Glosse: Im Stralsunder Homeoffice Handwerker auf dem Schoß

Wie oft habe ich in diesem Jahr das Homeoffice verflucht. Zum Beispiel weil mein Küchentisch ständig mit Laptop, Notizbüchern und irgendwelchen Unterlagen in Beschlag genommen wird. Oder weil der Heizungszähler permanent gegen die guten Ergebnisse aus den Vorjahren ankämpft. Gleiches wird ja wohl bei Strom- und Wasserverbrauch zu spüren sein. Es geschah am 7. November: Aber: Es gibt auch gute Seiten der neuen Arbeitsweise. Damit meine ich jetzt nicht, dass ich zur Poststelle geworden bin oder dass man mal nebenbei die Wäsche aus der Trommel nimmt. Nee, ganz anders, aber enorm wichtig: Man ist stets und ständig ansprechbar für Handwerker. Das war und ist wirklich Gold wert in diesen Zeiten. Denn seit wir am 7. November am Frühstückskaffee-Tisch einen großen Wasserfleck an der Küchendecke entdeckten, geben sich bei uns die Monteure die Klinke in die Hand. Zum Entsetzen von Wohnungsverwaltung und Eigentümern – nach 30 Jahren geht in so einem Haus auch mal was kaputt. Zugegeben, mit den Rohren haben wir öfter ein Problem, war das Material doch 1991 nicht mehr ganz Ost und noch nicht West. Unser Bad kann ein Lied davon singen. Nun hatte ich also in der Küche den Schaden – und die Hoffnung, dass diesmal bei Familie Sommer nix aufgerissen werden muss. Was ist ein Leck-Orter? Der Gas-Wasser-Notdienst stellte an jenem Novembermorgen fest: Hier muss ein Leck-Orter ran. Das bestätigte ein Kollege noch mal am Montag, dann war erst mal Schicht im Schacht. Nach Protest (natürlich hatte keiner Schuld) schlug dann immerhin am 17. November der Leck-Orter bei uns auf. Der sah einen porösen Silikonstreifen im Bad der Über-uns-Familie als Übeltäter. Daran hatten wir Mieter unsere Zweifel, weil der Fleck immer größer wurde und es außerdem im Keller tropfte, obwohl keiner badete. Aber immerhin konnte ich die Jungs überreden, dass wir schon mal einen Trockner bekommen, um zu verhindern, dass das Wasser von den Küchenschränken Besitz ergreift. Die Höllenmaschine und ihr kleiner Bruder: Ich muss nicht erwähnen, dass einem so ein Gerät den letzten Nerv raubt, zum Glück hatte ich noch ein paar Tage Urlaub und konnte aus der Wohnung flüchten, während der Leck-Orter (die Berufsbezeichnung ist cool oder?) nun einen kleinen Rohrbruch im Schacht ausfindig machte. Doch so ein Schaden kann nicht einfach so behoben werden, da muss erst mal der Gutachter ran. Die Frau rückte mit Trocknungstechnikern und Hausmeister an. Schaden im Schacht: Die Kontrolle mit Feuchtigkeitsmessung schloss sich an, plötzlich sollten die Küchenmöbel ab, um zu malern. Obwohl der Schaden im Schacht noch nicht mal behoben war? Ich drohte zu platzen. Offensichtlich hatten die Firmen untereinander nicht gesprochen. Naja, als mündiger Mieter kann man sich ja auch mal einbringen. Und deshalb wurde nach weiteren vier Wochen und mehreren Handwerker-Besuchen tatsächlich noch vor Weihnachten die Havarie beseitigt, die Lüfter (auch im aufgerissenen Bad über uns) laufen auf Hochtouren, die vermoderte Tapete wurde fürs bessere Trocknen entfernt. Hilfe, ich will wieder ins Büro! Nun warten wir bis – irgendwann, dann sollte alles trocken sein. Und wir können mit dem Maler die sechste Firma im Projekt Wasserfleck begrüßen. Was die Versicherung nun bezahlt, wissen wir zwar noch nicht, aber dass die Wand, die früher einmal blau strahlte, nicht beton-pur bleiben kann, setze ich jetzt mal als normal voraus. Ich freu mich schon riesig auf das Ausräumen der Küche, tonnenweise Geschirr verpacken, ist doch ein Traum... Ganz ehrlich, lange dauert’s nicht mehr und verlasse schreiend das Homeoffice – um einfach mal wieder muffige Büroluft schnuppern! Mehr lesen: Stralsunder Lokalchef: Eingesperrt in der eigenen Redaktion Wie Redakteur Kai Lachmann aus Stralsund in den Top Ten landete Stralsund: Mit Strickschal in das Jahr der Maske gestartet Von Ines Sommer