„Crystal Endeavour“ aus Stralsund: Erste Kreuzfahrt steht bevor

Der 17. Juli soll ein großer Tag für das Luxus-Expeditionsschiff „Crystal Endeavor“ werden. Dann soll der von Stralsunder Schiffbauern der MV Werften gebaute eisgängige Kreuzfahrer von seinem neuen Heimathafen Reykjavík aus zu seiner ersten von fünf zehntägigen Reisen zu den faszinierendsten Orten Islands aufbrechen. So hat es die Reederei Crystal Cruises Anfang dieser Woche verkündet. Das Schiff bietet Platz für nur 200 Gäste mit einem Verhältnis von Besatzung zu Gast von eins zu eins, was einen persönlichen Service für die Reisenden gewährleisten soll. Es wird nach Reedereiangaben das geräumigste, schnellste und leistungsstärkste Expeditionsschiff der Branche sein. Die Klassifizierung für die Polar Class 6 (PC6) ermöglicht dem Luxus-Kreuzfahrer Fahrten in den Regionen von Arktis und Antarktis. Schiff liegt noch in Stralsund am Werftkai: „Während wir uns darauf vorbereiten, die ,Crystal Endeavor’ in der Crystal-Flotte willkommen zu heißen, teilen wir die große Vorfreude unserer Gäste auf dieses außergewöhnliche neue Schiff und die kommenden Reisen“, ließ Jack Anderson, Interimspräsident und CEO von Crystal, von Miami aus verkünden. „Wir wissen, dass Reisende sich auf diese aufregende neue Art und Weise gefreut haben, die Welt mit Crystal zu erkunden.“ Lesen Sie auch Sozialplan für Stellenabbau bei MV Werften: 1220 Mitarbeiter sollen gehen MV Werften: Baustopp für Kreuzfahrtschiff Global 1 vorerst abgewendet MV Werften Wismar: So weit sind die Arbeiten an der „Global 1“ schon fortgeschritten Während sich in der Reederei Vorfreude breitmacht, liegt das Schiff derzeit noch in Stralsund am Werftkai und nahm dieser Tage die Rettungsboote an Bord, die noch im Hafenbecken getestet wurden. Mitglieder der künftigen Besatzung und deren Kapitän Thomas Larsen hatten Anfang März gemeinsam mit Fachleuten der Werft während einer ersten dreitägigen Erprobungsfahrt auf der Ostsee zwischen Rügen und Bornholm Antrieb, Steuerung und Navigation des 164 Meter langen Schiffes getestet. „Crystal Endeavor“: der Porsche unter den Luxus-Yachten: Larsen zeigte sich danach durchaus begeistert. „Design und Bau der ,Crystal Endeavor‘ sind hervorragend. Die vertraglich vereinbarte Höchstgeschwindigkeit von 19,7 Knoten wurde während der Seeerprobung mit 20,5 Knoten erreicht und übertraf damit alle Leistungserwartungen und -standards“, so der Kapitän in einer Mitteilung. Er gibt sich nahezu euphorisch: „Mit seiner reaktionsschnellen, agilen Manövrierfähigkeit, der Sicherheit und den technischen Möglichkeiten ist dieses Schiff mit dem Fahren eines fein abgestimmten deutschen Elite-Sportwagens, wie etwa eines Porsche, vergleichbar.“ Schicksal der Werftarbeiter nach Übergabe offen: Für Bernd Fischer, Betriebsrat der MV Werften in Stralsund, ist das vor allem ein Beleg für das hohe Können der Stralsunder Schiffbauer. „Dieses Lob ist für uns alle eine Auszeichnung“, so Fischer. Bevor das Schiff ausgeliefert wird, soll es in diesem Monat noch eine weitere Erprobung für die Übergabe an die Schiffsklasse geben. Wie es danach für die 500 Werftarbeiter weitergeht, ist für den Betriebsrat derzeit noch völlig offen. „Diese Frage höre ich von allen Seiten. Aber aktuell ist für uns eher das Thema Transfergesellschaft“, sagt Fischer und schiebt nach: „Vor allem für die älteren Kollegen sehen darin eine Chance für einen geordneten Übergang in den Ruhestand.“ Ein Fünkchen Hoffnung bleibt dennoch. Für die „Endeavor 2“ sind bereits die meisten technischen Anlagen auf der Werft eingelagert. „Eine Chance, das zweite Schiff doch noch zu bauen und damit Arbeitsplätze zu sichern? Interessanteste Schiffsklasse auf dem Kreuzfahrtmarkt? Für Stefan Sprunk, Sprecher der MV Werften, ist die „Crystal Endeavor“ die interessanteste Schiffsklasse auf dem Kreuzfahrtmarkt der Zukunft. Ob die „Endeavor 2“ kommt, hängt für MV Werften von verschiedenen Faktoren ab. „Wichtig ist, ob das Geld aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) des Bundes fließen wird“, sagt Sprunk. Im Gespräch sind 300 bis 400 Millionen Euro. Sprunk zeigt sich zuversichtlich, da aktuelle Marktanalysen zeigten, dass es ein Zurück zu Seereisen geben werde. Vor allem Erlebnisreisen, wie sie mit der „Crystal Endeavor“ möglich werden, lägen im Trend. „Die Mittel aus dem WSF-Fonds würden uns helfen, Zeit zu gewinnen, bis der Markt sich erholt“, sagt der Werftensprecher. Zeit, in der auch die neue Luxusyacht aus Stralsund zeigen könnte, dass sie von den Reisenden angenommen wird und so Nachfrage nach einer „Endeavor 2“ generiert wird. „Solche Schiffe in Serie zu bauen, ist wirtschaftlich immer besser“, sagt Stefan Sprunk. Das gelte so auch für die in Wismar gebaute „Global Class“. So teuer wird die erste Fahrt mit dem Luxus-Kreuzliner: Die Kundschaft, die am 17. Juli in Reykjavík an Bord gehen wird, wird derzeit von Crystal Cruises mit einer reduzierten Anzahlung von 15 Prozent, statt der üblichen 25 Prozent für ihre All-inclusive-Reisetickets umworben, für die Tarife ab 13 999 US-Dollar für den zehntägigen Törn aufgerufen werden. Die Reederei wirbt damit, dass die luxuriöse Island-Expedition eigens entwickelt wurde, um Reisende weit weg von den ausgetretenen Pfaden traditioneller Kreuzfahrtrouten zu führen. Reisende müssen vollständig gegen Covid-19 geimpft sein: Die Reisenden selbst müssen wegen der Corona-Pandemie mindestens 14 Tage vor dem Einchecken vollständig mit einem Covid-19-Impfstoff geimpft sein. An Bord selbst gilt dann das Konzept Crystal Clean+, das Covid-19-Tests für Gäste und Besatzung, ausreichend Abstand, strenge Reinigungsverfahren sowie Isolationsräume für den Krankheitsfall beinhaltet. Von Jörg Mattern