Holzskulptur mit Maske: Wie eine Stralsunder Hobbykünstlerin die Pandemie verarbeitet

Täglich bleiben in Stralsund staunende Passanten vor dem Haus von Elisabeth Möckel stehen. In der Badstüberstraße 7, eine der schönsten Gassen der Hansestadt, beäugen sie die dort eine Holzskulptur: Eine Mutter mit Kind, die beide eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. „Im Frühjahr 2020 habe ich diese Plastik aus einem Pappelholzstamm mit meinen eigenen Händen erschaffen“, meint 83-jährige Hansestädterin und fügt hinzu: „Ich bin immer noch wie besessen davon, etwas Kreatives zu schaffen und wollte als Zeitzeugin der Corona-Pandemie diese außergewöhnliche Phase, die weltweit Menschen betrifft, mit einem Kunstwerk verarbeiten“. Künstlerin wuchs am Katharinenberg auf: Im Kreis von fünf Geschwistern wuchs Elisabeth Möckel am Katharinenberg auf, wo ihr Vater als Prediger der Landeskirchlichen Gemeinschaft, die dort bis heute an der dortigen Stadtmauer besteht, arbeitete. Mit sieben Jahren im Jahre 1945 zog sie mit ihren Eltern nach Buxtehude, weil ihr Vater in dieser niedersächsischen Kleinstadt eine neue Gemeindestelle antrat. „Wir wurden sehr musisch erzogen, erlernten Instrumente und ich komponierte, malte und dichtete schon als kleines Kind“, beschreibt die gebürtige Stralsunderin ihre wohl behütete Kindheit und Jugend. In Hamburg erlernte sie später als junge Frau den Beruf einer Krankenschwester und diese Ausbildung vermochte es höchstwahrscheinlich, dass sie für drei Schicksalsschläge besser gewappnet sein konnte. Möckel zog 1998 in ihr Haus in die Badstüberstraße: Mit ihrer großen Jugendliebe, ihrem späteren Mann Erhard, zog sie im Jahre 1965 zu Fuß quer durch Deutschland und blieb mit ihm in München stecken, wo die beiden auch 1967 heirateten. Im Jahre 1970 kam ihr Sohn Gunnar in der bayrischen Landeshauptstadt auf die Welt. Nach einer langen, schweren Krankheit verstarb Elisabeth Möckels Mann 1987, den sie bis zu seinem Lebensende pflegte. Mit ihrem späteren Lebensgefährten fuhr sie 1996 nach Hiddensee und machte einen Zwischenstopp in ihrer alten Heimatstadt am Strelasund, von der sie und ihr Partner gleichfalls begeistert waren. „Wir haben uns damals sofort gemeinsam entschieden, hier unseren Lebensabend zu verbringen und etwas für die im Sanierungsaufbruch befindliche alte Hansestadt zu tun“, erinnert sich Elisabeth Möckel mit leuchtenden Augen zurück an diese Zeit. Mit Hilfe der Stadterneuerungsgesellschaft Stralsund (SES) stießen sie auf eine Bauruine in der Badtstüberstraße 7, die nicht mehr zu retten war und entschlossen sich, für eine Rekonstruktion des Gebäudes auf Kubatur des alten Hauses. Im Jahre 1998 konnte das Paar in ihr neues Zuhause einziehen, doch ihr Lebensgefährte konnte das gemeinsame Haus nicht lange nutzen, weil eine unheilbare Krankheit seinem Leben alsbald ein Ende bereitete. Lesen Sie auch Bodstedter Musiker muss Instrumente dank Hilfen doch nicht verkaufen Fotoaktion für Kulturschaffende in Stralsund Stralsund: Kulturschaffende können Förderung beantragen So blickt Möckel auf die Corona-Zeit zurück: Doch Elisabeth Möckel ist eine lebensbejahende zupackende Frau und trotzte ihren Schicksalsschlägen mit künstlerischer Arbeit. Sie veröffentliche ihre Lebensgeschichte, schrieb Bücher, dichtete, komponierte, malte und formte aus Ton eindrucksvolle Charakterköpfe. Nach der Jahrtausendwende lernte sie einen Rüganer aus Dranske kennen, der fortan mit ihr in ihrem schönen Haus lebte. Den beiden waren 15 glückliche Jahre beschieden, bevor ihr Partner vor gut einem Jahr verstarb. „Ich bin froh in dieser Straße zu leben, die eine richtig schöne Gemeinschaft geworden ist und in den früheren Denkmalnächten viele begeisterte Gäste bei stimmungsvollen Straßenfesten empfangen hat“, blickt Elisabeth Möckel auf die Vor-Corona-Zeit zurück. Gäste empfängt sie weiterhin, unter anderem ihre geliebten Enkeltöchter aus Berlin, wo ihr Sohn Gunnar als renommierter Architekt lebt und arbeitet. Von Christian Rödel