Das ist Stralsund-Schokolade aus dem Drucker

Was hat eigentlich Schokolade mit Maschinenbau zu tun? Diese Frage brachte Prof. Christine Wahmkow von der Fachhochschule Stralsund auf eine Idee. „Wir brauchten ein kleines Projekt, das alle Zutaten hat, dass sich Studenten da so richtig reinknien können“, sagt die Hochschullehrerin. Die Lösung war ein Drei-D-Drucker. Der steht jetzt in einem Lehrraum der Fachhochschule und ist ein eher unscheinbares Metallgerüst, das aber in der Lage ist, mit dem richtigen Programm nahezu jedes gewünschte Bauteil aus Plaste nachzudrucken — oder eben auch aus Schokolade. Deshalb sieht es rundum auch weniger wie bei Maschinenbauern aus als eher wie in einer Konditorei. Auf einem Zweiplattenherd schmurgelt ein Topf mit flüssiger Schokolade vor sich hin, es stehen Mixer, Messbecher, Milch und Zuckertüten herum. Alles Zutaten, mit denen Heiko Wickboldt den Drucker füttert. Der 21-jährige Maschinenbaustudent im 6. Semester ist einer von denen, die sich für das Thema Drei-D-Drucken begeistern. „Dafür muss man sich schon in verschiedene Gebiete einarbeiten“, sagt er und verweist auf Mechanik, E-Technik und Informatik. „Und natürlich auch Konstruktion, Fertigungs- und Verfahrenstechnik“, ergänzt Christine Wahmkow. „Das deckt das Fachgebiet des modernen Maschinenbaus schon weitgehend ab.“ Doch Heiko Wickboldt hat schnell festgestellt: „Mit Schokolade drucken ist etwas ganz anderes als mit Plaste.“ Da der Drucker Lage auf Lage druckt, muss die untere Schicht immer erst erkaltet sein, bevor die nächste gedruckt wird, sonst leidet die Stabilität. „Bei Plaste ist das kein Problem. Doch warme, flüssige Schokolade erkaltet langsamer, als der Drucker läuft“, erläutert der Student. Die Lösung: Die Schoko-Schichten werden mit Kaltluft angeblasen. Dafür hat Heiko Wickboldt eigens ein Gebläse entwickelt. Mit Elementen aus dem Computerbau wie Lüfter und thermoelektrischen Elementen. Der Vorteil dabei: „Die Gehäuseteile für das Kühlgerät habe ich gleich mit diesem Drucker in Plaste ausgedruckt.“ Mit den gefundenen Lösungen hat der künftige Maschinenbauer bereits viel experimentiert. Dabei sind MatrjoschkaFormen ebenso gelungen wie Erinnerungsmedaillen aus Schokolade für eine Fachtagung zur Simulation technischer Systeme an der FH. Das alles ohne Gussformen, sondern nur mit einer Programmierung aus dem Computer. Nun hat Heiko Wickboldt alles vorbereitet, um ein leckeres Stralsund-Wappen auszudrucken. Dawid Lewandowski und Kamil Todor, zwei polnische Maschinenbaustudenten, die zum Praktikum am Sund sind, schauen ihm dabei interessiert über die Schulter. Aus Experimenten wissen die Studenten, dass Bitterschokolade schwierig auszudrucken ist. Jetzt wird eine Druckmasse mit einem stärkeren Vollmilchanteil ausprobiert. Tatsächlich zieht der Drucker Bahn für Bahn. Unter den aufmerksamen Blicken der Professorin entstehen die Umrisse eines Wappenschildes. Gleichmäßig läuft die Masse aus dem Druckkolben. Die drei Millimeter hohe Grundplatte wird nahezu perfekt ausgedruckt. „Vollmilch-Schokolade scheint da bessere Werkstoffeigenschaften für die Verarbeitung aufzuweisen“, wagt Christine Wahmkow ein vorsichtiges Fazit. Für sie ist diese Süßigkeit ein Werkstoff wie andere auch — einer, mit dessen Eigenschaften man sich vertraut machen muss, um ihn zu Bauteilen verarbeiten zu können. „Schokolade hat aber einen entscheidenden Vorteil für unsere Versuche hier: Sie ist billig einzusetzen.“ Nachdem der Schoko-Kolben im Drucker gegen einen mit weißer Schokolade ausgetauscht wurde, wird es etwas schwieriger. Die weiße Masse läuft nicht so regelmäßig aus der Druckdüse, wie sie sollte. Pfeil und Kreuz des Stralsund-Wappens sind trotz der braunen Striemen dennoch gut zu erkennen. Aber Heiko Wickboldt ist dennoch nicht zufrieden. Gemeinsam mit seinen polnischen Freunden überlegt er bereits, was sich verändern lässt. Für den gebürtigen Rüganer ist gerade das der Reiz des Drei-D-Druckens mit Schokolade. „Wir müssen das weiterentwickeln, worüber andere sich bereits Gedanken gemacht haben — und dazu gehört auch ein bisschen Tüftelei“, sagt er. Bei Prof. Christine Wahmkow klingt das so ähnlich: „Wir geben die Denkanstöße. Die Studenten greifen das im günstigsten Fall auf und kümmern sich.“ Und dann kommt sie noch einmal auf ihre Eingangsfrage zurück: „Alles um uns herum hat irgendwie mit Maschinenbau zu tun — ohne diesen würde nicht einmal Schokolade in die Verpackung kommen.“ An der Stralsunder Fachhochschule hat man die Antwort auf diese Frage jetzt noch ein wenig zugespitzt. Das Onlineportal für Studienbewerber ist auf der Website der Fachhochschule Stralsund unter www.bewerbung.fh-stralsund.de zu erreichen. Studieninteressierte können sich für das Wintersemester 2015/16 an der Fachhochschule Stralsund bewerben oder einschreiben. Die Frist für die Einschreibung in die zulassungsfreien Studiengänge endet am 31. August. Jörg Mattern

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