Stralsund: Awo legt Grundstein für neuen Kindercampus

Die Bodenplatte ist fast fertig gegossen, Bagger wühlen sich durchs Erdreich. Die Baustelle an der Karl-Marx-Straße ist nun nicht mehr zu übersehen. Genau zwischen Jahn-Sportstätte und Kita Zwergenhaus – die Mädchen und Jungen von dort drücken sich am Bauzaun schon mächtig die Nasen platt – wird eine neue Kindertagesstätte hochgezogen. In einem Zweigeschosser entstehen 132 Hort- und 60 Kindergartenplätze. Beide Kitas zusammen bilden dann den Kindercampus der Arbeiterwohlfahrt. Insgesamt werden darin 350 Stralsunder Kinder betreut. Awo investiert fünf Millionen Euro: Und die nimmt mit fünf Millionen Euro richtig Geld in die Hand, um das neue Haus zu bauen. Es ist der Ersatz für die marode „Spielkiste“, die sich gleich in der Nachbarschaft befindet. Der alte DDR-Plattenbau machte der Awo immer mehr Sorgen, so dass dringend gehandelt werden musste. „Im neuen Gebäude schaffen wir erst mal nicht mehr Plätze. Es geht schlicht darum, alle Kinder aus der ,Spielkiste’ in einer modernen, hellen Kita unterzubringen“, sagt Catrin Dohse. Die Geschäftsführerin der „AWO Soziale Dienste Vorpommern gGmbH“ freut sich schon sehr und verrät ein paar Details. „Es gibt einen schön Raum, wo alle gemeinsam essen können. Außerdem haben wir eine Lernküche für die Kinder mit eingeplant. Um das Haus herum entstehen Spiel- und Freiflächen, zum Beispiel mit einem kleinen Fußballfeld.“ Dabei werden die großen Hortkinder die kleinen Steppkes aus dem „Zwergenhaus“ zwar sehen, dennoch hat jeder sein Spielreich für sich. Der Eingang befindet sich an der Straßenseite und wird mit einer Kiss-and-Go-Zone versehen. Trotz Corona lief das Neubau-Projekt: „Wir sind so froh, dass wir trotz Corona so weit gekommen sind. Das hat bisher alles super geklappt. Und dafür möchte ich allen Beteiligten danken – von der Hansestadt bis hin zu den Baufirmen. Läuft alles so gut weiter, könnten wir im Februar 2022 Einzug feiern. Hoffen wir das Beste“, sagt Dr. Dohse und spielt damit auf die Corona-Pandemie und mögliche Folgen an. Stralsund hat 4200 Kita-Plätze. 565 sind es in der Krippe, 1957 im Kindergarten und 1678 im Hort. Außerdem können 346 Mädchen und Jungen bei Tagesmüttern betreut werden. Allerdings reichen diese Kapazitäten nach wie vor nicht aus. Auf lange Sicht sollen Neubauten in Grünhufe, in der Altstadt sowie in den Stadtteilen Tribseer und Süd Abhilfe schaffen. Fertig wurde in diesem Jahr nur der Neubau eines zweiten Gebäudes der Montessori-Kita in Grünhufe. 89 Plätze für Kindergarten und Hort wurden geschaffen, zwei Millionen Euro investiert. Ein großes neues Haus will auch der Internationale Bund in Stralsund bauen. Geplant sind an der Kupfermühle 99 Kindergarten- und 42-Krippenplätze. Der Grundstein für die Kampus-Kita Küstenkinder wurde im Juni gelegt. Zum Ende des Sommers 2021 soll sie fertig sein. 2022 folgt dann der Ersatzbau für die „Spielkiste“ der Awo. iso Was wird aus der dann leer gezogenen „Spielkiste“? Viele Eltern an der angespannten Kita-Front in Stralsund interessiert natürlich, was mit der alten „Spielkiste“ passiert. In einem jahrelangen, nervenaufreibenden Kampf hatte sich die Arbeiterwohlfahrt den Standort an einer denkmalgeschützten Bastion gesichert. Per Pachtvertrag ist auch das Grundstück in Awo-Hand. Lesen Sie auch: Nach Brand in Stralsunder Kita: 156 Kinder kommen nicht mehr in ihr „Zwergenhaus“ Welle der Hilfsbereitschaft nach Kita-Brand in Stralsund Im Oktober 2018 – nach zwölf Jahren des Kämpfens – war das Neubauprojekt dort aber gescheitert. Es haperte letztendlich an der Unterbringung der jetzt im Haus betreuten rund 200 Kinder. Sämtliche Varianten waren so teuer, dass sie wirtschaftlich keinen Sinn machten. Zwei wichtige Bedingungen – Kita-Tauglichkeit und Nähe zur Altstadt – waren nicht zu erfüllen. Die bereits zugesagten Fördermittel waren futsch. Baumängel im „Zwergenhaus“ vollständig beseitigt: „Nach dem ganzen Ärger mit den Baumängeln an unserem ,Zwergenhaus’, die zum Glück jetzt vollständig beseitigt sind, schauen wir erst mal auf den Neubau. Und wenn der fertig ist, machen wir Nägel mit Köpfen, was die ,Spielkiste’ betrifft. Natürlich haben wir schon Ideen“, sagt Catrin Dohse und schiebt hinterher: „Wir haben ja auch immer noch 132 Hortkinder in der Gerhart-Hauptmann-Schule untergebracht...“ Da eine Kita-Nutzung laut Pachtvertrag mit der Stadt festgeschrieben ist, kann man also davon ausgehen, dass die Spielkiste umfassend saniert wird und wieder als Kita in Betrieb geht. Und damit verschwindet dann auch der Betonklotz am Frankenwall. Mehr zur Autorin. Von Ines Sommer