Stralsund: Anke Scheer singt Sommerhit

Die Abendsonne versinkt im Strelasund, Mädchen tanzen am Deviner Strand und dazu erklingt die Stimme der Sängerin Anke Scheer (geb. Freese). Die 39-Jährige, die vor rund 20 Jahren als „Popsternchen vom Sund“ Bekanntheit erlangte, hat ihrer Heimat einen Sommerhit auf die Stadtsilhouette geschrieben. Für die Hitsingle „Mädchen aus Stralsund“ hat sie ein Musikvideo gedreht, das die Hansestadt von ihrer schönste Seite zeigen soll, mit Stadthafen, Strand, Natur – und ganz vielen Mädchen. Am Dienstag gegen 8 Uhr soll der Clip auf dem Portal Youtube veröffentlicht werden. Gleichzeitig plant die Sängerin flashmobartige Auftritte im gesamten Stadtgebiet. Elf Mädchen feiern am Deviner Strand: Die Hauptrolle spielen Stralsunder Mädchen. Dazu kann Scheer selbst noch gezählt werden, die für ihre musikalische Karriere nach Hamburg ging. Neben ihr standen weitere elf Sund-Schönheiten vor der Kamera und feierten mit ihr das Dasein am Sund. Die Fröhlichkeit dieser Bilder steht für die „neue Anke“, wie die Künstlerin sagt. Sie hätte sich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt. Ihr Motto: „Liebe kann man singen.“ Ihre Heimatliebe hat sie versucht, in das Video zu gießen, mit viel regionaler Unterstützung. Klaus Winter stellte für den Dreh sein Segelboot zur Verfügung, Torsten Grundke vermittelte den Kontakt zum Kameramann. Sekt für Gelassenheit am Filmset: Der Drehtag am Strand war anfangs chaotisch. Scheer musste mehrere Rollen managen. Sie musste singen, Regie führen und die anderen Mädchen mit Humor und Sekt bei Laune halten. „Für einige war es der erste Dreh“, sagt sie. „Dadurch war ich selbst aufgeregt.“ Für Gelassenheit am Set sorgte Frank Schlichting, dessen Schwester Claudia eine der Darstellerinnen ist. Der 34-Jährige stellte seinen VW-Bus nicht nur als VIP-Lounge zur Verfügung, sondern schleppte der Sängerin und ihrer weiblichen Entourage auch Equipment, Musik und Sekt hinterher. Fotodesigner Stephan Müller, der sonst Videos von PS-Boliden produziert, begleitete die Mädels mit der Kamera. „Vorort wurde improvisiert“, sagt Scheer. „Wir sind fröhlich, erzählen, lachen.“ Wenn sie singt, stimmen die Mädchen mit ein – Scheer hatte ihnen vorab den Text geschickt. „Am Ende planschten wir mit den Füßen im Wasser, bis alle nass waren.“ „Ich liebe hier jeden Grashalm“, sagt die 39-Jährige, der mit dem Song eine leicht schlagereske Pop-Ode an die eigene Heimat gelungen ist. Hier wuchs sie auf, hier entdeckte sie ihre Stimme. Mit elf Jahren engagierte sie sich im Theaterchor, später begeisterte sie mit Solo-Gesangseinlagen auf Schulfesten. Heute ist sie nur noch selten am Sund. Von Mai bis Oktober arbeitet sie an fast jedem Wochenende auf Hochzeiten – als Rednerin und Sängerin. So bleibt nur wenig Zeit für Sommer, Sonne und Strelasund. Absage von Jobs schafft Zeit für künstlerisches Schaffen: Corona hat auch Ankes Welt verändert. Fast alle ihrer rund 30 Trauungen wurden abgesagt. „Erst war ich wie in einer Schockstarre, dann wurde ich künstlerisch aktiv“, sagt sie. Zehn neue Songs hat sie während der Pandemie geschrieben. Ein komplett neues Album also. Ihr Debüt-Album veröffentliche sie 2016 unter „Stay“ mit der Band „The Ransome“. Damals machte sie melancholischen Akustik-Pop und ließ 13 Songs auf eine CD pressen. „Davon habe ich heute noch zahlreiche“, sagt sie. „Die Leute wollen so etwas nicht mehr. Ich investiere lieber in schöne Videos.