Eine Kirche als Tanzkulisse

Eleonora Siavara stammt aus einem griechischen 1000-Seelen-Dorf, das schnell zu klein für ihre großen Träume wurde. Also verließ sie es mit 18 Jahren, um ein Studium der Psychologie zu beginnen. Außerdem hatte sie die Möglichkeit, in einer Tanzschule zu tanzen. Durch das Zusammenspiel von Universität und Tanz erkannte Eleonora eine Sache ganz deutlich: Man sollte den Mensch nicht als Tänzer oder Künstler betrachten, sondern als menschliches Lebewesen. „Das Faszinierendste ist die einzigartige Weise des Denkens.“ Eine Erkenntnis, die eine Säule ihrer künstlerischen Arbeit werden sollte. Tanz war für sie entscheidend, doch sie wollte noch tiefer gehen. In der Choreografie sah sie dafür den richtigen Weg. Mit dem Bachelor in der Tasche ging es ins Vereinigte Königreich. Dort studierte sie Dance Making and Performance. Mit 29 Jahren feierte sie ihre Premiere als Choreografin. Eine Woche lang konnte sie vor Aufregung nichts essen. Doch alles lief gut. Um ihre Kenntnisse weiter zu vertiefen, führte sie der künstlerische Weg nach Frankreich. Zum „Choreographic Centre of La Rochelle“. Die Frage, wie man Leben in Kunst verwandeln kann, wurde zu einem fundamentalen Teil ihres künstlerischen Schaffens. Eleonora lernte, wie sie den Alltag auf die Art und Weise betrachtet, dass künstlerische Kreationen daraus entstehen können. Aus Gedanken, Emotionen und Visionen. „Selbst der Nachhauseweg kann besonders sein - denn es gibt so viele Dinge zu entdecken. Alleine schon das Licht und die Effekte“, sagt Eleonora. „Meine Zuschauer sollen nicht in der Lage sein zu beschreiben, was sie gesehen haben, denn meine Stücke sollen tiefere Emotionen ihrerseits hervorrufen“, erklärt die 34-Jährige die Abstraktheit ihrer Stücke. Eine Kostprobe ihrer Arbeit bekamen auch die Stralsunder und sahen ein Stück, das schwer zu definieren ist. Anders. Gut. Kunst. In der Arbeit als Choreografin, versucht sie, ihren Tänzern möglichst wenig vorzuschreiben. Sie gibt ihnen lediglich Denkanstöße, die zu einer Entfaltung des Stücks beitragen. „So entstehen Dinge, die selbst mich überraschen.“ Trotz unzähliger Aufführungen war Stralsund für sie ein ganz besonderer Ort. Die Idee, eine Kirche als Bühne zu nutzen, entwickelte sie in Frankreich. Sie ist der Meinung, dass die Kirche nicht unbedingt etwas mit Religion zu tun haben muss. Eleonora sagt: „Gerade bei einer Aufführung geht es vielmehr um das Zusammenspiel von Zeit und Raum.“ Kirchenbänke und -säulen der Kirche St. Nikolai wurden daher erstmalig zum Austragungsort ihrer eigenen Gedanken. Und so wird sich Eleonora ihren weiteren Lebensweg choreographieren, um sich selbst und die zuschauenden Menschen zum Denken und Fühlen anzuregen. Dazu braucht Eleonora auch keine große Bühne. „Denn wenn du keine Bühne hast, hast du keine Grenzen.“ Lennart Zech

Stralsund - Eine Kirche als Tanzkulisse