„Die Leute wollen Fleisch essen“

Michael Hennig hat seine Fleischerlehre mit einem Notendurchschnitt von 1,5 abgeschlossen und wurde dafür von der Industrie- und Handelskammer Rostock (IHK) ausgezeichnet. Ein großer persönlicher Erfolg für den bescheidenen Mann, der mit sechzehn Jahren und Hauptschulabschluss noch nicht wusste, was er werden wollte. Rückblickend meint der Stralsunder: „Wir leben in einer Gesellschaft, wo man als junger Mensch nicht weiß, was man einmal machen soll und wohin man gehen will.“ So hielt er sich mit verschiedenen Jobs über Wasser, bis es für ihn 2009 zum Wehrdienst ging. „Der Bund hat mich geformt, und in meinem Kopf begann ein Umdenken.“ Endlich, im Alter von 23 Jahren, wollte er einen Beruf ergreifen. „Ich hatte drei Berufswünsche, mit denen ich mich beim Arbeitsamt vorstellte“, erzählt der inzwischen 26-Jährige. Unter anderem hatte ihn die Computerbranche sehr interessiert. Das kam aber mit seinem Schulabschluss nicht in Frage. So folgte er der Empfehlung des Arbeitsamtes und bewarb sich als Fleischer. Insgesamt 84 Bewerbungen hat der ehemalige Rüganer geschrieben. Nach einem viertägigen Praktikum auf dem Landwerthof Stahlbrode war die Entscheidung für ihn aber leicht. „Es war ein gutes Gefühl, ich spürte, dass die Kollegen mich wollen“, erzählt Michael Hennig von seinem Einstieg ins Berufsleben. „Für mich war damals klar: nun heißt es Arschbacken zusammenkneifen. Die Berufsschule wird schwer“, sagt er in jugendlichem Jargon. Zur Berufsschule ging es nach Malchin. Dass er seine Lehre dann mit viel Willen durchgezogen hat, beweist der sehr gute Lehrabschluss. Genau erinnern kann er sich noch an das erste Schwein, das er als Fleischer töten musste. Das kostete Überwindung. „Aber ich habe mir gesagt, das ist mein Job. Die Leute wollen Fleisch essen.“ Inzwischen sieht er es als ganz normale Tätigkeit an, arbeitet aber selbst in der Fleischerei nur noch als Springer. „Als die Reserve, wenn Not am Mann ist.“ Sein erworbenes Fachwissen über die Fleischprodukte aus der Landwerthof-Metzgerei kommt den Kunden aus fast ganz Deutschland zugute. „Ich arbeite jetzt im Vertrieb. Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Gastronomie. Ich weiß, was die Kunden wollen und kann sie beraten.“ Bei Bedarf steht der schlanke große Mann auch an der Fleischtheke und kann den Kunden genau erklären, was hier wie hergestellt wird. Der seeluftgetrocknete Schinken aus dem Erdreifegewölbe gehört beispielsweise dazu. Über seine Fleischerkollegen sagt Michael Hennig: „Jeder weiß, was er zu machen hat. Es läuft ohne Stress, auch wenn man Leistung bringen muss. Hier sind Top-Leute, und alles geht Hand in Hand.“ Auf die Frage, was er selbst aus der großen Fleisch- und Wurstvielfalt am liebsten mag, braucht er nicht lange zu überlegen: „Pastrami, das ist gepökelte und kochgegarte Rinderbrust, mit Kräutern ummantelt.“ Ehrung für die Besten 25 Lehrlinge aus dem Landkreis Vorpommern-Rügen wurden auf der Bestenehrung der IHK Rostock im Oktober ausgezeichnet. Darunter war auch Michael Hennig als einziger Fleischerlehrling. Die anderen Lehrlinge sind Buchhändler, Kaufmänner beziehungsweise -frauen, Verkäufer oder arbeiten im Bereich Lagerlogistik. Geehrt wurden insgesamt 102 ehemalige Azubis sowie Umschüler der Stadt Rostock und der Landkreise Rostock und Vorpommern-Rügen. Seit 1994 zeichnet die Industrie- und Handelskammer zu Rostock einmal im Jahr diejenigen Prüfungsteilnehmer aus, die die Lehre mit besonders guten Leistungen absolviert haben. 300 000 Abschlussprüfungen führen die Industrie- und Handelskammern jährlich in über 270 Berufen durch. Um die Prüfungsergebnisse der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, erstellen und veröffentlichen die IHKs seit Oktober 2009 eine bundesweit einheitliche Prüfungsstatistik. Hier sind Top-Leute. Alles geht Hand in Hand und ohne Stress.“Michael Hennig Roswitha Pendzinsky

Stahlbrode - „Die Leute wollen Fleisch essen“