Deutsches Meeresmuseum Stralsund: Schätze werden digitalisiert

Das Deutsche Meeresmuseum Stralsund schaltet 2021 auf Zukunft. Gleich mehrere Förderprojekte sollen die digitale Erschließung der Museumsinhalte voranbringen. Darunter befinden sich einige spektakuläre Objekte. Eines ist ein digitaler Globus, der wertvolle Forschungsarbeit zur Versauerung und Erwärmung der Ozeane sichtbar machen soll. Dieser wird voraussichtlich ab 2023 als ein Herzstück im modernisierten Meeresmuseum zu sehen sein – und im Katharinenkloster den alten, analogen Globus ersetzen. Coronavirus verändert Interaktion mit Exponaten: Die digitale Weltkugel sowie das „Aquarium der Zukunft“ laufen über eine Kultur- und Medienförderung durch die Bundesregierung. Erprobt werden sollen neue Formen der digitalen Vermittlung. Veranschlagt wurden dafür 455 000 Euro. Das Coronavirus hätte laut Museumssprecherin Diana Meyen auch zu einem Umdenken in der Museumspädagogik geführt. „Es wird verstärkt auf andere Technologien gesetzt“, sagt sie. „Zuletzt wurde viel mit Touchscreen gemacht“. Nun würde man jedoch verstärkt auf Gestensteuerung setzen. Für kontaktlose Interaktionen mit den Exponaten. Digitale Sammlung soll mehr Menschen erreichen: Moderne Museumstechnologien will man weiterhin als Verbundpartner im Forschungsprojekt „museum4punkt0 – Digitale Strategien für das Museum der Zukunft“ untersuchen. Auch dabei stehen innovative Anwendungsmöglichkeiten für die Kommunikation und Partizipation in Museen im Vordergrund. Über ein drittes Projekt mit dem Namen „Neustart Kultur“ ist zudem geplant, die Basis für die Digitalisierung der Sammlungen des Deutschen Meeresmuseums zu schaffen. So sollen die „Museumsschätze“, die über 70 Jahre gesammelt wurden und für den Umbau gerade sicher verpackt werden, perspektivisch einer noch größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Das ist zum 70. Jubiläum geplant: 2021 wird ein enorm wichtiges Jahr für das Deutsche Meeresmuseum. Vor 70 Jahren wurde es gegründet. Auf das anstehende Jubiläum freuen sich Mitarbeiter und Museumsliebhaber. Neben einem Fest sind ein animierter Film und ein Fotoband in Planung. Als Geburtstagsgeschenk für die Gäste soll im Ozeaneum die Multivisionsshow in der Ausstellung „Riesen der Meere“ komplett überarbeitet werden. Corona-Krise prägte Museums-Jahr 2020: Ein gelungenes Jubiläum könnte ein schwieriges Jahr 2020 vergessen machen. Das vergangene Jahr war geprägt von langen Schließungen, Kurzarbeit und strengen Hygienevorschriften. Im Frühjahr und ab dem 1. November mussten alle Standorte für mehrere Wochen geschlossen werden. Lesen Sie auch: Enttäuschendes Jahr für Museen in MV – Hoffnung auf 2021 Stralsunder Museumsverband: Millionendefizit Ozeaneum, Meeresmuseum & Co. behoben Das Nautineum auf der Insel Dänholm im Strelasund wurde 2020 für das Publikum überhaupt nicht geöffnet. Dennoch erreichten alle Einrichtungen zusammen noch eine Besucherzahl von rund 392 000. Im Vorjahr waren es 835 655 Gäste. Besucherrückgang führte zu Millionen-Defizit: Für das Corona-Jahr eine gute Leistung. Dennoch verursachte der coronabedingte Besucherrückgang um mehr als 50 Prozent ein Millionen-Defizit. Auch während der Schließzeiten fallen unter anderem Kosten für Tierfutter und Pflege an. Die Finanzlücke wurde jedoch bereits Ende 2020 geschlossen. Bund, Land und die Hansestadt Stralsund sprangen mit insgesamt rund fünf Millionen Euro ein. „Auch 2020 konnten wir uns auf unsere Zuwendungsgeber verlassen. Mit dieser Unterstützung wurden die Ausfälle der normalerweise im Museumsalltag erwirtschafteten Einnahmen kompensiert“, sagt Andreas Tanschus, Direktor am Deutschen Meeresmuseum. „Ich bin sehr dankbar, dass wir die Zukunft im Blick behalten dürfen: die Modernisierung des Meeresmuseums ist angelaufen und wir erhielten grünes Licht für das Wissenschaftszentrum am Nautineum auf dem Dänholm.