Rostock will Stralsund die „Gorch Fock“ wegschnappen

Bangen um die Zukunft der „Gorch Fock I“ im Stralsunder Stadthafen: Nach dem für März geplanten Aufenthalt auf der Volkswerft (die OZ berichtete) ist eine Rückkehr der Dreimastbark an ihren ursprünglichen Liegeplatz fraglich. Hintergrund sind nach OZ-Informationen die zurzeit zähen Verhandlungen zwischen Oberbürgermeister Alexander Badrow (CDU) und dem Eignerverein Tall Ship Friends über einen Verkauf des Schiffes an die Stadt. Zudem könnte nun Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling (parteilos) Stralsund die „Gorch Fock“ wegschnappen. Methling sagte, er könne sich vorstellen, dass die „,Gorch Fock I‘ gut zur Kulisse der Hanse Sail passt“. Dem Vernehmen nach rechnet der Eignerverein auch aus dem Rostocker Rathaus mit einem Übernahmeangebot für das Segelschiff. Badrow verhandelt mit dem Verein um den Gorch Fock-Enthusiasten Wulf Marquard seit Herbst über das Schiff, das laut einem entsprechenden Gutachten des Rostocker Ingenieurbüros Inros Lackner noch 416000 Euro wert ist. Hinzu käme aber der ideelle Wert, unabhängig vom Zustand des Seglers, sagte Marquard. „Auf dem Ding steht nun mal ,Gorch Fock‘ drauf.“ Die Vorstellungen der Hansestadt und des Eignervereins über einen angemessenen Kaufpreis liegen nach wie vor weit auseinander. Knapp eine Million Euro verlangen Marquard und seine Mitstreiter für das Schiff. Badrow will die „Gorch Fock“ kaufen, für über drei Millionen Euro sanieren lassen und so als Wahrzeichen Stralsunds erhalten. Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) hatte in Aussicht gestellt, dass 90 Prozent des Preises und der Sanierungskosten mit Fördergeldern des Landes bezahlt werden könnten. „Die Landesregierung könnte das Betreiber-Konzept samt vorgesehenem Kaufzuschuss auch auf Rostock zuschneiden“, stichelte Methling in Richtung Stralsund. Zusätzlich liegt der OZ ein Schriftwechsel des „Gorch Fock“-Eignervereins mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt vor. Darin erkundigt sich Marquard nach den Vorschriften, die eingehalten werden müssen, um den Traditionssegler im Anschluss an den Aufenthalt auf der Volkswerft nach Rostock schleppen zu lassen. Daraufhin teilte das Amt mit, dass für eine Überführung der „Gorch Fock“ nach Rostock zwei Schlepper und ein Seelotse vorgeschrieben seien. Zudem dürfe maximal Windstärke vier herrschen. Die Sichtweite auf See müsse mindestens 1000 Meter betragen, und die Gorch Fock müsse in Besitz eines gültigen Schwimmzeugnisses sein. Um dies zu bekommen, sind im März verschiedene Reparaturen auf der Volkswerft geplant. Auf die Frage, ob das Schiff anschließend nach Rostock geschleppt wird, sagte Marquard nur: „Das kann sein.“ Mit Stralsund eng verbunden 100 Tage dauerte der Bau der „Gorch Fock I“ auf der Hamburger Werft Blohm und Voss, wo sie 1933 auf Kiel gelegt worden ist. Nachdem die Reichsmarine 1935 nach der Gründung der Wehrmacht in Kriegsmarine umbenannt worden war, fuhr das Schiff unter der Reichskriegsflagge. Die Geschichte der Gorch Fock ist mit Stralsund eng verknüpft. Nicht zuletzt, weil die Geschichte des 81 Jahre alten Segelschulschiffes in Stralsund eine Wendung nahm. Erst Heimathafen, später, 1945, vor den Toren der Stadt versenkt, um den Dreimaster vor der Roten Armee zu bewahren. Zwei Jahre lang ragten die Masten anschließend aus dem Strelasund, ehe die Bark im Juni 1947 gehoben und nach einem kurzen Aufenthalt auf der Rostocker Neptun Werft als Segelschulschiff der sowjetischen Marine übergeben worden war. Peer Schmidt-Walther und Benjamin Fischer

Stralsund - Rostock will Stralsund die „Gorch Fock“ wegschnappen