Stralsund: Schwesternschule war 1951 die größte der DDR

Die Stadtverordnetenversammlung in Stralsund beschloss am 27. September 1949 den Neubau einer Schwesternschule in der Lilienthalstraße 5. Ursprünglich waren dafür 275 000 Mark vorgesehen, der Bau wurde aber wesentlich teurer: Letztendlich wurden etwa 700 000 Mark ausgegeben. Baumängel verzögerten Übergabe: Dabei gab es einige Tage vor der geplanten Eröffnung noch große Probleme, das Gebäude wies erhebliche Mängel auf. Der damalige Chefarzt des Krankenhauses „Am Sund“ wollte es eigentlich gar nicht übernehmen. Eröffnet wurde das zweigeschossige Gebäude mit Wohn- und Schlafräumen, Hörsälen und einem Lesezimmer deshalb erst am 11. September 1951. Erste Schwesternschule in Mecklenburg: Im „Demokrat“, der Zeitung der Blockpartei CDU, erschien zur Eröffnung ein Beitrag unter der Überschrift „Einweihung der Landesschwesternschule“. Darin heißt es: „Die erste Schwesternschule des Landes Mecklenburg wurde in Anwesenheit des Ministers für Gesundheitswesen der DDR, Luitpold Steidle, und des mecklenburgischen Gesundheitsministers, Bruno Hirschberg, in Stralsund ihrer Bestimmung übergeben. 100 Schwesternschülerinnen erhalten in halbjährigen und einjährigen Kursen ihre Ausbildung als Säuglingsschwestern, Gemeindeschwestern und Stationsschwestern. Die beiden Seitenflügel des Gebäudes, die die Wohnräume der Lehrkräfte und der Schülerinnen beherbergen werden durch einen modern eingerichteten Hörsaal verbunden. Bequem eingerichtete Seminarräume bieten gute Möglichkeit zum Selbststudium. Die theoretische Ausbildung in der neuen Schule wird zweimal wöchentlich durch praktische Ausbildung im Krankenhaus am Sund ergänzt.“ 600 Pflegekräfte gleichzeitig ausgebildet: Minister Hirschberg bezeichnete die Schule „als Meilenstein in der Entwicklung des mecklenburgischen Gesundheitswesens“. 1958/59 kamen noch drei Unterkunftsgebäude hinzu, die Schwestern-Wohnheime. So konnten fast 600 Pflegekräfte ausgebildet und die Auswärtigen auch auf dem Gelände untergebracht werden. Damit war die Schwesternschule nicht nur die erste in Mecklenburg, sondern die größte der DDR. Seit 1974 hieß Schule nur noch „Medifa“: 1974 wurde auf höchster Ebene die Umwandlung der Berufsausbildung mittlerer medizinischer Fachkräfte in eine medizinische Fachschulausbildung beschlossen. Aus der Schwesternschule wurde die Medizinische Fachschule, von den Stralsundern nur Medifa genannt. Anfang September 1974 wurden 149 junge Mädchen im Löwenschen Saal des Rathauses festlich immatrikuliert. Am 27. September 1984 erhielt die Einrichtung den Ehrennamen „Professor Dr. Elfriede Paul“. Elfriede Paul war Widerstandskämpferin, Aktivistin beim Aufbau des Betriebsgesundheitswesens der DDR und Leiterin des Instituts für Sozialhygiene an der Medizinischen Akademie Magdeburg. Waren es anfangs noch 100 Schwesternschülerinnen, die in halb- bzw. einjährigen Kursen hier ihre Ausbildung zur Kranken-, Säuglings-, Gemeinde- oder Stationsschwester erfuhren, wurden in Spitzenzeiten der Lehreinrichtung schnell mal 570 Studierende im Jahr daraus. Schüler und Lehrer nannten die Schule übrigens liebevoll „das weiße Haus am Meer“, denn es bot einen traumhaften Ausblick auf den Sund. Medifa wurde Berufsfachschule Gesundheit und Pflege: Zum Ende befand sich in den Räumen der ehemaligen Medifa die Höhere Berufsfachschule Gesundheit & Pflege der Beruflichen Schule Stralsund. 2011 kamen auch Altenpfleger hinzu. Bis zum Umzug 2018 wurden in der Schule 153 Schüler – Gesundheits- und Krankenpfleger sowie Altenpfleger – von elf Lehrkräften ausgebildet. Nach 67 Jahren schlossen die Türen für immer: Nach 67 Jahren Ausbildung endete die Ära dieser Ausbildungsstätte in der Lilienthalstraße, der bauliche Zustand hatte sich immer mehr verschlechtert. Am 23. März 2018 fand dort der letzte Schultag statt (die OZ berichtete). Am 9. April 2018 wurde der Schulbetrieb in dem sanierten Haus 9 auf dem Gelände des Klinikums West aufgenommen und läuft dort noch immer. Lesen Sie auch „Medifa“ schließt für immer GUTEN TAG LIEBE LESER - Mit Buxi in die Disneyatrie – OZ - Ostsee-Zeitung Stralsund - Erzieher-Trip in die Disneyatrie – OZ - Ostsee-Zeitung Stralsund - Schüler müssen weiter in Schimmel-Schule lernen – OZ - Ostsee-Zeitung Von Ines Sommer