Stralsund: Ausbildung an der Marinetechnikschule Parow läuft unter Corona-Bedingungen weiter

Corona hat die Marinetechnikschule (MTS) in Parow fest im Griff. Die MTS im unmittelbaren Einzugsbereich von Stralsund ist in seiner Arbeitsfähigkeit genauso eingeschränkt wie andere Betriebe auch. Kapitän zur See Oliver Jülke, Kommandeur der MTS, muss wie seine Chef-Kollegen von zivilen Einrichtungen die angeordneten Corona-Maßnahmen durchsetzen. Täglich bis zu 1500 Trainingsteilnehmer: Das betrifft nicht nur das Stammpersonal von rund 600 Soldaten und Zivilbeschäftigten, sondern auch über 2000 Lehrgangsteilnehmer jährlich, die durch 400 Ausbilder in mehr als 180 verschiedenen Trainingstypen auf ihre neue Tätigkeit in der Marine vorbereitet werden. Das Spektrum der Ausbildung reicht dabei von wenigen Tagen bis hin zu 21 Monaten Trainingsdauer. Täglich befinden sich dabei rund 1500 Trainingsteilnehmer an der Schule. Zahlen, die auch im Corona-Jahr 2020 weitgehend stabil geblieben sind, wie der Kommandeur betont, da die Lehrgänge im Wesentlichen verschoben und so zeitlich entzerrt dennoch durchgeführt wurden. Die Hörsäle und Lehrkabinette wurden dafür coronasicher gemacht, beispielsweise durch Plexiglasscheiben, die in Zusammenarbeit mit der Stralsunder Innovations Consult (SIC) beschafft worden sind. Prüfungsbefähigung für staatlich geprüfte Techniker: Ob Matrose, Unteroffizier oder Offizier – im technischen Bereich durchlaufen sie alle ihre Grund-, Fach- oder Systemausbildung in Parow vor den Toren Stralsunds. Marineelektronik, Informationstechnik, Schiffstechnik und Seemännischer Dienst, Waffenmechanik- und Elektronik sind nur einige Facetten der vielfältigen Ausbildung der Marinetechnikschule. Seit September 2009 besitzt die MTS zudem die offizielle Anerkennung als „Fachschule der Marine für Technik“ und die damit verbundene Ausbildungs- und Prüfbefähigung zum staatlich geprüften Techniker. Fachinformatiker mit IHK-Abschluss: Auch die zivil anerkannte Aus- und Weiterbildung, eine Berufsausbildung mit IHK- oder Handwerkskammerabschluss, gehört zum Bildungsprofil der MTS. So erhielten am 17. Dezember des vergangenen Jahres sieben Fachinformatiker, geprüft durch den TÜV Rheinland, sowie sieben Fachinformatiker geprüft durch das Stralsunder Haus der Wirtschaft und neun IT-Systemelektroniker ihre Facharbeiterzeugnisse ausgehändigt. Vertreten waren dabei Soldaten aller Waffengattungen aus Marine, Luftwaffe und Heer. Die anderen ZAW-Prüfungen wurden aufgrund von Ausfällen in der Lehrgangszeit auf dieses Jahr verschoben. Militärischer Standort mit bewegter Geschichte: Mit dem Ankauf von 183 preußischen Morgen (ca. 46,7 ha) Land durch die Deutsche Verkehrsfliegerschule GmbH (DVS) am 12. Oktober 1934 begann die militärische Geschichte des Standortes Parow. Im Jahr 1935 war Baubeginn des Land- und Seefliegerhorstes. Während des Zweiten Weltkriegs waren Luftwaffendienststellen der Deutschen Wehrmacht in Parow stationiert. Der Fliegerhorst überstand den Krieg weitestgehend unzerstört. Die Unterkunftsgebäude wurden dann zur Unterbringung von Flüchtlingen aus Pommern und Ostpreußen genutzt. Anfang 1950 begann der Aufbau der Seepolizeischule, die am 5. August 1950 eröffnet wurde. Im Zeitraum von 1950 bis zur Gründung der Seestreitkräfte der DDR im Jahr 1956 nutzten verschiedene Einheiten die Kasernenanlage. Die aus der Volkspolizei See hervorgegangenen Seestreitkräfte – ab 1960 Volksmarine – nutzten das Gelände als Flottenschule, die 1970 den Namen „Walter Steffens“ erhielt. Ab März 1960 war hier auch Marinehubschraubergeschwader 18 „Kurt Barthel“ stationiert. Die deutsche Wiedervereinigung brachte am 3. Oktober 1990 erneut eine Zäsur. Es wurden die Schulen der Volksmarine im Bereich Stralsund zur Marineschule Stralsund (MSS) mit drei Lehrgruppen zusammengefasst. Die MSS wurde schrittweise bis Ende Juni 1991 und das MHG-18 wurde zur Marinefliegerhubschrauber Gruppe Parow umgegliedert und Ende 1994 aufgelöst. Grundsteinlegung für modernste Schule der Deutschen Marine: Mit der Grundsteinlegung am 30. November 1992 durch den damaligen Bundesminister der Verteidigung Volker Rühe wurde der Weg für den Aufbau der größten und modernsten Schule der Deutschen Marine geebnet, die schließlich am 28. März 1996 offiziell in Dienst gestellt wurde. Schon im Januar 1993 begann die Ausbildung der ersten Soldaten zu Radio- und Fernsehtechnikern. Die Infrastruktur war größtenteils veraltet und machte eine komplette Neuplanung erforderlich. Anfang 2005 schloss der 3. Bauabschnitt und damit der Hauptteil der Arbeiten mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 250 Millionen Euro ab. Die MTS ist aus den einstigen Schulen und selbstständigen Lehrgruppen der Deutschen Marine in Kiel, Brake, Neustadt, Bremerhaven, List und Westerland auf Sylt, Kappeln, Eckernförde, Flensburg sowie Borkum hervorgegangen. Die eingesparten Betriebskosten für die alten Lehreinrichtungen betragen jährlich ungefähr 25 Millionen Euro. Damit haben sich die Baukosten bereits amortisiert. Lesen Sie auch Stralsunder genießen einen Hauch von Winter Stralsund: Hospiz in Corona-Zeiten und die Situation in Pflegeheimen Corona-Schnelltestzentrum eröffnet in Stralsund: Alle Infos Von Peer Schmidt-Walter / Jörg Mattern