeuge in dem Prozess seine Aussage verweigern darf. Der 20-Jährige hatte seinerzeit ein Glas mit Buttersäure in ein Hotel am Neuen Markt geschmissen. Im darauffolgenden ersten Prozess packte er aus und deckte die Verbindungen zwischen dem Anschlag und den Angeklagten auf. Er werde bald Vater und wolle einen Schlussstrich unter seine dunkle Vergangenheit ziehen, sagte der Demminer damals. Doch diese Aussage will der Mann nun nicht wiederholen. Begründung: Er habe die Tatsachen damals nicht korrekt geschildert und müsste eine Strafe wegen Falschaussage fürchten, wenn er die Fragen nun wahrheitsgemäß beantworten würde. Sollte er damit durchgekommen, schlüge die Verteidigung zwei Fliegen mit einer Klappe. Es gäbe einen Belastungszeugen weniger, und gleichzeitig wäre die Aussage von vor einem Jahr in Frage gestellt. Der 20-Jährige ist für nächste Woche erneut vorgeladen. Was bisher im Fischbrötchen-Prozess geschah Der neue Fischbrötchen-Prozess ist in der vergangenen Woche eher stockend gestartet. Die Angeklagten kündigten an, sich in dem Verfahren nicht mehr äußern zu wollen. Anwalt Johannes Eisenberg, Wahlverteidiger des mutmaßlichen Anstifters des Angriffs auf den Vize-Stadtchef, stellte Befangenheitsanträge gegen den Vorsitzenden Richter Wolfgang Loose. Er warf dem Richter Voreingenommenheit vor, weil dieser eine neue Pflichtverteidigerin für seinen Mandanten abgelehnt hatte. Diese Anträge sind mittlerweile abgewiesen worden. Am darauffolgenden Prozesstag hat Vize-OB Dieter Hartlieb dann zum besagten Überfall auf ihn ausgesagt. Die Schilderungen über sein Martyrium waren detailreich und erschreckend. Den Angreifer konnte er jedoch nicht mit einem der Angeklagten in Verbindung bringen, da der Schläger während des Angriffs eine Maske getragen hatte. Bereits zum zweiten Mal müssen sich die drei Angeklagten vor dem Landgericht Stralsund wegen mehrerer Straftaten verantworten, die Stralsund während des sogenannten Fischbrötchen-Kriegs in Angst und Schrecken versetzt hatten. Die Männer waren bereits im 2013 von einer anderen Strafkammer zu Haftstrafen verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte das Urteil jedoch aufgehoben und die Beweiswürdigung bemängelt. Alexander Müller

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