“ Über einen Architektenwettbewerb im Jahr 2021 soll dieses jüngste Großprojekt nun vorbereitet werden. Ausbau der Online-Aktivitäten: Während der Schließungen führte das Museumsteam intensive Instandhaltungs- und Planungsarbeiten durch. Um mit den eigenen Inhalten trotzdem zahlreiche Besucher zu erreichen, wurden die Online-Aktivitäten deutlich ausgebaut. So ermöglichten sie Einblicke hinter die geschlossenen Museumstüren, streamten die Fütterungen der Pinguine live über das Internet und veröffentlichten persönliche Erinnerungen der eigenen Museumsfans. Lesen Sie auch: Warum Angela Merkel jedes Jahr ein Foto von diesem Stralsunder Pinguin bekommt „Die Reichweite bei Interaktionen, Konversationen und Aktivitäten der Follower steigerte sich auf allen Kanälen um mindestens 50 Prozent“, sagt Sprecherin Diana Meyen. Allein die Abonnentenzahl auf dem sozialen Netzwerk Instagram sei um rund 65 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Jetzt sind es 3550. Emotionaler Höhepunkt 2020: Abschiedsabend „Meer in Sicht“: Dank eines strengen Hygiene-Konzeptes konnten sogar noch Veranstaltungen durchgeführt werden. Kurz vor dem Lockdown konnte das Meeresmuseum im Katharinenkloster sogar noch spektakulär in den Umbau verabschiedet werden. „Der Abschiedsabend unter dem Titel ‚Meer in Sicht‘ war ein emotionaler Höhepunkt“, sagt Diana Meyen. So konnten sich die Forscher bei den treuen Fans noch bedanken — unter anderem mit einer Illuminierung der Klostermauern durch den Künstler Pete Lange/Illuminated Art. Besonderer Moment: Einzug der Glatthaie: Ein besonderer Moment war der Einzug junger Glatthaie in das Ozeaneumsbecken „Offener Atlantik“. Denn diese stammten aus der eigenen Nachzucht – diese Leistung ist im europäischen Raum einmalig. Lesen Sie auch: Tolle Unterwasserwelten: Meeresmuseum Stralsund bei Filmfestival „Natourale“ ausgezeichnet Stolz ist man auch auf die neue Outdoor-Fotoausstellung „Mein Bild vom Nationalpark“ im Natureum am Darßer Ort. Sie wurde im Sommer eröffnet und stellt den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft in den Mittelpunkt. Engagement für Schutz der Meere: „Für 2021 wünsche ich mir ‚normale Zustände‘ und dass wir wieder zahlreichen Gästen ein spannendes Museumserlebnis vor Ort bieten können“, sagt Tanschus. Im Frühjahr beginnt gleichzeitig die UN-Dekade der Meeresforschung für nachhaltige Entwicklung. Dort wird sich das Team um Tanschus als Botschafter für die Erforschung und den Schutz der Meere engagieren. Das Deutsche Meeresmuseum in Stralsund wird aktuell von den beiden Direktoren Andreas Tanschus und Harald Benke geleitet. Zum größten Museumsverbund in MV zählen heute vier Standorte. Zu diesen zählen das Ozeaneum (Hafeninsel), das Meeresmuseum (Altstadt), das Nautineum (Dänholm), das Natureum in Born auf dem Darß. Eine kleine Sammlung zog 1951 als städtisches Naturkundemuseum in das ehemalige Katharinenkloster, das bis dato als Gymnasium genutzt wurde. Gegründet wurde es damals von Prof. Dr. Otto Dibbelt. Das Haus entwickelte sich zu dem international anerkannten Museum für Meereskunde und Fischerei der DDR. Nach der politischen Wende wurde das Museum 1994 in eine Stiftung bürgerlichen Rechts überführt und 1998 umbenannt in Deutsches Meeresmuseum. Von Kay Steinke