“ Ihre neuen Songs gibt es über das Internet als Download oder zum Streamen. In „The Ransome“ spielte mit Andreas Lebert ein langjähriger Arbeitskollege Gitarre. Er war für zehn Jahre Chefredakteur der Frauenzeitschrift Brigitte, sie seine Chefsekretärin. Scheer und Chanti lernten sich bei TV-Casting für „No Angels“ kennen: Wie wichtig Weggefährten sind, zeigt sich am Set. Während der Videoproduktion weicht Chantal „Chanti“ Hanold nicht von Scheers Seite. In Stralsund sorgte die 38-jährige Make-up-Artistin für den „perfekten Glow“ der Mädchen. Auch sonst war sie bisher bei jedem Video dabei, das Scheer gedreht hat. Mittlerweile übernimmt sie quasi automatisch die Regieassistenz. Beide Wahl-Hamburgerinnen verbindet eine emotionale Geschichte: Vor 20 Jahren traten sie bei der ersten Staffel der deutschen TV-Castingshow Popstars an. Von 4500 Bewerbern landeten sie unter den Top 15. Damit hätten es Scheer und Chanti fast in die „No Angels“ geschafft. Sie schieden jedoch aus. Die Girlgroup war bis zur Auflösung 2003 äußerst erfolgreich und erzielte vier Nummer-Eins-Hits in den Singlecharts. Während Scheer wegen der musikalischen Karriere nach Hamburg zog, entschied sich Hanold für eine Arbeit hinter den Kulissen. Als Make-up-Artistin hübscht sie heute nicht nur Stralsunderinnen auf, sondern auch Hamburger Stars. Eines ihrer nächsten Projekte bestreitet sie für Musiker „Das Bo“. „Bei den Stralsunder Mädels brauchte ich nicht viel machen“, sagt sie. „Sind alles Naturschönheiten.“ Produzent Burnett lernte sie als Background-Sängerin kennen: Prominent klingen die Namen, mit denen Scheers Produzent Fontaine Burnett zusammengearbeitet hat. Der amerikanische Multi-Instrumentalist hat im Portfolio Max Herre, Gentleman, Chaka Khan und Joy Denalane und über das Label Booya Musik auch Künstler wie N'Sync, Sarah Connor und Bro'sis. Scheer lernte Burnett als Backgroundsängerin kennen, jetzt schreibt sie mit ihm Songs. „Für mich geht ein Traum in Erfüllung“, sagt sie. Als Backgroundsängerin stand sie schon bei „The Dome“, „Top of the Pops“ oder beim „Grand Prix“ auf der Bühne. Mit eigenen Stücken hat sie nun auch die Charts im Blick. Mit einem früheren Projekt war sie nah dran. Mit der Rostocker Gruppe „New Kind“ und der Single „unique“ kam sie auf Platz 102. Gemeinsam gaben sie bis Ende 2001 rund 70 Konzerte. Einen Sommerhit kann man nicht erzwingen, weiß Scheer. Aber mit einem guten Rezept könne man es versuchen: „Mit deinen Melodien und deinen Texten musst du den Nerv treffen“, sagt sie. „Wenn die Leute sich in deinem Werk wiederfinden, hast du gewonnen.“ Mädchen aus Stralsund soll dabei nicht nur die Hansestädterinnen ansprechen. „In uns allen steckt ein Zauberwesen“, sagt Scheer. „Wir alle haben die Möglichkeit, unser Leben selbst zu bestimmen.“ Und Glück zu finden. Ganz so wie Popsternchen Anke Scheer mit ihrem Gesang. Lesen Sie auch Vorpommern: Devin, Peenemünde oder Zudar, kleine Halbinseln sind Geheimtipps Stralsunder OZ-Kolume: Warum der Sommerschlussverkauf vor dem Aus steht Stralsund: Vom Tonnenschlepper auf dem Dänholm zur Museumsattraktion Von Kay Steinke